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«Ikse«bUtt1 f. d. Dtschn. vuchhandel. Redaktioneller Teil. X: 236, 9. Oktober 1922. Wenn ich eben das Wirtschaftliche erwähnte, so brauchen Sie doch nicht zu befürchten, daß ich Ihnen noch einen Vor trag über die Bücherpreise halte. Wenn Sie ausrechnen, was ,Stc jetzt für Butter oder Schokolade, für einen Anzug oder ein Paar Stiefel bezahlen im Vergleich zur Vorkriegszeit, so wer den Sie sich über die Höhe der Bücherpreise nicht mehr Wun dern, Der Verlag hat sich, solange er sich nur irgenwic halten konnte, gesträubt, der Preissteigerung zu folgen, die aus alle» Gebieten eingesetzt hatte, und da er zu lange wartete, hat er nicht bloß sich selbst geschädigt, sondern auch bei vielen Bücher- ltebhabern die Meinung hervorgerufen, der Buchhandel könnte außerhalb des gesamten wirtschaftlichen Getriebes bleiben. Wir sind aber nur «in Rad in der großen Maschine der Wirtschaft, und wir werden getrieben, so wie wir andere treiben müssen. So wie der deutsche Verlag es sich früher stets zur Ehre angerech net hat, in bezug aus Preiswürdigkeit den Verlag aller Kultur länder zu llbertrefsen, so wird er auch weiterhin seine Berech nungen stets in den engsten Grenzen halten, die überhaupt noch ein gedeihliches Fortkommen ermöglichen. Bei Ihrer Wanderung durch die Säle werden Sie nicht bloß die alten bekannten Firmen wieder vertreten sinder», son dern auch eine ganz erhebliche Erweiterung feststellen können. Es sind neue Firnren entstanden, und vor allem hat die Deutsche Verlags-Anstalt durch die Angliederung des Verlags dreier auswärtiger Firmen jetzt einen Umfang angenommen, der die Bedeutung des Stuttgarter Verlags noch erheblich erhöht. Eine weitere Neuerung ist der Anschluß des badischen Verlags an unsere Messe, di« damit immer mehr die wirtschaftliche Ver tretung des südwestdeutschen Buchhandels wird. Wir begrüßen den Anschluß unserer badischen Kollegen, der unsere gemein samen Bestrebungen fördern hilft. Es ist selbstverständlich, daß der Verlag auch im vergan genen Jahre nicht untätig geblieben ist, und ich bin überzeugt, daß Sie bei Ihrem Nundgang manche beachtenswerte Neuheit finden werden. Zum Schluß liegt mir noch die angenehme Pflicht ob, Ihnen allen, meine Damen und Herren, für Ihr Erscheinen zu danken. Namentlich möchte ich die Vertreter der Ministerien, der Hochschulen, der Handelskammer und der Stadtverwaltung, nicht zuletzt auch die Vertreter der Presse begrüßen, die unsere Bestrebungen stets gefördert haben. Ich heiße Sie alle will kommen, und indem ich Sie zu einem Rundgang einlade, er kläre ich die Stuttgarter Buchmesse für eröffnet-. Als Vertreter der badischen Verlegervercinigung dankte Herr Or, Braun-KarlSruhe für die freundliche Aufnahme in Stutt gart, Er sagte, der badische Verlag sei zwar noch nicht vollzählig erschienen, aber im nächsten Jahre hoffe man noch würdiger ver treten zu sein. Er wünschte der Veranstaltung einen guten Ersolg, Die Gäste besichtigten nunmehr die Buchmesse, die wieder die ganze Reihe der Säle des ersten Stockwerkes im ehemaligen Kronprinzenpalast einnimmt. Im ersten großen Saale ist diesmal die Deutsche Ver lag S - A u st a l t vertreten, die voriges Jahr ausnahmsweise ge fehlt hatte, weil bei den damals schon getroffenen Naumverfü- gungen ihr nicht der nötige Platz zur Verfügung gestellt werden konnte. Da die Deutsche Verlags-Anstalt inzwischen die Verlage von Fleischel L Co, und Schuster L- Loeffler in Berlin erworben und sich außerdem den Verlag von Friedrich Andreas Perthes A.-G, in Gotha angeglicdert hat, ist sie damit in die Reihe der allergrößten Ver lagshäuser eingerncki. Sie war zwar bisher schon sehr vielseitig gewesen, sodaß namentlich die Romane der beiden anderen Ver lage ihrer bisherigen Belletristik ohne weiteres angegliedert werden konnten, dagegen bedeutete die Aufnahme der Musiklitc- ratur von Schuster L Loeffler für sie Wohl ein neues Verlags- gebiet. Der alte Verlag von Perthes wird mit seinen ganz aus geprägten Richtungen Wohl nicht verändert werden. Natürlich hat die Deutsche Verlags-Anstalt von ihrem eigenen Verlag und dem der in ihr aufgegangenen Firmen nur die noch gangbaren und noch erhältlichen Werke ausgestellt, da es sich ja -uni eine Verkaufsmesse handelt, aber auch so ist die Zahl noch außerordent lich groß. Außer den