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8278 VIrstn«I°ll l. d. Dtschn. vuchhandkt. Nichtamtlicher Teil. 158, 10. Juli 1»ir. mal in mehrfacher Vertretung erschienenen, dem Kommissions- Platz Stuttgart immer treuen Schweizern. Der freundlich warme Abend gestattete der frohen Gesellschaft noch ein Kaffee- stündchen auf der Terrasse des schönen Silberburggartens, zu dem sich noch Damen des Stuttgarter Buchhandels einfanden, die am Festmahl nicht teilgenommen hatten. Wenn die Sonne niedersinkt und der Tag zur Ruhe neigt, zerstreuen sich auch die Kafseegäste, um sich teils mit den Autoren und geschäftlichen Führern der Deutschen Verlagsanstalt in Cannstatt in der sog. »Pilsener Schmiede« zu einem traditio nell gewordenen Bierabend, in der Hauptzahl aber in den gastlichen Räumen des Eberhardbaues wieder zusammenzu finden. Hier bestritt neben sonstigen musikalischen Ergötzungen zu Gespräch und Tanz ein gesangskundiger Troubadour mit heiteren Liedern zur Laute die Kosten der Abendunterhaltung, die sich bis in die frühe Morgenstunde ausdehnte, bis die be vorstehende Abrechnung eine Leipziger Metzerinnerung wach rief. »Morgen, Freunde, wird's was gebenl Morgen werden wir uns freu'nl Welch ein Trubel, welch ein Leben Wird aus unsrer Börse sein! Einmal werden wir noch wach, Heissa. dann ist Zahlungstagl« So sang der gemütvolle Fritz Reuter-Verleger Heidmüller in seinem feuchtfröhlichen Liederkranz zur Ostermesse 1897, und das mahnte heute endlich auch den Stuttgarter Buchhandel zum Schlafengehen, da auf 9 Uhr zum Zahlungstag freundlich ein geladen war. Die Metzabrechnung im großen Saale des Bürgcrmuseums brachte das klingende Leben und Treiben der süddeutschen Buchhändlerbörse zur gewohnten Morgenstunde, wie nun seit 75 Jahren, in raschen Gang. Nach der überfülle von Arbeit, die die beteiligten Ge schäfte in den vorhergehenden Wochen daheim zu bewältigen hatten, erledigte sich heute das Zahlgeschäft in kaum zwei Stunden. Bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts mögen es noch sehr ansehnliche Summen gewesen sein, die wohl auch mit manchem verhaltenen Seufzer aus der einen und manchem zufriedenen Schmunzeln auf der anderen Seite in die Geld taschen der Verleger rasselten. Mit der heutigen Entwicklung des modernen Bank-, Scheck- und Postverkehrs sind die Bar zahlungen auf der Börse des Buchhandels bescheidene ge worden, denn auch der Buchhändler Patzt sich allen neuen Verkehrsmitteln des Waren- und Geldmarktes fortschreitend an. Die herkömmliche Zahlung auf der Messe persönlich oder durch Kommissionär hat in vielen Fällen und mancher Hinsicht für den alle Vorteile ermessenden Buchhändler ihre geschicht lich gewordenen und Jahrzehnte bewährten guten Seiten noch nicht verloren. Wer den Wert eines regelmäßigen persönlichen Verkehrs für die Buchhändler untereinander richtig kennen und schätzen lernte, wird ihn in fortgesetzter Pflege stets Hoch- Halten. Andererseits bietet auch die Zentralisation des Ver kehrs durch den Kommissionär, in die der Buchhandel aus seinen eigenartigen praktischen Bedürfnissen und der Sondcrart des Buches als Ware hineingewachsen ist, viele Vorteile, und sie ist hinter der modernen Entwicklung anderer Verkehrswege hinsichtlich derBilligkeitundGcschäftsvereinfachung keineswegs zurückgeblieben. Manche Erledigung von buchhändlerischen Verkehrsarbeiten unter Verzicht aus den Kommissionär sieht nur billiger und bequemer aus, ist es aber nicht. Auch das Gcschäftsleben macht, wie das Naturleben, ohne Schädigung keine gewaltsamen Sprünge. Es unterliegt den unerbittlichen Gesetzen praktischer Entwicklung nach Bedürfnis. So beweist der Umfang der Metzabrechnung in Leipzig und der Gesamt umsatz auch der heurigen in Stuttgart noch hinreichend die Be rechtigung ihres Fortbestehens für jedes unbefangene und sach kundige Auge. Im Stuttgarter