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12310 BSrlmilatt s. d. Dtschn, Buchhand-l. Mchtamtlicher Teil. 243, IS. Oktober ISIS. Maß nicht überschritten werden. Ich halte es nicht für unzu lässig, in Kataloge und Prospekte des eigenen Verlages der artige Probestücke aufzunehmen, und ein Künstler, der für ein Buchwerk Beiträge liefert, muß diese Folge als selbst verständlich voraussetzen. Anders aber liegt der Fall, wenn Bruchstücke und Abbildungen des Werkes in Zeitungen und Zeitschriften untergebracht werden. Denn hier dient die Veröffentlichung doch nicht ausschließlich dem Werke selbst, sondern auch einem anderen Verlagsunternehmen, dem vielleicht der Autor oder der Zeichner sein Werk nicht zur Verfügung stellen würde. Diese Art der Veröffentlichung kann nicht ohne weiteres als stillschweigende Vereinbarung vorausgesetzt werden, und darum darf eine Veröffentlichung in Zeitungen und Zeitschriften nicht ohne Genehmigung des Urhebers erfolgen. Für die Praxis lerne man aus diesem Streitfälle, daß cs von Wichtigkeit ist, in die Berlagsoerträge auch Be dingungen hineinzusetzen, in welchem Umfange der Verleger für das Werk Propaganda zu machen berechtigt ist. Denn schließlich wirkt doch jeder Nachdruck aus einem Werke unter Quellenangabe als Propaganda für dieses. Wollte man darum dem Verleger das Recht einräumen, beliebige Stücke aus dem Werke anderen Verlegern zum Abdruck zu überlassen, so könnte sich daraus eine sehr weitgehende Schädi gung der Schriftsteller und Illustratoren ergeben. Sind also bezügliche Vereinbarungen nicht getroffen, so wird der Abdruck aus dem Werke zum Zwecke der Propaganda immer nur in der Form und in dem Umfange als zulässig erachtet werden, wie es dem Verkehrsgebrauch entspricht. Will man es aus dis sehr ungewisse Entscheidung der Sachverständigen nicht ankommen lassen, so ist man genötigt, auch in dieser Hinsicht die Rechte des Verlegers im Vertrage genau festzulegcn. Insekten als Bücherfeinde. Die Hamburger Nachrichten brachten kürzlich in ihrer Nr. 437 die Nachricht, daß eine Bibliothek in Buenos Aires, die von ihrem Besitzer an den Staat übergeben werden sollte, in einer Nacht von Ameisen (!) zerstört worden wäre, und knüpften daran einige Mitteilungen über andere Bücherschädlinge, die, freilich sehr ent stellt, dem bekannten Werke von William Blades: »l'bs Lnomiss ok dooks« entstammen. Daß manche Insekten in heißen und feuchten Ländern, wie z. B. auf den Antillen und Philippinen, in Zentral- und Südamerika usw., die größten Verheerungen an- richten können, ist bekannt. So berichtet C. Houlbert, der vor einigen Jahren u. a. »lieeberobes experimentales sur les inseetes hui nuisent aux livres et aux bibliodbeyuos« (Paris 1902, Alph. Picard) veröffentlichte, von einem Fall, bei dem eine Sammlung von mehreren tausend Büchern in der Zeit von zwei Jahren von Insekten völlig vernichtet wurde. 1814 wurde von Termiten der Präsidentschaftspalast in Kalkutta zerstört. Diese und andere Holz, Papier und pflanzliche Stoffe zerfressenden Insekten be ginnen ihre Zerstörung immer von innen heraus, so daß man diese gewöhnlich erst bemerkt, wenn es zu spät ist. Der geheimnisvolle Bücherwurm, dieser große Freund seltener alter Bücher und heimtückische Feind aller Bücherlieb haber, hat seit etwa einem halben Jahrhundert seine zerstörende Tätigkeit stark einschränken müssen, da man ihm dazu im all gemeinen keine Ruhe mehr läßt. Auch andere Umstände sind dazu gekommen. Die alten Bücher erfreuen sich einer stets größer werdenden Wertschätzung und eines von Tag zu Tag wachsenden Wertzuwachses und deshalb einer ziemlich sorgfältigen Pflege. Die größeren Büchersammlungen dienen fast überall nicht mehr als ungestörte Proviantmagazine für sechsbeinige oder beinlose Bücherwürmer oder als ängstlich gehütete Schatzkammern für selbstsüchtige zweibeinige Bücherwürmer, sondern sie werden immer fleißiger benutzt. Außerdem werden in neuerer Zeit weniger genießbare, d. h. für die Bücherwürmer freßbare Bücher erzeugt. Fast in jeder alten und neuen europäischen Sprache wurde der Bücherwurm mit dem Anathema belegt, klassische Schrift steller