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191, 18 August 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 8735 führen, alle diese schönen Gedanken und Zukunftspläne zu entwickeln, die die beiden Autoren in der ihnen eigenen formvollendeten und kühnen Sprache immer wieder und in stets neuer Form zum Ausdruck bringen. Die am Freitag Nachmittag stattgehabte 2. Sitzung diente praktischen Demonstrationen in den fünf Sektionen des Internationalen Bibliographischen Instituts: Biblio graphie — Ikonographie — Dokumentierung — Methodo logie — Bibliothek. Die in diesen verschiedenen Gruppen ausgedrückte Vielseitigkeit der Tätigkeit beweist am besten, in wie großartiger und zielbewußter Weise das ursprünglich nur zu rein bibliographischen Zwecken bestimmte Institut trotz seiner beschränkten, leider durchaus ungenügenden Mittel von seinen Leitern ausgebaut worden ist. Die Führung durch die Räumlichkeiten, die die einzelnen Abteilungen beherbergen, geschah durch die bereits ge nannten Generalsekretäre und den unermüdlichen Geschäfts führer vr. Masure und gab Veranlassung zu zahlreichen Erklärungen und Diskussionen, sowie zur Verlesung einiger weiteren Referate: 1. Das internationale Zusammenarbeiten auf dem Gebiete der Bibliographie und Dokumentation. Liste der dabei beteiligten Institutionen, Gesellschaften und Veröffentlichungen. 2. Vergleichende Darstellung der haupt sächlichsten Ordnungssysteme. (Diese beiden Berichte waren vom Institut selbst ausgearbeitet worden.) 3. Repertorium der Patentschriften. (Ausgearbeitet vom General Sebert, Präsidenten des Bibliographischen Bureaus in Paris.) Dem letzteren Thema wurde besonderes Interesse entgegenge- bracht. Ein von Herrn Hanauer (Frankfurt) bearbeitetes Referat gibt mit Bezug hierauf eine vergleichende Dar stellung der üblichen Ordnungsmethoden der für Handel und Industrie so unendlich wichtigen Patentschriften, deren Jnternationalisterung eine dringende Forderung der Neuzeit geworden ist. — Der Besuch der »Kollektivbibliothek« sollte den Kongreßteilnehmern das Prinzip der Vereinigung einer größeren Anzahl von Fachbibliotheken zu gemein schaftlicher Benutzung und Verwaltung praktisch ver anschaulichen; die erst seit kurzem bestehende Brüsseler Kollektivbibliothek, für die die Regierung die Räume in freigebiger Weise hergegeben und eingerichtet hat, hat in dieser Art bereits 40 Bibliotheken vereinigt, deren Ver waltung dadurch außerordentlich vereinfacht wird. In den Sitzungen des zweiten Tages wurde eine ganze Reihe von zum Teil im Druck vorgelegten Referaten zum Vortrag, bzw. zur Diskussion gebracht, die zu den mannigfaltigsten Fragen und Problemen der bibliographischen, bibliothekarischen und dokumentarischen Wissenschaften Stellung nehmen. Es ist hier natürlich nicht der Ort, näher auf sie einzugehen; doch dürfte es nicht überflüssig sein, sie wenigstens aufzuzählen; geben sie doch ein treffendes Bild von dem Umfang der von den modernen Bibliographen zu lösenden Aufgaben: Referat des vr. Field, Direktors des »Voneilium bidlio- ArLpüieam« in Zürich, das in der Zeit seines Bestehens bereits 15 Millionen gedruckte Katalogzettel zur Verteilung gebracht hat. — Bericht über das Bibliographische Bureau in Paris. — Bericht des Verlagsbuchhändlers Weißen bruch in Brüssel über die seit 1896 ausgeführten bibliographischen Arbeiten des Internationalen Eisenbahn kongreffes. — Bericht des Herrn de Potter über das durch Beschluß des Marseiller Kongresses für Repro duktionswesen (1906) ins Leben gerufene »Institut iotsr- nutionU äs pbotoßruplüe«; — von Herrn Leschevin über die Internationalen Ämter für Dokumentierung des Jagd- und Fischereiwesens; — von Herrn Lecointe, Direktor der Brüsseler Sternwarte, über das Internationale Polarinstitut; — von Hauptmann Mathieu über das Internationale