Buchhändlerbörsensaal beginnen sich gegen 11 Uhr die Zahltische allmählich zu leeren. Die Kollegen ziehen mit Geldtasche und Abrechnungsbuch teils vom schnöden Mammon, der im Grunde nie dauerndem Besitzstände zu gehörte, erleichtert heim, teils in Heller Wiedcrsehenssreude ihres teilweise mit Makulaturgefahr bedrohten Besitzes zu be freundeten Bankhäusern von dannen. Die Mehrzahl taucht aber in nächster Stunde zu dem offiziellen und wohltätigsten aller Fest-Frühschoppen im Gartensaal des Hotel Textor wieder auf, zu dem sich auch die Damen ausnehmend zahlreich einfanden. Dieses Jahr üble Otto Peilers zum 29. Male bei diesem Frühschoppen die von ihm unermüdlich gepflegte Fürsprache für die Bedrängten des deutschen Buchhandels. Die geringe Ursache eines auf der Buchhändlerbörse vergessenen Feder halters ist durch Pettersens eigenartige Gabe eine sich all jährlich wieder reich erschließende Quelle des Wohltuns ge worden. — Nach einer photographischen Aufnahme überreichte ihm Kommerzienrat Alfred Bonz auf einem Samtkissen seier- lich wieder das schlichte Symbol seiner Liebeslätigkeit mit einigen herzlichen Worten. In Petters' Hand wird der einst verauktionierte Federhalter alljährlich erneut zu Stütze und Stab der Armen, zu einem die Herzen und Taschen mit dem Schlüssel sieghaften Humors öffnenden Zauberstab. Der Humor, den alten Ärzten eine unser körperliches und geistiges Wohlbefinden im Gleichmatz haltende Feuchtigkeit, die Quelle guter Laune, ist uns heute das, was Petters so meisterhaft zu entfalten weiß, eine herzlicher Teilnahme entspringende gut mütige Komik, die unsere Torheiten verlacht. Dieses köstliche Lachen ist die Grundstimmung, der bezaubernde Reiz dieser fröhlichem Geben geweihten Stunde. Wieder kam in ihr eine ansehnliche Summe für die Hilfsbedürftigen des Buchhandels in Pettersens Händen zusammen, für die zum Schluß herzliche Worte des Dankes ausgesprochen wurden. (Schluß solgt.) Kleine Mitteilungen. «oll «ine MeiuhandelSberufSgenossenschaft errichtet werde«? — Zu dieser Frage, dis den Börsenverein wiederholt beschäftigte tvgl. Nr. SS u. 58), hat kürzlich auch der Ausschuß des Deutschen Handclstages Stellung genommen und die sür und gegen die Einrichtung sprechenden Gründe erörtert. Jetzt weist der Verein Deutscher Waren- und Kaufhäuser daraus hin, daß sich unter Berücksichtigung des durch das Reichsversicherungs amt sestgestellten Umfanges der Versicherungspflicht nach der Ge werbestatistik von ISO? insgesamt 453 841 Betriebe mit offenen Verkaufsstellen ergeben, von denen 367 968 Betriebe solche mit einer bis drei Personen waren. Diese scheiden von vorn herein aus, so daß zur Kleinhandelsberussgenossenschast nach der Statistik von 190? nur 86 78t, jetzt Wohl 95 000 ge hören würden. Bisher sind in der Lagereiberussgenossen- schast zirka 60MO Detailhandetsbetriebe versichert, und zwar die größeren und leistungsfähigeren Betriebe, die naturgemäß ge ringere Verwaltungstosten verursachen. Es würden also sür eine Klcinhandelsberussgenossenschast noch weitere 45 000 kleinere Be triebe in Betracht kommen, die nur geringe Beiträge zahlen, die Verwaltungslosten aber ganz erheblich steigern, zweiseilos also nicht zu einer Verbilligung der Berussgenossenschasts- versicherung beitragen würden. Personalnachrichten. Jubiläum. — Herr Buchhändler Emil Steinbecher, Pro kurist der Heinrichshofenschen Buch-, Kunst-, Musikalien- und Pianoforte-Handlung in Magdeburg, beging am I. Juli das 25jährige Jubiläum seiner Mitarbeilerschast bei genannter Firma. Der Jubilar erfreut sich in den weitesten Kreisen großer Beliebt heit und hat es verstanden, durch sein zuvorkommendes und be scheidenes Wesen, verbunden mit außerordentlicher Hingabe im geschäftlichen Tun, sich Freunde zu erwerben. Herrn Steinbecher noch nachträglich die herzlichsten Glückwünsche zum Ehrentagei