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8736 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. ^ 191, 18. August 1S08. internationalen Übereinkommens zum Schutze des geistigen Eigentums bilden und den einzelnen Staaten die Verpflichtung auferlegen, sämtliche neu erscheinenden Druckschriften zu registrieren, d. h. bibliographisch für die Zukunft festzulegen. In Ergänzung seines Vorschlages hat das Institut noch drei Denkschriften ausgearbeitet: die erste über den internationalen Austausch wissenschaftlicher und amtlicher Publikationen (»Lervies international ä68 eoban^ss«), der schon seit Jahren in Belgien, Brasilien, Spanien, den Vereinigten Staaten, Italien, Portugal, Serbien und der Schweiz in Tätigkeit ist, über die Bücherverleihungen zwischen den Bibliotheksverwaltungen und drittens über die Abgabe von Pflichtexemplaren mit Bezug auf die Organisierung der Bibliographie und Doku mentation. Eine längere Aussprache unter den Kongreß mitgliedern folgte der Entwickelung dieses großzügigen Projektes. In deren Verlauf erklärte der General direktor im Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Herr van Overbergh, daß die belgische Regierung die Ver wirklichung des Planes unterstützen werde und namentlich bereit sei, die vom Kongreß gefaßten Resolutionen auf diplo matischem Wege den andern Regierungen zu übermitteln. So wurde denn einstimmig die Gründung der beiden vom Institut vorgeschlagenen Institutionen angenommen. Der »Internationale Kongreß für Bibliographie und Dokumen tation« soll vorzugsweise die Abgeordneten wissenschaftlicher und bibliographischer Institute und Körperschaften umfassen, jedoch auch individuelle Mitglieder aufnehmen und sich zum erstenmal im Jahre 1910 in Brüssel vereinigen. Die Orga nisationsarbeiten dieses ersten Kongresses werden dem In stitut übertragen, und dieses soll sich bemühen, den Kongreß zeitlich so zu legen, daß er mit den für das gleiche Jahr bereits beschlossenen Internationalen Kongressen der wissen schaftlichen Vereinigungen und der Bibliothekare zusammen fällt, bzw. sich diesen anschließt, um ihm eine möglichst große Beteiligung zu sichern. Anderseits wird die belgische Regierung gebeten, die Verwirklichung der »Internatio nalen Union für Dokumentation« in die Hand zu nehmen und die erforderlichen diplomatischen Schritte einzuleiten. Die eigentliche Kongreßtätigkeit der Teilnehmer war mit diesem vollen Erreichen der erstrebten Ziele beendigt. Der den Sitzungstagen folgende Tag, ein Sonntag, diente zur Besichtigung verschiedener wissenschaftlichen Anstalten und zu einem Ausflug nach dem schönen Park von Tervueren. Zuerst besucht wurden die von dem belgischen Industriellen E. Solvey gestifteten Universttätsinstitute für Physiologie und Soziologie nebst der Handelshochschule im kare vöopolä. Führung und Erklärung hatten Herr Professor vr. Heger, Direktor des ersteren Instituts, und Professor vr. de Leener, Assistent am Soziologischen Institut, übernommen. Daran schloß sich eine Besichtigung der auf dem Gebiete der doku mentarischen Organisation sehr interessanten Einrichtungen des Geologischen Landesamtes im »Kare än Oinguantenaire«, unter Führung von dessen Direktor Herrn Michel Mourlon, sowie die Fahrt mit der elektrischen Trambahn durch den schönen Wald von Soignes, der den auswärtigen Kongreßteilnehmern einen Begriff von der prächtigen Umgebung Brüssels gab und sie nach Tervueren brachte, wo die Schätze des Kongo-Museums und dessen statt licher, fast vollendeter Neubau betrachet wurden. Am Abend des ersten Sitzungstages war den Festteilnehmern ein Konzert in »IVanxball« und eine Vorstellung wissenschaftlicher Kinematographie im »Veröle