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x° 130, 4. Juni 1924. Redaktioneller Teil. — Sprechfaul. Börsenblatt f. d. Dtschv. Buchhandel. 79Z7 Ein Stillstand ist nie eingetreten; Jnflations- und Substanzverluste sind im ganzen Jahre 1923 vermieden morden. Das Warenlager war am Ende des Jahres um weit über 100 Prozent umfangreicher als zu Beginn von 1923. Die Umwandlung der Matgra-G. m. b. H. in die Matgra-A.-G. ist am 18. Juli vollzogen worden. Im Berichtsjahr wurde ferner das Germanowerk in Nudisleben aufgekauft; dieser Kauf hat sich als gut erwiesen. Der Umsatz an Waschöl, Puranthin, Depurol, Degrasol usw. hat sich dadurch bedeutend gebessert, vor allem aber ist durch diesen Ankauf erreicht worden, daß sämtliche Betriebe regelmäßig und pünktlich mit Waschmitteln beliefert werden können, und daß nur einwandfreie Waschmittel hergestellt werden. — In der letzten Hälfte des Jahres 1923 sind in Dresden, Breslau und Hamburg Filialen ein gerichtet worden. — Für das neue Jahr können die Aussichten als günstig bezeichnet werden. Der Umsatz in den verflossenen Monaten des Jahres 1924 hat sich sehr gut entwickelt. Während dieser Zeit ist mehr Ware verkauft -worden als im ganzen Jahre 1923. Die Matgra ist jetzt so weit, daß sie sämtliche Waren in Anfertigung geben kann, also nur noch direkter Einkauf vom Erzeuger stattfindet. Weiter ist bei verschiedenen Waren, besonders chemischen Artikeln, aber auch bei vielen Buchbinderei- und Buchdruckereimaterialien zur Selbstanferti gung übergegangen worden. — Der Geschäftsbericht wurde einstimmig genehmigt. — Herr Hofrat Weber, der als stellvertretender Vorsitzen der des Aufsichtsrats die Sitzung leitete, beantragte sodann Entlastung des Vorstandes, Herr vr. Petersmann die des Auffichtsrates für das Jahr 1923; die Entlastungen erfolgten einstimmig. — Aus der Bilanz sei erwähnt, daß die Debitoren am Ende des Jahres 6264 Billionen und die Kreditoren 5002 Billionen betrugen. Ter Reingewinn von 20 379 Billionen wurde auf neue Rechnung vorgetragen. — Es ist ein stimmig beschlossen worden, von der Verteilung einer Dividende für das Jahr 1923 Abstand zu nehmen. Alle Punkte der Tagesordnung, die sich mit der Frage des Matgra-Papicrmarkkapitals in Goldmark befassen sollten, mußten vertagt werden. An die Generalversammlung schloß sich eine Führung durch das Warenlager und die Fabrikations räume der Matgra an. — Eine außerordentliche General versammlung der Matgra-A.-G. findet am 9. Juli d. I., nachmittags 3^/2 Uhr, in den Räumen der Matgra statt. Heidenauer Papierfabrik, A.-G. — Die Generalversammlung er klärte sich damit einverstanden, daß 94 374 Billionen Mark Rein gewinn auf neue Rechnung vorgetragen werden, nachdem der Vor sitzende darauf hingewiesen hatte, daß 6000 Goldmark feste Vergütung für den Aufsichtsrat bereits in der vorliegenden Bilanz berücksichtigt worden sind. Uber die Goldmarkbilanz konnte die Verwaltung Mit teilungen noch nicht machen. Man glaubt, diese erst im Laufe des Spätsommers unterbreiten zu »können. Die ersten Monate seien leidlich verlaufen, im letzten Monat sei die Fabrik sogar voll besetzt gewesen. Verband der Bleistiftsabriken. — Der Verband beschloß, den seit Dezember 1923 gültigen Preisaufschlag von 10 Prozent angesichts der Erhöhung der Gestehungskosten, vornehmlich der Löhne, auf 20 Prozent zu erhöhen. Luftpost Königsberg (Pr.)—Moskau. — Der Luftpostdienst Königs berg (Pr.)—Smolensk—Moskau verkehrt vom 2. Juni an werk täglich ab Königsberg (Pr.) 7 Uhr, an Smolensk 12.50 Uhr, an Moskau 4.15 Uhr. Anschluß wie bisher von Berlin mit Zug v 7, ab tags vorher 6.15 Uhr abends (Schief. Bhf.). Beförderung von ge wöhnlichen und eingeschriebenen Briefen und Postkarten nach Rußland, Sibirien, China und Persien. Flugzuschlag neben den gewöhnlichen Auslandgebühren für Postkarten 20 Pf., für Briefe für je 20 § 30 Pf.; Zeitgewinn gegenüber gewöhnlicher Beförderung 42 Stunden. Aufwertung von Jnsertionsgcbühren. (Nachdruck verboten.) — Die Klägerin hatte im Herbst 1921 bei der Firma Ullstein die Aufnahme eines Seiteninserats in der »Berliner Jllustrir- ten Zeitung« zum Seitenpreise von 25718 Mark bestellt. Der abzunehmende Rest des Inserats in Größe einer halben Seite sollte in der Zeit vom 10. bis zum 17. September 1922 zum vereinbarten Preise von 12 859 Mark in Auftrag genommen werden. Die Be klagte erklärte, daß zurzeit der Preis das Zehnfache des vereinbarten Preises betrage und daß sie von der Ausführung des Auftrags Ab stand nehmen müßte, wenn die Klägerin sich nicht entschließen könnte, eine