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Nummer 71, 21. März 1936 frühere Debatten über das Besprechungswesen verliefen, um in einem Blick auf das in den letzten drei Jahren Erreichte den gan zen Fortschritt zu erfassen. Um zu belegen, wie von maßgeblicher Seite heute insbeson dere die Ausgabe der Presse auf dem Gebiet der Literaturförderung aufgcsaßt wird, sollen nachstehend einige Äußerungen aus dem ausgezeichneten dreibändigen Werk von Wilhelm Waldkirch, einen, der tatkräftigsten Förderer der Zeitungswissenschaft, »Die zeitungspolitischc Aufgabe- sVcrlag Julius Waldkirch, Ludwigs hafen a. Rh. 1935) angeführt werden. Waldkirch handelt im I. Band vom Werden der Zeitung, im 2. vom Wirken der Zeitung, im 3. von der Zeitung als Kulturmacht. Langjährige praktische Erfahrung und wissenschaftliche Erkenntnis vereinigen sich bei ihm, um die hohen Aufgaben der deutschen Zeitungen in der Mit arbeit am Aufbau der Nation klarzustellen. Daß er dabei der kulturpolitischen Verpflichtung der Presse ganz besondere Bedeu tung zumißt, deutet ohne weiteres schon darauf hin, daß er die Berührungspunkte mit den verwandten Aufgaben und Wirkungs- Möglichkeiten des Buches richtig sicht und entsprechend heraus stellt. Über das Besprechungswesen selbst äußert er sich nicht. Was aber in diese Richtung weist, läßt zur Genüge erkennen, in welchen größeren Zusammenhang es gehört und von welchen, grundsätz lichen Standpunkt diese Sonderausgabe mit gelöst werden soll. Waldkirch sieht alles im Nahmen der erzieherischen Aufgabe der Zeitung und des Bildnngsbcgriffes, auf den jene ausgcrichtet blei ben muß. »Die Zeitung darf sich nicht dazu hergeben, ihren Lesern oberflächliche Schcinbildung zu vermitteln; sie wird ihrer kultur politischen Aufgabe nur gerecht, wenn sie sich damit begnügt, schwer zugängliche Themen in großen Zügen zu umreißen und den ehrlich interessierten Leser auf die entspre chende Literatur hinzu weisen- (HI, 292. Sperrungen von uns). »Die Zeitung hat nicht nur den politischen Einsatz des Volkes zu sichern, es gehört ebenso zu ihrer publizistischen Auf gabe, die seelischen Fundamente der politischen Willensbildung im Volke zu erhalten und auszubauen- (III, 339). Nach Waldkirchs Ansicht von Bildung »erwarten wir doch vom .gebildeten' Men schen, daß er sich einigermaßen in der Literatur, der bildenden Kunst, der Philosophie auskennt- (I, 399). Er verlangt deshalb von der Zeitung »tatkräftige Werbung für das gute deutsche Schrift tum, für die deutsche Musik, die deutschen bildenden Künste, die deutsche Wissenschaft- (III, 309). »Wenn die Zeitung ernstlich Kulturwerbung treiben will, wenn sic ihren Lesern das wahre Verständnis für kulturelle Institutionen und kulturelle Leistungen vermitteln will, so muß sie sich freihalten von schablonenhafter Anbetung, aller Auswüchse des schlechten Geschmacks, der Routine, der Rekordsucht. Der Leser muß darum wissen, wofür sein per sönlicher Einsatz gewonnen werden soll. Er muß die Gewähr haben, daß die Zeitung ihn treulich berät, er muß fühlen, daß es der Zeitung selbst nur um die Pflege, die Erhaltung und die Er weckung des nationalen Kulturgutes zu tun ist. Dabei werden sich die Zeitungen nicht etwa auf die Veröffentlichung des ihr von Knlturinstitutionen unterbreiteten Materials beschränken dürfen, sie werden vieles aus Eigenem gestalten müssen, um mit neuen Gedanken für die kulturellen Bestrebungen zu werben- (III, 297). Das sind Gedanken, die auch von seiten des Buchhandels ohne weiteres Zustimmung finden werden. Das Erfreulichste und besonders Anzuerkenncnde an dieser Ansicht ist wohl, daß mit diesem Standpunkt die Frage des Besprcchungswescns der Atmo sphäre geschäftlicher