vergangener Jahrhunderte haben ihre Spondeen und Daktylen an ihn verschwendet. Lucian und viele andere alte Schriftsteller erwähnen ihn. Parnell verbrach eine Ode gegen den Bücherwurm, in der es u. a. heißt: »Hsns tu uibi passsrsm Oatulli, ferner Pierre Petit widmete 1683 dem Bücherwurm ein langes lateinisches Schmähgedicht, in dem er augenscheinlich seine starke persönliche Abneigung gegen das »invisum pseus«, das ungesehene Tier, wie er ihn nennt, äußert und seinen kleinen Feind als »kestia auäax« und »ksstis ebartarum« anspricht. Wie nun ein Porträt gewöhnlich einer Biographie vorangeht, so möchte der wißbegierige Leser gern erfahren, was diese »Lestia auäax«, die die Laune unserer Eklektiker so stark reizt, eigentlich für ein Tier ist. Hier stoßen wir aber gleich auf eine chamäleonartige Schwierigkeit, denn der Bücherwurm bietet uns, wenn wir von den Löchern seiner gefräßigen Arbeit geleitet werden, so viele Verschiedenheiten an Form und Umfang, als es Beobachter derselben gibt. Sylvester beschreibt ihn in seinen »I^aws ok Verse« mit mehr Wortschwall als Witz als »ein mikroskopisches Geschöpf, das sich auf dem gelehrten Blatte hinschlängelt und, wenn entdeckt, in einen schmutzähnlichen Strich ausstreicht«. Die früheste Beschreibung ist in »Nieroxrapbia« von R. Hooke/ Folio, London 1665, enthalten. Dieses Werk, das auf Kosten der Uo^al Soeiet^ in London, der 1660 gegründeten englischen Aka demie der Wissenschaften, gedruckt wurde, ist ein Bericht über un zählige Dinge, die von dem Verfasser unter dem Mikroskop unter sucht worden sind, und ebenso interessant wegen der frühen Ge nauigkeit der Beobachtungen des Verfassers, als unterhaltend wegen seiner ebenso frühen groben Schnitzer ist. Die wenig aus führlichen und genauen Mitteilungen Hookes über den Bücherwurm sind spaßig unrichtig. Er nennt den Bücherwurm »einen kleinen, weißen, silberglänzenden Wurm oder eine Motte, die ich vielfach auf Büchern und Zeitungen antraf und die, wie vermutet wird, Löcher durch die Blätter und Decken beißt und frißt. Sein Kopf erscheint dick und plump, sein Körper wird gegen den Schwanz zu schmäler und schmäler und ist fast wie eine Rübe geformt ... Er hat vorn zwei lange, gerade, spitz auslaufende Fühler, die sonderbar geringelt oder gewulstet und borstig wie die Sumpf pflanze sind, die man Pferdeschweif nennt. Der Hintere Teil des Tieres endet in drei Schwänzen, die in jeder Einzelheit den zwei längeren Fühlern am Kopfe gleichen. Die Füße sind gegliedert und behaart. Das Tier nährt sich wahrscheinlich von dem Papier und den Einbänden von Büchern und bohrt verschiedene kleine runde Löcher hinein, wobei es vielleicht eine ihm zusagende Nahrung in den Hanf- und Flachsfasern findet, die so oft zerteilt, gewaschen, hergerichtet und getrocknet worden sind, als alte Papierstücke notwendigerweise vertragen können. In der Tat, wenn ich bedenke, welchen Haufen von Säge- spRnen oder Fasern dieses kleine Geschöpf (das einer der Zähne der Zeit ist) in seine Eingeweide befördert, kann ich nicht anders, als die vortreffliche Einrichtung der Natur betrachten und bewundern, die in Tiere ein solches Feuer gelegt hat, das fort während durch die Stoffe, die dem Magen zugeführt werden, genährt und unterhalten und durch die Blasebälge der Lungen angefacht wird.« Das Bild, das Hooke dieser seiner Beschreibung beigibt, ähnelt sehr dem Silberfischchen oder Zuckergast (d-episma saoedarios. I,.), einem sehr flinken Angehörigen der Familie der Borstenschwänze, der sich in warmen, modrigen Winkeln mensch licher Wohnungen aufhält, von Hooke aber irrtümlich für den Bücherwurm gehalten wurde. Die Entomologen scheinen der Naturgeschichte des »Bücher wurms« nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Kirby sagt von ihm, »die Larve von Liambus pmxuinalis spinnt einen Kokon, den sie mit ihrem eigenen Auswurf bedeckt, und verursacht wenig Schaden« und fährt fort: »ich habe oft die Raupe einer kleinen Motte beobachtet, die sich in modrigen alten Büchern auf hält und dort große Verheerung anrichtet; manche Blackletter- Rarität, die in diesen Tagen der Bibliomanie mit ihrem eigenen