üblichen Ausgaben sind auch manche in 1414 besonders schöner Ausstattung und vornehmen Einbänden zu sehen, sodaß dem Bücherltebhaber schon das Scheiden aus diesem ersten Saale schwer fällt. Und doch bieten natürlich auch die andern Säle ungemein viel Schönes und Wertvolles, Es genügt schon die Namen Cotta und Union zu erwähnen, Cotta, den vielseitigen, alten bewährten Verlag, der in der Ausstattung der Werke nur wenig dem modernen Zeitgeist gefolgt ist, sodaß man cher Besucher, der auf seinem Rundgang in erster Linie das Äußere der Bücher betrachtet, ihm vielleicht zu wenig Beachtung schenkt, und die Schwestersirma Union, die, leichter und beweg licher, mehr aus das Volkstümliche und mehr auf den Bedarf der großen Menge eingestellt ist; sie Pflegt mehr den volkstümlichen Roman, das illustrierte Werk und die Jugendliteratur, Daß die Union die einst so weitverbreitete Zeitschrift -Buch für Alle- hat eingehen lassen, mag man bedauern, aber das Blatt wandte sich an Kreise, die heute nicht mehr zu den kaufkräftigen gehören, und man hatte versäumt, es rechtzeitig umzustellen. Eine große Veränderung ist in dem F r a n ck h' scheu Verlage erfolgt, der sich in Zukunst auf die Naturwissenschaften und die (vorwiegend naturwissenschaftlich und technisch gerichtete) Jugendliteratur beschränken will, um diese Gebiete weiter auszu- banen; so bringt er den ersten Band eines groß angelegten Wer kes von », Kahn, Das Leben des Menschen, die ersten Bände von zwei neuen Sammlungen »Wege zur Erkenntnis- und »Wege zur Praxis», solvie zwei neue Bände der vielgelesenen Tiergeschichten von Thompson-Seton, Der Verlag von Di eck L Co,, der als Tochterverlag aus dem Franckh'schen Unternehmen hervorgegan gen ist, hat in erster Linie die jetzt so zeitgemäße Sportliteratur mit glücklicher Hand gepflegt, aber auch die Abteilung Technik bereits erweitert und den weitere» Ausbau der Heimat- und Welt- Bücher, die Belletristik, Geschichte, Völkerkunde und Philosophie umfassen werden, energisch in Angriff genommen. So tritt der junge Verlag, der zum erstenmal auf der Buchmesse vertreten ist, unter einem günstigen Zeichen vors größere Publikum, Neben ihm führt der Volksverlag für Wirtschaft und Ver kehr seine in der Geschäftswelt so gut eingebürgerten Auskunfts- kartcien, denen das Sortiment erst jetzt anfängt die gebührende Beachtung zu schenken, fort. Die großen Jugendschriftenverleger sind natürlich wieder mit ihren großen Beständen vertreten, und zwar außer dem be- reits genannten Franckh'schen Verlag der Thienemann' schc Verlag, der Loewe'schc Verlag und Levh L Müller, Die Ausstattung ihrer Werke, die unter der Kriegs- und Nach kriegszeit naturgemäß gelitten hatte, ist wieder auf einer recht ansehnlichen Höhe angelangt: namentlich findet man auch wieder Bücher mit prächtigen Farbendrucken, Die Einbände sind, wenn auch Leinen noch sparsam verwendet wird, wieder geschmackvoll und gut, Inhaltlich erfolgt die Auswahl der Jugendschriften allerdings stark nach konservativen Grundsätzen, und zuweilen möchte man neben den immer wieder neu gedruckten Robinson, Reineke der Fuchs, Sagen des Altertums, Lichtenstein und Ekke hard auch einmal etwas wirklich Neues und Originelles sehen. Der Kunstverlag ist wieder durch die bekannten Verlag« von Julius Hoffman» in Stuttgart und Nesf in Eßlingen vertreten, zu denen natürlich auch die Terrtsche Verlags-Anstalt mit ihren unübertrefflichen Klassikern der Kunst zu zählen ist. Leider sucht man schon manches Werk vergeblich, weil es ver griffen und unter den jetzigen Verhältnissen kaum wieder aufzu legen ist. Neu ist dagegen dieses Jahr die IIvachrom A, < G, für Farbenphotographie mit guten Reproduktionen, auch in großem Format, vertreten. Eine ausgesprochen bibliophile Richtung verfolgen zwei junge Verlage: Walter Seifert in Heilbronn mit reizenden kleinen Bänden und den nach der Handschrift vervielfältigten Do- mina-Druckcn, und Walter H 8 d e ck e, der neben kleinen Klas- sikei-Auswahlbäuden jetzt auch den Anfang einer neuen Aus- gabenreihe unter dem Namen Tiotima-Klassiker bringt (Hölder lin, Novalis und Mörike liegen schon vor): es sind Bände, di« sich in ihrer seinen Ausstattung würdig neben die Tempel-Klas siker stelle», Mit einem neuen Unternehmen tritt auch der Engelhorri sche Verlag auf, und zwar mit den ersten Bänden einer Mustka-