Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. .V 78, 4. April 1916. die erhebenden Ereignisse des Krieges, die Großtaten unserer Heer führer, die opferbereite Hingabe und den Todcsmut unserer Kämpfer zu frei erfundenen sinn- und geschmacklosen Mätzchen einzelner, aus krankhafter Einbildung geborener Übermenschen nach Art der beliebten Meistcrdetcktive, Verbrecherkönige und Indianerhäuptlinge. Sie fäl schen damit nicht nur das Bild der großen Geschehnisse auf elende Weise, sie betrügen vor allem um schnöden Geldgewinnes willen ihre zahllosen Leser um die wertvollsten und tiefsten Erfahrungen ihres jungen Lebens, indem sie zu einem unreinen, die Gesinnung ver rohenden Nervenkitzel erniedrigen, was erhebendes Beispiel und für ein ganzes Leben Anstoß zu ernstester Betätigung der eigenen Kräfte sein könnte und müßte. Mit Belehrungen und Warnungen ist erfah rungsgemäß der ernsten Gefahr, die hier der Seele unserer Jugend droht, nicht wirksam zu begegnen. Ausreichende Hilfe kann nur das behördliche Verbot der Anzeige, Auslage und Feilhaltung der genau zu bezeichnenden Schundheftc bringen. Es ist darum dringend er wünscht, daß so schnell wie möglich die stellvertretenden Generalkom mandos, so wie.es an einigen Stellen schon geschehen ist, in einheit lichem Sinne für das ganze Land solche Verbote erlassen. Die Listen der zu verbietenden Schriften würden am zweckmäßigsten durch Aus schüsse sachverständiger Persönlichkeiten ausgestellt. Die Versamm lung beauftragt die ,Zentralstelle zur Bekämpfung der Schundlite ratur*, die maßgebenden Behörden, insbesondere die stellvertretenden Generalkommandos, um den Erlaß solcher Verbote zu ersuchen.« PersoualMrichten. Jubiläum. Am 1. April konnte Herr Otto Schoppe auf eine 25jährige erfolgreiche Tätigkeit im Hanse der Buchhandlung Gustav Fock G. m. b. H. in Leipzig zurückblicken. Amtsniederlegung. Herr Hofbuchhändlcr Heinrich Pohl- schröder i. Fa. Heinrich Schwick, Hofbuchhandlung, Innsbruck, hat aus Gcschäftsrücksichten seine Stelle als deutscher Konsul für Tirol und Vorarlberg am 1. April niedergelegt. Das deutsche Konsulat in Inns bruck wird von diesem Termin an Berufs-Konsulat werden und sein Leiter den Titel Generalkonsul führen. Gestorben: nach langer Krankheit am 29. März Herr Anton Ritter von Franken, der mehr als 40 Jahre lang seine Kräfte in den Dienst der Buchhandlung Jg. v. Kleinmayr L Fcd. Bamberg in Laibach gestellt hatte, bis ihn im vorigen Sommer eine schwere Erkrankung befiel, von der er nicht genesen sollte. Gefallen: am 31. März im bald vollendeten 40. Lebensjahre der Hauptmann und Batterieführer Herr vr. püil. Eduard Wagner, Pro kurist der bekannten geographischen Anstalt von H. Wagner L E. Dcbes in Leipzig. Hauptmann Wagner war Inhaber des Eisernen Kreuzes und des Ritterkreuzes 1. Klasse mit Schwertern des Kgl. Sächs. Albrechtsordens; ferner am 30. März im Westen Herr Franz Wolfs, Kriegs freiwilliger in einem Neserve-Feldartillerie-Regiment, Vcrlags- gchilfe im Hause Oskar Eulitz in Lissa i. P., in dem er auch seine Lehre bestanden hatte. Sofort bei Kriegsausbruch mar er voller Begeisterung zu den Fahnen geeilt. Sprechsaal. Zn Sachen Feldbuchhandlungen. lBgl. Bbl. Nr. 51, 55, 58, 57, 88, 72 u. 75.) Zu den Veröffentlichungen des Briefwechsels zwischen der G. I. Göschen'schen Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H., Berlin, und der Firma Hermann Hillger, ebendaselbst, im Bbl. Nr. 68 vom 23. März möchten wir an dieser Stelle auch zur Sache reden. Herr Hillger schreibt in seinen Ausführungen: »allzuviele und große Opfer, die wir bei ungenügen dem Rabatt bringen müssen, würden uns die Versorgung der Truppen mit Lesestoff unmöglich machen«; ferner: »außerdem liegt es nicht in unserer Absicht, dem einheimischen Sortiment Abbruch zu tun«. Die Neuregelung des Buch- und Zcitungshandels im Etappen- und Ope rationsgebiet West und Ost gab anch dem Münchener Buchhändler- Verein wie anderen Berufsvcreinen Veranlassung, sich um die Pachtung von Armcebuchhandlungen zu bewerben. Alle Bemühungen in dieser Richtung waren bei uns wie auch seitens anderer Vereine erfolglos, denn viele an der Quelle Stehende waren zuvorgckommen. In unseren Kreisen ist man der Ansicht, daß die Feldbuchhandlungen dem, zünftigen Buchhandel zugeschrieben werden müßten, und man ist daher erstaunt gewesen, daß eine große Reihe Verleger oder gar Kom missionäre dem Gesamtbuchhandel das nahmen, was ihm von Rechts wegen zukam. Hätte