Reklame entrückt wird, in die es nicht hinein gehört, wie für beide Seiten, Buchhandel und Presse, scststehen muß, und in die es nur nach libcralistisch-materialistischem Den ken geraten konnte. Auch in einer kürzlich in England erfolgten Erörterung dieser Dinge ist anerkannt worden, daß der litera rischen Produktion der Charakter öffentlichen Geschehens zukomme und daß die Ankündigung einer Neuerscheinung aktuellen Nach richtenwert beanspruchen dürfe. Die Zeitung erfüllt also in erster Linie nur ihre Publizistische Pflicht, wenn sie über Vorgänge im geistig-kulturellen Leben berichtet. Die Herausgabe eines Buches steht dabei der Veranstaltung einer Erstausführung, eines Kon zertes, eines Vortrages durchaus gleich. Nicht Reklame ist dabei das Wesentliche und der Sinn, sondern die reine Berichterstattung. Daran ändert sich auch nichts, wenn hier der Presse neben der bloßen Chronistenaufgabe auch noch ein Richteramt zulommt, das sie nicht erst in der Kritik, sondern schon in der Auswahl zur Berichterstattung auszuüben in der Lage ist. Wenn Waldkirch hier im Vorbeigehen (III, 29S/6) noch bemerkt: »Es ist mit der kultur politischen Mission durchaus unvereinbar, daß die Zeitnng auf der einen Seite oberflächliche Roman-Dutzendware scharf aburteilt, auf der anderen Seite unter dem Strich aber ihren Lesern ähnliches vorsetzt-, so stellt er damit nur die Eanzhsitlichkeit der Ausgabe noch einmal fest, und gerade diese Auffassung wird am besten helfen, die tatsächliche kulturpolitische Arbeit, in der sich Buch und Presse begegnen und ergänzen, auf die richtige Ebene zu heben und dem erwünschten Ziel zuzuführen. vr. G. Menz. Vorbildliche Arbeit einer örtlichen Werbegemeinschaft zur Fachbuchwerbung Bereits Anfang Februar fand eine vorbereitende Besprechung statt, die zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft analog der Reichs- arbcitsgemcinschaft sührte. Die Ausführungen des Pg. Reinhart, Berlin, wurden lebhaft begrüßt und veranlaßten eine Reihe der Teilnehmer, sich sofort zur aktiven Mitarbeit zur Verfügung zu stellen. Für den Bund Reichsdeutscher Buchhändler, Gau Ham burg, wurden die vorbereitenden Arbeiten dem Fachkollcgen Mar tin Maasch übertragen. Verschiedene öffentliche Veranstaltungen der Kammern, des Reichsberusswettkampses u. a. gaben Gelegen heit, das Wort zu ergreifen und für das Fachbuch cinzutreten. In den Berufsschulen wurden Fachbuchauzstellungen veranstaltet, zum Teil in der Form, daß die Fachschullehrer jeweils die Bücher ihres Sondergebietes mit in den Klafscnraum nahmen und sie während des Unterrichtes besprachen. In diesem Zusammenhang mag es von Interesse sein, darauf hinzuweifen, daß zwei Ham burger Buchhandlungen vom eigenen Lager über 809 verschiedene Fachbücher der Arbeitsgemeinschaft zur Verfügung stellen konnten. Ein schöner Beweis für die Leistungsfähigkeit des Hamburger Sortiments und gegen die Behauptung vieler Verleger, daß das Fachbuch vom Sortiment zu wenig beachtet würde. Durch die Lehrer wurden an die Lehrlinge über zwölf tausend Formblätter verteilt, und bei dieser Gelegenheit darauf hingcwiesen, daß die Bücher durch den Hamburger Buchhandel zu beziehen seien. Neben dieser Werbung wurden Presse und Rundfunk mit Hinweisen versehen, die bereits in den meisten Fach zeitschriften zum Abdruck gelangten. Beim Sortiment liegt cs jetzt, durch Bevorzugung des Fachbuches in den Auslagen und im Schaufenster die eingeleitetc Werbung fortzusetzen. Oer Hamburger Buchhandel veranstaltet in dieserWochc unterVerwendung der verschiedenen Wahlplakate Sonderfenster für die Reichstagswahl. Zweifellos wird an anderen Orten ebenso verfahren, sonst möge dieserHinweis als Anregung dienen. 272