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8914 Nichtamtlicher Teil. 242, 17. Oktober 1904. Photographicschutzgesetzes ausgedrückten Gedanken für einen ganz berechtigten insoweit, als die Photographie gegenüber dem geschützten Original in keiner Hinsicht etwas Neues gibt. 8. Die Atz 4—6 des Entwurfs enthalten Bestimmungen, die in sachgemäßer Weise den 88 3, 6, 7 des Literar- gesetzes nachgebildet sind. III. Archlsnachsolgr in das Urheberrecht (88 7—9). 1. Die mit den korrespondierenden Bestimmungen des Literargesetzes (88 8, 9) übereinstimmenden 88 1 und 8 er wecken keinerlei Bedenken. Solche sind auch nicht dagegen zn erheben, daß der Entwurf keine Bestimmung über die urheberrechtlichen Befugnisse des Bestellers aufnimmt. Den diesbezüglichen Ausführungen der »Erläuterungen- ist beizu treten. Insbesondere bestand kein Anlaß, die Bestimmungen des geltenden Rechts betreffend den Übergang des Urheber rechts an Bildnissen auf den Besteller zu übernehmen; viel mehr ist hier die anderweitige Regelung der einschlägigen Verhältnisse (Entw. 88 1», 16, s. u. Ziff. IV Nr. 4) vorzu ziehen. 2. Was die Zwangsvollstreckung betrifft, so stimmt die bezügliche Vorschrift des Entwurfs (8 9) mit der ent sprechenden Bestimmung des Literargesetzes (8 10) im wesent lichen bis auf einen Punkt überein — nämlich bis auf die Regelung der Frage betreffend die Zulässigkeit der Zwangs vollstreckung in das Werk selbst. Der Entwurf nimmt, abweichend vom Literargesetze, das Werk selbst von den Gegenständen der Zwangsvollstreckung nicht aus. Die Er läuterungen erklären dies kurz damit, daß das Werk der bildenden Künste oder der Photographie einen materiellen und stofflichen Vermögenswert haben kann, was bei dem Manuskripte der Regel nach nicht der Fall ist. Als ob die Wertlosigkeit des Objekts zu der Bestimmung geführt hätte, wonach ein literarisches oder tonkünstlerisches Werk der Zwangsvollstreckung nicht unter worfen ist! Es kann doch angesichts der Begründung des Entwurfs zum Literargesetze nicht bezweifelt werden, daß nicht die geringe Aussicht des Gläubigers, durch den Ver kauf des Manuskripts sich Befriedigung zu verschaffen, sondern einzig und allein die Rücksicht auf die Persön lichkeit des Urhebers dahin geführt hat, das Werk selbst ebenso wie das Urheberrecht von der Zwangsvollstreckung auszuschließen. Die gleiche Rücksicht führte dazu, nun auch das Urheberrecht am Werke der bildenden Künste und der Photographie der Zwangsvollstreckung zu entziehen. Wenn sie aber das ausschlaggebende Moment ist, wie kann der größere oder geringere Wert des Gegenstands dabei eine Rolle spielen? Verdient der Urheber, dessen Werk in nuturo, einen höheren materiellen Wert repräsentiert, weniger Rück sicht auf seine Persönlichkeit, als derjenige, dessen Werk, weil es nur aus den Blättern eines Manuskriptes besteht, als solches einen geringen Tauschwert hat? In der Tat wird das Interesse des Künstlers, der wider seinen Willen ge zwungen wird, ein Werk seines Schaffens der Öffentlichkeit preiszugeben, in hohem Grade geschädigt. Ist einmal die Zwangsvollstreckung in Werke der bildenden Künste gegen den Urheber selbst allgemein gestattet, besteht in dieser Hin sicht auch keine den Urheber schützende Schranke, so kann ihm jedes Werk aus dem Atelier weggenommen und, in dem es unter den Hammer gebracht wird, unter seinem Namen an die Öffentlichkeit gezogen werden, auch ein solches, das er in dieser Form niemals veröffentlicht hätte, weil es entweder noch nicht die künstlerische Vollendung er langt hat, die er ihm geben wollte, oder — vielleicht nach seinem subjektiven, aber jedenfalls