Herr Hillger als Verleger dem einheimischen Sortiment keinen Abbruch tun wollen, so hätte er wohlgetan, von der Pachtung mehrerer Feldbuchhandlungen für sich und seinen Kom missionär Abstand zu nehmen. Es wäre dann auch Herrn Hillger erspart geblieben, »allzuviele und große Opfer bringen zu müssen«. Diese hätten eben die dazu berufenen Buchhändler-Vereine gern auf sich genommen. Daß aber Herr Hillger »diese Opfer« augenschein lich den Gesamtbuchhandel nicht tragen lassen wollte, kann wohl daraus geschlossen werden, daß die Firma Hermann Zieger (Kommis sionär der Firma Hermann Hillger) ihr Pachtanerbieten an das Armee- Oberkommando bereits am 6. Januar d. I. gemacht hat, zu einer Zeit, wo nur diejenigen wenigen Herren von einer Neuregelung Kenntnis haben konnten, welche den Verhandlungen im Hauptquartier am 2 9., 30. und 31. Dezember 1915 bei gewohnt hat ten und zu denen auch Herr Hermann Hillger gehörte! Wir dürfen auch wohl annehmcn, daß Herr Hillger iden tisch mit der Firma Hermann Zieger ist, nicht nur weil er dessen Kom mittent ist, sondern auch weil seine Zuschriften auf Briefbogen des Armee-Oberkommandos der 4. Armee-Buchhandlung erfolgen, während Herr Hillger doch nur dienstlicher Leiter der. Buchhand lung der 5. Armee und der Bugarmee ist. Mit den Feststellungen dieser Tatsachen begnügen wir uns hier an dieser Stelle; wir werden aber an anderen Orten und Stellen Gelegenheit nehmen, das eigenartige Verhalten des Herrn Hillger an Hand reichlichen Materials zu beleuchten, damit solche Sondervor- tcile, die dank guter Verbindungen erzielt wurden, nicht weiterhin zum Schaden des Gesamtbuchhandels ausgenutzt werden können. Der Vorstand des Münchener Buchhändler-Vereins. Gustav Nüsser, I. Vorsitzender. Erwiderung. Jedes Mitglied des Börsenvereins gehört als »zünftiger« Buch händler zum »Gesamtbuchhandel« und ist den Satzungen des Börsen vereins unterworfen. Der Münchener Buchhäüdler-Verein wird ver geblich nach einem Paragraphen suchen, der mir verbietet, Fcldbuch- handlnngen zu betreiben. Ich lasse mir das Recht dazu deswegen um so weniger verkümmern, weil die Feldbuchhandlungcn meine ureigenste Idee sind, die ich im November 1914 der Heeresleitung vorgeschlagen und wenig später unter vielen Mühen, Entbehrungen und Opfern, aber auch in dem beglückenden Bewußtsein durchführen konnte, un serem herrlichen Heere geistige Nahrung und Kost bester Art bis in die vordersten Linien zuführen zu dürfen. Jeden Tag erlebe ich die große Freude, daß Offiziere und Mannschaften mir ihren Dank für die Einrichtung und Durchführung der Feldbuchhandlnngen zum Aus druck bringen. Jedermann wird deshalb verstehen, daß mich die Ausführungen des Münchener Buchhändler-Vereins kalt lassen, um so mehr, als ans dem Angriff für mich deutlich die Quelle ersichtlich ist, aus der die Beschuldigungen stammen. Die Münchener Herren gehen augenschein lich von ganz falschen Voraussetzungen aus, da sie nicht einmal wissen, daß die Feldbuchhandlungen von Dreivierteln unserer Armeen durch Sortimentsbuchhändler betrieben werden, allerdings von solchen, die eben früher aufgestanden sind, als andere, und die mit großer Mühe und Arbeit sich diese Feldbuchhandlungen eingerichtet haben. Ich habe die Feldbuchhandlungen nicht um des Gewinnes willen begründet und betrieben, denn im Anfang wurde der gesanite Über schuß zu Wohlfahrtszwecken für die Armee verwendet. Erst als der Vorstand des Börsenvercins mir zu bedenken gab, daß die völlige Abgabe des Reingewinns nicht den Satzungen des Vereins entspräche, bin ich gezwungen worden, Pachtverträge mit den Armeen abzuschlie ßen, die so beschaffen sind, daß sie einen bescheidenen Gewinn für mich abwerfen. Unter diesen Umständen erachte ich es unter meiner Würde, auf die Anwürfe des Münchener Buchhändler-Vereins näher einzugehen, und erwarte in aller Ruhe die weiteren von den lieben Münchener Kol legen angedrohten Schritte. Über die ganze Art dieses Angriffes aber und über die Feldbuch- handlungen im allgemeinen wird nach dem Kriege noch zu sprechen sein. Dann werde ich niemandem die Antwort schuldig bleiben. Jetzt habe ich besseres zu tun, indem ich weiter zu meinem beschei denen Teil beitrage, in unseren braven Feldgrauen den Willen zum Sieg zu stärken, ihnen über manche schwere Stunde fortzuhelfen durch Zuführung des Besten, was unsere hervorragendsten Dichter und geisti gen Führer geschaffen haben. z. Z. B e r l i n, 29. März 1916. Hermann Hillger.