artietigae et littsraire«, am Sonnabend abend ein Festessen im Hotel Metropole geboten worden, so daß sie sich von der trockenen bibliographischen Tagesarbeit erholen konnten. Reden und Toaste in französischer, deutscher, englischer, italienischer, ungarischer, norwegischer und holländischer Sprache, in der Sprache der Vergangenheit, der lateinischen, und der Sprache der Zukunft (?), dem Esperanto, legten Zeugnis ab von der interessanten kosmopolitischen Zusammensetzung des Kongresses. Als Anhang zu diesem vorläufigen Bericht über die Kongreßarbeit finden wir (Seite 19—21) den »Vorentwurf einer Internationalen Union für die Dokumentation«, deren vorläufige Ziele wie folgt zusammengefaßt sind: a) Organisation der universellen Bibliographie. b) Organisation des internationalen Austausches unter Bibliotheken und wissenschaftlichen Anstalten. o) Organisation der Verleihung von Büchern und Dokumenten zwischen den einzelnen Staaten. ä) Konstituierung zentraler Sammlungen von Doku menten in allen Staaten. Das bisherige, 1895 gegründete Internationale Biblio graphische Institut wird in Zukunft den Titel »Oküev inter national äs bibliograplüs et äs äoenrnentation« annehmen und von einer internationalen Kommission geleitet werden, die sich mindestens alle drei Jahre versammelt. Als zweiter Anhang sind die dem Kongreß vorgelegten Dokumente und Drucksachen, 23 an Zahl, bibliographisch verzeichnet, ge wissermaßen als Veranschaulichung des genügend zur Geltung gebrachten Grundsatzes der Registrierung jedes, auch des kleinsten Schriftstückes. Es hätte gleichzeitig aber auch an gegeben werden sollen, welche dieser Dokumente zurzeit be reits im Druck erschienen und erhältlich sind. Es sind dies, wie Unterzeichneter nachträglich in Erfahrung gebracht hat, die folgenden (— Dokument Nr. 1—12): 1. Einladungs schreiben. 2. Programm der Kongreßarbeit. 3. Bericht über das Internationale Bibliographische Institut und die syste matische Organisation der Dokumentierung. 4. Internatio nale Zusammenarbeit in Sachen der Bibliographie und Dokumentierung. Verzeichnis der dabei beteiligten Institu tionen, Gesellschaften und Veröffentlichungen (12 Seiten). 5. Beiträge zur Frage der internationalen Organisation der Dokumentierung (I. Der internationale Austausch. II. Internationale Verleihung zwischen Bibliotheken s19 Seitens). 6. Vorläufiges Verzeichnis der Anstalten und Bibliotheken, die sich mit Bibliographie und Dokumentierung beschäftigen (16 Seiten). 7. Vergleichende Darstellung der bibliographischen Ordnungssysteme (5 Seiten.) 8. Dokumen tierung in Verwaltungssachen. 9. Internationale Union für Dokumentierung. Vorentwurf (3 Seiten.) 10. Gegen wärtiger Stand der bibliographischen Arbeiten und die internationale Organisation der Dokumentierung. 11. Eng lisch-amerikanisches Übereinkommen in Katalogisierungsfragen und das Ziel internationalen Zusammengehens in Katalogisterungsarbeiten (17 Seiten.) 12. Bericht über den »International llatalogns« (die beiden letzten in englischer Sprache). Der vollständige Bericht über die Verhandlungen der Konferenz nebst Abdruck der sämtlichen Referate und der darauf Bezug nehmenden Diskussionen ist zurzeit in Be arbeitung und wird ebenfalls im Druck erscheinen. Er wird noch besser als der vorliegende Auszug zu erkennen geben, wie groß und wichtig die Aufgaben der Bibliograpyie ge worden sind und wie sich die letztere immer mehr nach zwei Richtungen hin erweitert: Jnternationalisterung sämtlicher bibliographischen Quellen und Hilfsmittel und Ausdehnung der bibliographischen Arbeit auf die nicht gedruckten Äußerungen des Menschengeistes: Dokumentierung der ge samten geistigen Tätigkeit. Jos. Thron.