Mehrzahlung zu leisten. — Landgericht und Kammergericht zu Berlin verurteilten die beklagte Firma Ullstein zur Aufnahme des Inserats zum alten Vertragspreise. Auf die Nevision der Be klagten ist das Urteil des K a m m e r g e r i ch t s vom Reichs gericht aufgehoben und die Sache selbst zur anderweiten Ver handlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen worden. Aus den reichsgerichtlichen Entscheidungs gründen : Die Erwägungen des Kammergerichts zur Aufwertungs frage — die Beklagte sei in Zahlungsverzug geraten und der Ver trag der Parteien trage einen spekulativen Charakter — erwecken Bedenken. Wie das Reichsgericht schon wiederholt ausgefllhrt hat, hindert der Zahlungsverzug nicht, wegen maßloser Entwertung der inländischen Währung Aufwertung zu verlangen. Die gegenwärtige Zumutung der Klägerin bedeutet eine Bereicherung für sie, die sich aus dem Verzug der Beklagten nicht rechtfertigen läßt. Nach Lage des Falles durste auch dem für den Vertrag der Parteien ange nommenen spekulativen Einschlag nicht die Tragweite beigemessen werden, das Aufwertungsverlangen der Beklagten auszuschließen. Dieser Ausschluß ist nur dann zu folgern, wenn als Wille der Ver tragschließenden festzustellen ist, an den vereinbarten Vertragsbe stimmungen unter allen Umständen festzuhalten, gleichviel, ob unb welche Veränderungen in der allgemeinen Wirtschaftslage eintreten werden. Hierfür liegt jedoch nichts vor, und deshalb ver sagen beide Gründe des Kammergerichts, sodaß die Sache zur ander weiten Entscheidung zurückvcrwiesen werden mußte. (Aus den »Neichsgerichtsbriefen« Karl Mißlack, Leipzig, Kochstr. 76.) Juristentag in Heidelberg. — Die ständige Deputation des Deut schen Juristentagcs hat beschlossen, in diesem Jahre einen Iuristen - tag in Heidelberg abzuhalten. Er soll, wie üblich, am Ende der Gerichtsferien, vom 11.—13. September, stattfinden. Im vorigen Jahre war der für Berlin geplante Juristentag infolge der schlimmen wirtschaftlichen Verhältnisse gescheitert. Buchhandel und Sport. — In der Erkenntnis, daß wir Buch händler nach unserer geistigen Arbeit auch eine körperliche Ausarbei tung gebrauchen, bildete sich unter den Mitarbeitern des Verlags der Schönheit, Dresöen-A. 24, Hettnerstraße 4, eine Sportabteilung. Erstmalig spielte die Fußballelf gegen die Sportself des Bankhauses Grieshammer L Söder, Dresden. Das Spiel endete nach interessantem und flottem Verlauf mit einem 5: 3- Siege der Buchhändler. Damit bewiesen diese, daß sie nicht nur mit Kopf und Händen arbeiten, sondern auch ihre Beine gebrauchen können. Der Sturm war sehr schußfreudig. Das Spiel stand unter der sicheren Leitung des bekannten Guts Muths-Mittelstürmers Martin Lohse. Spiclforderungen nimmt Herr Arno Weit seid i. H. Verlag der Schönheit entgegen. Allen Buchhändlern zur Nachahmung empfohlen! Unter der verständnisvollen Leitung des bekannten Langstrecken läufers Hans Wolf (Mitglied des D.S. V., Guts Muths), der eben falls im Verlag der Schönheit tätig ist, beginnt ein sachgemäßes Leicht athletentraining. Interessenten erfahren Näheres ebenfalls durch Herrn Weitfeld. Bücherverbot im besetzten Gebiet. — Das im Verlag von Ferdinand Hirt in Breslau erschienene Werk von Friedrich Wolters und Walter Elze, »Stimmen des Rheines. Ein Lesebuch für die Deutschen« ist von den Franzosen für das be setzte Gebiet »für immer« verboten worden (siehe auch die An zeige des Verlags in Nr. 127 des Bbl., S. 7771). öprechsaal. Biichcraustausch der Kulturvölker. Herr Schösser beschäftigt sich im Bbl. Nr. 125 vom 28. Mai auch mit dem niederländischen Schrifttum, und im Anschluß daran prägt er folgenden Satz: »Ein Verleger ist ein Geschäftsmann, und er nimmt fremde Ware erst in die Hand, wenn sie im eigenen Lande reißend geht«. Ich glaube, daß dazu wir deutschen Verleger doch einiges zu bemerken haben, denu Herr Schösser scheint ganz zu vergessen, daß viele ausländische Schriftsteller erst durch ihres deutschen Verlegers rastlose Arbeit dazu gelangt sind, daß sie überhaupt etwas in der Welt bedeuten. Wieviel Idealismus, Überzeugung und Liebe zu einem Buche oft dazu gehört haben mag, wird sich ein Außenstehender gar nicht vorstellen können. Ein Beispiel: Seit über fünfzehn Jahren be mühen sich deutsche Verleger für den größten derzeit lebenden hol ländischen Naturphilosophen vr. H. ThoöenvanVelzen. Zwei seiner Bücher erschienen bei Hermann Haacke, früher in Leipzig, dann in Bad Sachsa. Als der Haackesche Verlag verkauft wurde, übernahm Alfred Kröner Verlag die beiden Bücher mit unb hat sich sicherlich 1031