Aeronautische Amt; — von Herrn de Vuyst über die Einrichtung dokumen tarischer Sektionen in den Komitees der für das Brüsseler Ausstellungsjahr 1910 in Aussicht genommenen inter nationalen Kongresse. Das Institut äs löibliogrspüi« legte eine »Liste der bibliographischen und dokumentarischen Insti tutionen« vor (16 Seiten mit etwa 125 internationalen Ver einigungen und 32 ständigen Kongressen), als Vorarbeit für ein zum nächsten bibliographischen Kongreß heraus zugebendes »Jahrbuch der Bibliographie und Dokumen tation«. Mit den sich anschließenden Mitteilungen der Brüs seler Universitätsprofessoren Stroobant und de Wildeman über die Organisation der astronomischen, bzw. botanischen Bibliographie und Dokumentierung waren die Berichte der belgischen Kongreßmitglieder erschöpft. Diejenigen der aus ländischen Delegierten erstreckten sich noch auf die Reorgani sation des Bibliothekwesens, speziell den Bücheraustausch zwischen den Bibliotheken in Italien (Berichterstatter Herr Biagi, im Aufträge des italienischen Unterrichtsministers), — die Bestrebungen und bisherigen Erfolge der Vereinigung der englischen Bibliothekare (Herren Duff Brown und Hapwood), — die Zentralisierung der Katalogarbeiten für die norwegischen Staatsbibliotheken (Herr Haakon Nyhuus). Von allgemeinerem Interesse waren die Berichte über zwei bibliographische Riesenwerke, die zurzeit in England und in Preußen ausgeführt werden: der »IvtsruLtioQ»! viNaloZus ok Leisntiüo Vitsraturs«, der von der Uo^si Looiot^ in London unternommen worden ist und unter Beteiligung von 32 Ländern die laufende Literatur der Natur- und exakten Wissenschaften in jährlich 17 Bänden verzeichnet, jedoch aus finanziellen Gründen das immer mehr sich ver allgemeinernde Zettelsystem noch nicht anwenden konnte (Be richterstatter Herr Darboux, im Auftrag des »Lursau esotr»! äo vtttsIoZvs intsrn»tiott»I« in Paris), sowie den »Gesamt katalog der preußischen Bibliotheken (Berichterstatter Herr Bibliothekar Naetebus, im Aufträge der Königlichen Bibliothek in Berlin). Ferner Mitteilungen der Herren Hanson (vibrsr^ ok voogrsss, Washington) und Minto (London) über ein amerikanisch-englisches Abkommen hinsichtlich Zusammen gehens bei Katalogisierungsarbeiten, sowie verschiedene Referate über die Dokumentierung von Verwaltungs- und statistischen Schriftstücken, die nach Otlets Auseinandersetzungen oft sehr wichtige Quellen für die wissenschaftliche Forschung bilden, jedoch gewöhnlich nicht im Druck erscheinen und in Ministerialarchiven vergraben sind, so daß sie für den weitaus größten Teil der geistigen Arbeiter absolut verloren sind. (Hierzu gehören natürlich auch die vielen im Druck erschienenen, jedoch nicht in den Buchhandel gebrachten amtlichen Publi kationen, Blaubücher, Weißbücher rc.) Zu dieser Frage nahmen die Herren Zalberg und Elias (Zaandam) Stellung und berichteten, daß in Holland zurzeit Versuche zur Schaffung eines Internationalen Bureaus für administrative Dokumentierung gemacht werden und daß namentlich die Niederländische Vereinigung für Gemeinde-Angelegenheiten in dieser Richtung eifrig tätig ist. Weitere Beiträge hierzu lieferten die Herren Archivar Cuvelier, im Aufträge des belgischen General-Archivs, I. Mandello, Professor der Sta tistik an der Universität Preßburg, und Marck, Abgeordneter des französischen Arbeitsministeriums. Der letzte und wichtigste Punkt der Verhandlungen betraf die Mittel und Wege zur Herbeiführung eines inter nationalen Zusammenschlusses sämtlicher bibliograpischen und dokumentarischen Arbeitsgruppen und Institutionen. Das Institut schlug zu diesem Zweck die Schaffung einer freien Organisation in Form eines ständigen Kongresses und eine amtliche Vereinigung in Form einer »Internationalen Union« vor. Letztere sollte gewissermassen eine Erweiterung des 1139'