maßgebenden Empfinden — mißlungen ist. Je berühmter dann der Name des Künstlers ist, desto größeren »materiellen Vermögenswert wird selbst das unreife Werk im Gütertauschvcrkehr haben; desto mehr aber kann es das künstlerische Ansehen des Ver fertigers schädigen. Ich behaupte sogar, das Interesse des Künstlers wird durch die Zwangsvollstreckung in sein Werk noch mehr verletzt als das des Schriftstellers. Das Manu skript als solches kann nämlich der Natur der Sache nach nicht in die breite Öffentlichkeit treten, wie ein Kunstwerk. Würde ein Manuskript zum Gegenstand der Zwangsvoll streckung gemacht, so würden immer nur einzelne wenige von seinem Inhalt Kenntnis nehmen; denn eine Verviel fältigung dürste ja nicht erfolgen, da sie eine Zwangsvoll streckung in das Urheberrecht bedeuten würde. Von Ge mälden, Skulpturen rc. kann, zumal wenn sie öffentlich ausgestellt werden, jedermann Einsicht nehmen, und darin liegt eben unter Umständen die schwere Schädigung der Interessen des Urhebers. Das Gesetz müßte also meines Erachtens auch die Zwangsvollstreckung in Werke der bildenden Künste, soweit sie sich gegen den Urheber selbst richtet, ausschließen. Will man so weit nicht gehen, weil dadurch den Gläubigern der Künstler wertvolle Exekutionsobjekte entgehen, so muß wenigstens Vorsorge getroffen werden, daß nur diejenigen Werke Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein können, die der Künstler selbst für vollendet erklärt hat, so daß anzu nehmen ist, er selbst würde das Werk bei sich bietender Ge legenheit veräußern. Es ist dies bei Werken der bildenden Künste um so leichter sestzustellen, als ja nach bekannter Übung der Künstler das fertige Werk als Gewähr nicht nur für seine Urheberschaft, sondern auch für die Reise des Werkes mit seinem Namenszuge versieht. (Vgl. Entsch. des Reichsgerichts, Bd. 34, S. 54.) Fehlt dieser Vermerk, so wird in der Regel das Werk noch nicht dazu bestimmt sein, den Weg in die Öffentlichkeit anzutreten; dann soll es aber auch nicht Objekt der Zwangsvollstreckung sein. Ich habe bisher nur von Werken der bildenden Künste gesprochen und möchte auch auf diese das Gesagte beschränken. Hier scheint mir ein Punkt gegeben zu sein, an dem die Behandlung der beiden Kategorien von Werken auseinander gehen muß. Die Werke der Photographie entbehren der Hauptsache nach des Charakters einer individuellen Schöpfung. In bezug ans sie ist daher ein so weittragendes Interesse des Urhebers, dem gegenüber die Rechte der Gläubiger znrllck- treten müßten, nicht anzuerkennen. Meines Erachtens müßte also 8 9 einen Zusatz er halten, der etwa zu lauten hätte; »Die Zwangsvollstreckung in ein Werk der bildenden Künste findet gegen den Urheber selbst ohne dessen Ein willigung nur dann statt, wenn das Werk vom Urheber durch Beifügung seines Namenszuges für reif erklärt ist.» Damit würde die Zwangsvollstreckung in ein Werk der Photographie völlig, die Zwangsvollstreckung in ein Werk der bildenden Künste, auch wenn dieses die Reife nicht er langt hat, insoweit freigegeben, als sie sich gegen den Erben richtet. Letzteres erscheint mir unbedenklich, weil das Interesse der Erben an der Nichtveröffentlichung unvollendeter oder weniger gelungener Werke des Erblassers dem Interesse des letzteren, bei dem es sich um die fernere Geltung in der Kunstwelt, namentlich auch um den guten Ruf seiner künftigen Schöpfungen handelt, nicht annähernd gleichkommt — wie denn auch die Erfahrung lehrt, daß die Erben von Künstlern häufig auch die unfertigsten Studien, Skizzen rc. des Verstorbenen, die dieser nie aus der Hand gegeben hätte, veräußern. (Fortsetzung folgt.)