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108, II Mai 1S11. Nichtamtlicher Teil, esp-nil-tt I. d, Dtschn, «uchiand-! 5737 und einem argentinischen Beklagten beurteilen; sie sollen den Fremden größere Garantien gewähren. Die Auslegung der Gesetze und des bürgerlichen Rechts jedoch ist den gewöhn- orckivariu) unterworfen. Als nun Fremdes so die Verleger von Zolas Roman -Louräes,, der einfach in der Zeitung La blaoiön in Übersetzung nachgedruckt worden war, sich auf den Vertrag von Montevideo berufen wollten und sich an die Provinzgerichte wandten, erklärten sich diese als nicht zu ständig, weil sich der Anspruch bloß auf Verfassung und Vertrag gründe. Die Bundesrichter hinwiederum, an die man nachher gelangte, behaupteten, die Materie stehe, weil nicht direkt von der Verfassung, sondern vom bürgerlichen Gesetzbuch abhängig, unter dem Zivilgericht, und wiesen sie den Provinzgerichten zu. Für die Zuständigkeit der letzter» Gerichtsbarkeit erklärte sich schließlich auch der Kassationshof in seinem Urteil vom k, November 1902, Trotzdem fing das Spiel im Jahrs 1906 von vorne an, indem sich ein ge wöhnliches Prooinzialgericht in einem Prozesse betreffend unbefugte Ausführung einer Oper von Puccint wieder als unzuständig erklärte. Die Frage hat nicht nur theoretisches Interesse oder ist gar nur eine Spielerei, sondern sie ist auch für die Folge, wie wir sehen werden, von der allerein- schneidendsten praktischen Bedeutung. Daß unter solchen Umständen die Klagen über Raub an geistigem Eigentum nicht verstummen konnten, liegt auf der Hand, Schließlich beschlossen die Franzosen einen neuen Vorstoß zu wagen. Sie benutzten die im Jahre 1910 in Buenos Ayres veranstaltete Zentenarausstellung, um durch ihre Abgesandten, so durch den Generalkommrssär der Aus stellung, den Senalor Baudin, dos Terrain zu sondieren und verhältnismäßig rasch zu bearbeiten. Schließlich gelang eS dem Ex-Premieri»iuister Clömenceau, der in der argenlini- schen Hauptstadt eins Reihe von Vorträgen hielt und von dem man dort auch ein Theaterstück ohne seine Zustimmung ausführte, dank seiner großen Energie und Beredsamkeit einen Deputierten zu veranlassen, in das Parlament einen Gesetzes- enlwurf einzubringen (24. August 1910), der einen Franzosen, den Konservator der Nationalbibliothek von Argentinien, Herr» Groussac, als ersten Verfasser hatte. In weniger als einem Monat war der Entwurf in beiden Kammern summarisch durchberaten und Gesetz geworden, Georges Clömenceau hätte als neuer Caesar des Urheberrechts ausrusen können: Vom, viäi, vici! II, Eine große gesetzgeberische Leistung wird man bei einer derartigen Entstehungsgeschichie in diesem neuen meteorartigen Gesetze weder suchen noch finden. Hinsichtlich der Aufzählung der geschützten Werke lehnt sich das Gesetz vorn 23, September 1910 an diejenige der revidierten Berner Konvention, die es nur in verkürzter Form wiedergibt, an; es schützt also so wohl Pantomimen wie Photographien, wie Werke der Bau kunst ausdrücklich. Anerkannt wird das literarische und künstlerische Eigen tum an allen in Argentinien veröffentlichten oder heraus gegebenen Werken, und zwar in Anlehnung an die oben ge schilderte Rechtsentwicklung nach den Grundsätzen des gemeinen Rechts, sofern diese keine Einschiänkung erfahren. Die Haupteinschränkung betrifft die Schutzfrist, die das Leben des Autors und zehn Jahre nach seinem Tode zu gunsten seiner Erben und Rechtsnachfolger umfaßt; sie beträgt 20 Jahre post publicutiousm für nachgelassene Werke; in bezug auf die anonymen und pseudonymen Werke ist nichts bestimmt. Zur Wahrung der Urheberrechte, die insbesondere auch das übersetzungs-, Aussührungs- und Ausstellungsrecht und überhaupt die Vervielfältigung in irgend einer Form in sich