Volltext Seite (XML)
Neücrkttoneüer Teil. 292, 16. Dezember 1916. Hier hebt die Erzählung an, eine Leidensgeschichte, erfiillt vom Jammer über grausam strenge Lehre, über die Roheit des Schiffs volks, eines bunt zusammengewürfelten Gelichters internatio nalsten Gepräges, der er sich schutzlos preisgegeben sah. Biel von diesen Leiden mag seine unverbesserliche Dickköpfigkeit verschuldet ha ben. Seinen Anschuldigungen gegen Kapitän und Steuermann möchten wir nicht ohne weiteres beipflichten; denn die Erhaltung der Mannes zucht während dreier Jahre arktischer Abgeschiedenheit dürfte nicht deren leichteste Aufgabe gewesen sein. Immerhin — die mehrfachen verzweifelten Fluchtversuche einzelner, auch des Verfassers, vorgekom- mcne allgemeine Empörung, nach Heimkehr des Schiffs die gemeinsame gerichtliche Anklage der Mannschaft gegen den Kapitän, der auch der Verfasse^ sich anschloß, alle diese Tatsachen dürften hinreichende Beweise geben, daß der Verfasser nicht übertreibt. Zwei lange Polarwintcr im Eismeer vor der Noröküste Alaskas hatten Schiff und Mannschaft zu erdulden. Schwere tägliche Arbeit bannte den bösen Geist Langeweile, zum Teil auch seßhaftes Karten spiel und sogar Theater. Mancher auch schlummerte hinüber in ein eisiges Grab. Die kurze Sommerzeit füllten Stürme, schwere Seen, Kämpfe mit wanderndem Eise und nicht zuletzt die gefahrvolle Auf gabe des Walfischfaugs überreich aus. Als im dämmernden Frühjahr 1906, nach Ablauf von 36 Mo naten, noch immer keine Aussicht auf Rückkehr zu Menschen sich zeigen wollte und gar die Wahrscheinlichkeit eines dritten Polarwinters sich zu eröffnen schien, unternahm der verzweifelte Mann das für Wahn sinn gehaltene, aber vom Glück begünstigte Wagnis, davonzulaufen und in Begleitung von Eskimos, später mit Hilfe von Beamten der Hudson-Bay-Kompanie die 4000 Kilometer lange Landreise nach San Franzisko zu bewältigen. Übrigens mit erzwungener und kaltblütig gewissenlos erteilter Einwilligung des Kapitäns. Fast gleichzeitig mit seiner Ankunft war auch sein Schiff im Hafen von San Franzisko eingelaufen, und der Heimgekehrte wanöerte zunächst ins Gefängnis der inzwischen vom Erdbeben halb zertrümmerten Stadt. Zwar nur in Verwahrungshaft; aber sie dauerte volle 55 Tage, und zwar in bunter Gemeinschaft nicht nur mit alten Bekannten vom Schiff, sondern auch mit schweren und schwersten Verbrechern. Das ist in kurzem der Gang der Begebenheiten. Was ihre Schil derung auszeichnet und weit über viele andere Neisebeschreibungen er hebt, das ist nicht nur der formgewandte schnelle Fluß der Erzäh lung, sondern vor allem ihre äußerst lebendige Anschaulichkeit. Wir gewinnen überzeugenden Einblick in ein bewegtes Innenleben, in eine Stimmung, der mit dem Verfasser zum Teil auch die Mannschaft bis weilen zu erliegen droht. Die Kleinmalerei eines Schiffslebens, das sich in langer Weltabgeschiedeuheit in die Enge der Bordplankcn zu- sammendrängt, unter beständigen Gefahren in unwirtlichen, ungenü gend erforschten Meeren, in denen sogar die Magnetnadel versagt, die Sterne meist unsichtbar bleiben, ist in meisterhafter Darstellung gegeben. Einzelheiten anzuführen, würde über den Nahmen dieser Besprechung hinausgehen. Hervorgehoben sei nur die Sehnsucht nach gutem Lese stoff, die uns von dort, aus der Polarnacht, ebenso beweglich entgegen- kltngt, wie zurzeit aus den Lagern unsrer wackeren Vaterlandsver teidiger. Dieselbe Anschaulichkeit bekundet der Erzähler auch in seinen Schil derungen des Lebens und der Charaktereigenschaften der Eskimostämme, deren Treiben er jahrelang beobachten konnte und mit denen er später auf lange Dauer, iu beständigem Wechsel von Hunger und Überfluß, gemeinsam gelebt hat. So bereichert er, wie in mancher anderen Richtung, auch unser ethnographisches Wissen. Seine Schilderung ameri kanischen Gefäugnislebcns ist eins der belehrendsten und unterhal tendsten Kapitel des Buches. Kleine Mitteilungen. Druckprciscrhöhung (vgl. Nr. 260, 267, 278 u. 286). — Das Tarifamt der Deutschen Buchdrucker veröffentlicht iu Nr. 91 der »Zeit schrift für Deutschlands Buchdrucker« vom 12. Dezember folgende Kundgebung an die Mitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Buchdrucker: Der Tarifausschuß hat auf Vorschlag des Tarifamts vom 2. De zember 1916 in Angelegenheit der Gewährung von Teuerungszulagen und der Erhöhung der Druckpreise die nachstehenden beiden Beschlüsse gefaßt: 1. Die den Gehilfen zugestandenen Teuerungszulagen — veröffent licht in der »Zeitschrift für Deutschlands Buchdrucker« in Nr. 77 vom 17. Oktober und im »Korrespondent für Deutschlands Buch drucker und Schriftgießer« in Nr. 126 vom 31. Oktober — sind von der ersten Lohnwoche im Oktober ab allen tariftreuen Ge hilfen zu zahlen, weil die Gehilfen dieser Mindestzulagen zu ihrem Lebensunterhalte unbedingt bedürfen. Bei Bemessung der Teuerungszulagen gilt als Wochenlohu der Grundlohn des betreffenden Gehilfen; die Entschädigungen für Überstunden und nicht regelmäßige Nachtarbeit gehören nicht zum Grundlohn. Die Teuerungszulage ist jedem Gehilfen für die jeweilige Dauer des Arbeitsverhältnisses anteilig zu zahlen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob im Falle der Lösung des Arbeitsver hältnisses der Prinzipal oder der Gehilfe gekündigt hat, oder ob das Arbeitsverhältnis durch Krankheit unterbrochen wurde. 2. Die iu der »Zeitschrift für Deutschlands Buchdrucker« in Nr. 81 vom 3. November 1916 bekanntgegebene Erhöhung der Druck preise um 25 bzw. 30 wird als Erhöhung des Druckpreis tarifs anerkannt und ist von allen tariftreuen Prinzipalen vom Tage dieser Bekanntgabe an zu fordern. Die Durchführung die ser Erhöhung als Kriegsaufschlag für Drnckarbeiten wird, auch bei laufenden Druckverträgen, für angemessen und erforderlich erklärt. Diese Erhöhung der Druckpreise ist begründet durch die entsprechend veränderten Lohn- und Preis-Tarifverhältnisse, hervorgerufeu durch den Krieg und seine Folgen. Diese beiden Beschlüsse der maßgebenden tariflichen Organe sind von den Mitgliedern der Tarifgemeinschaft einer Tarifänderung gleich zu achten und als Anordnungen und Entscheidungen in, Sinne des 8 826 Ziffer 4o zu befolgen. Für die ausführenden Organe der Tarifgemeinschaft gelten diese Entscheidungen zur Richtschnur bei Beurteilung und Entscheidung von Klagen und Beschwerden, die den Schiedsinstanzen oder Beschwerde ämtern zugehen sollten. Alle früher in diesen beiden Angelegenheiten ergangenen Kund gebungen gelten gleichzeitig als aufgehoben. Beigegeben ist dieser Kundgebung eine »Begründung«, in der im wesentlichen ausgeführt wird, daß die allgemeine Durchführung beider Beschlüsse »unbedingt notwendig ist, wenn Prinzipalen und Ge hilfen das Durchhalten während des Krieges ermöglicht sein und wenn der ebenso notwendige Frieden im Gewerbe erhalten bleiben soll«. Es wird nunmehr Sache der Verleger sein müssen, zu prüfen, ob und inwieweit die Rechtslage und die wirtschaftlichen Notwendigkeiten ihres Betriebs mit den an sie herantretendcn Mehrforderungeu in Einklang zu bringen sind. Weihnachtsverkehr. - Der Verein der Buchhändler zu Leipzig richtet an die Leipziger Verleger, Kommissionäre und Barsortimcnter die Bitte, mit Rücksicht auf den Weihnachtsverkehr am Sonntag, den 17. Dezember, die Geschäfte wenigstens von 11—3 Uhr offen zu halten und die eiligen Bestellungen sofort mitzugeben oder doch am Montag Vormittag in der Paket-Austanschstelle einzuliefern. Die Geschäfte der Verleger, Barsortimenter und Kommissionäre dürfen an diesem Tage in Leipzig von 8—5 Uhr, die der Sortimenter von 11 bis 7 Uhr offen gehalten werden. PersoualiMriAen. Verleihung des Eisernen Kreuzes. Mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse wurde ausgezeichnet Herr Christian Scholz, Hauptmaun in einem Garde-Feld- artillerie-Regiment, Mitinhaber der Firma Jos. Scholz, Graphische Kunstanstalt und Verlag, in Mainz, während das Eiserne Kreuz 2. Klasse Herrn Friedrich Krische, Leutnant d. L. und Kompagnieführer im 10. baycr. In fanterie-Regiment »König«, Inhaber der Universitäts-Buchhandlung Theodor Krische und der Verlagsbuchhandlung Palm L Enke in Er langen, verliehen wurde. Gestorben: am 11. Dezember nach nur dreitägiger Krankheit Herr Jo hannes Troeder, langjähriger Mitarbeiter und Prokurist der Firma Franz Deuticke in Wien, der er mit voller Hin gebung und unermüdlichem Fleiß seine Dienste gewidmet hat. Gotthold Klee f. — In Dresden ist dieser Tage der Germanist Studienrat Professor I)r. Gotthold Klee im Alter von 66 Jahren ge storben. Er hat sich als Verfasser und Herausgeber zahlreicher literar historischer Schriften einen Namen gemacht. Sein besonderes Interesse galt den deutschen Volks- und Heldensagen und in Verbindung damit dem Leben und Schaffen Tiecks und Simrocks, deren Werke er auch herausgegeben hat. Seine »Geschichte der deutschen Dichtung« (1914) und seine »Grundzüge der deutschen Literaturgeschichte«, von denen 1913 das 86.-100. Tausend erschien, sind vor allem als Einführung der literarisch interessierten Jugend in das deutsche Schrifttum ge schätzt^ Namm « -eemann. LamtUch ... «brrs.c dt. Redaktion und S^ediUon «r.chtSweg S«