Börsenblatt sltr den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. begreifen, ist kein Vorbehalt nötig. Dagegen sind Drucker und Verleger gehalten — das ist GroussacS Geschoß I —, zwei vollständige Exemplare des Werkes zu hinterlcgen, und zwar innerhalb 14 Tagen, wenn das Werk, mag es auch im Auslande gedruckt sein, in der Hauptstadt erscheint, d, h, in den Verkehr gebracht wird, und innerhalb 30 Tagen, wenn es auf einem andern Punkts der Republik das Tageslicht erblickt (obig, ärulu L lue), Für Werke der Malerei, Baukunst und Bildhauerei ist eine zur Identifizierung dienende Skizze zu hinterlegen. Wird die Hinterlegung versäumt, so bleibt das Autorrecht in der Schwebe und geht dann nach zwei jähriger Suspendierung endgültig verloren. Wieder zeigt sich hier als neues warnendes Exempel die alte Erfahrung, daß man für die Nichtbeobachtung der Förmlichkeiten seitens eines Dritten den daran ganz unschuldigen Autor durch Ver- nichrung seines aus seiner Schöpfung entsprungenen Rechts bestraft. Die Eingriffe in das Vervielfältigungs-, Übersetzungs und Aufführungsrecht können zivilrechtlich von der ge schädigten Partei vor der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit (tu justicia oräiuariu, s. o.) eingeklagt werden. Jede straf rechtliche Verfolgung ist ausgeschlossen, Schadenersatz ist allein erhältlich. Auf Verlangen und auf die Verantwort lichkeit des Autors oder seiner Rechtsnachfolger hin kann immerhin der Richter die Beschlagnahme der Nachdrucke oder Nachdrucksapparate oder die Einstellung der unrechtmäßigen Aufsuhrüng anordnen. Da mit Bezug auf die rückwirkende Kraft das Gesetz keine einschränkende Bestimmung enihält, so sind wohl alle früher gemeinrechtlich geschützten Werke durch das neue Gesetz innerhalb der von ihm gezogenen Grenzen, d, h, bis 10 Jahre post mortem auctoris geschützt. Das Ausführungsreglement vom 4, Feoruar 1911 läßt aber in Artikel 5 durchblickcn, daß Verleger, Drucker und Übersetzer, welche ungenehmigte Vervielfältigungen oder Übersetzungen veranstaltet haben, durch Anmeldung derselben im Ministerium der Justiz und des Unterrichts bis zum 4, März 1911 Absolution für die Vergangenheit erhalten, so daß der frühere Schutz nur sehr bedingt zu verstehen ist. Für den internationalen Schutz sind in den Artikeln 10—12 des Gesetzes von 1910 folgende wichtige Bestim mungen vorgesehen: Die in fremden Ländern herausgegebenen Werke der Wissenschaft, Literatur und Kunst stehen ebenfalls unter dem Schutz des neuen Gesetzes, unter der Bedingung, daß deren Verfasser einem Lande angehöre, das inter nationalen Verträgen beigetreten ist oder mit Argentinien Sonderabkommen geschlossen hat. Von der Beobachtung der Förmlichkeiten in Argentinien ist ein solcher fremder Autor, wie in Artikel 10 ausdrücklich hervorgehoben ist, entbunden; es genügt, daß er die Erfüllung der gesetzlichen Förmlichkeiten im Lande der ersten Ver öffentlichung Nachweisen kann. Jedoch ist jeweilen die kürzere Schutzfrist anwendbar. In beiden Punkten nahm sich der argentinische Gesetzgeber die Berner Konvention von 1886 zum Vorbild, Aus dem Obigen ergibt sich nun vorerst, daß Argen tinien nur den vertragsweisen Schutz der Fremden kennt, also jeder Gegenseitigkeitsklausel aus dem Wege gegangen ist, wie dies z. B, auch Deutschland vorsieht. Nur wenn ein Autor sich als Angehöriger eines Landes ausweist, das Vertragsstaat bei imernationalen Abmachungen ist — ge dacht ist z, B, an den internationalen Vertrag von Monte- Video oder die panamerikanische Literarunion — oder das mit Argentinien ein Sondeiliterarabkommen getroffen hat, kann er Schutz für seine in fremden Landen erschienenen Werke beanspruchen. Daß diese Werke gerade in dem Heimatland des betreffenden Autors erscheinen müssen, ist 746