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1111 1849.^ messen beginnen. Hatte nun früher der deutsche Buchhandel die Auf gabe erkannt und gelöst, eine bessere Zeit heraufführen zu helfen, — o so möge er die ihm jetzt gewordene ungleich schönere nicht verkennen, die noch getheilten Lager im Volke zu einen, und diese Gcsammtheit zur Eckenntniß der wahren Freiheit und echten Bürgcrtugenden zu lei ten, wie er sie zur Eckenntniß der Unhaltbarkeit der früheren Zustände geführt hat! — Diesen großen Zweck kann er aber nur dann erreichen, wenn er nicht den augenblicklichen meckantilischen Vortheil ausschließend in's Auge faßt, wie dies leider in der neuesten Zeit vorherrschend der Fall zu sein scheint. Er wache mit derselben Aufmerksamkeit, mit der er für den Ein tritt nur würdiger Geschäftsgenossen in seinen Kreis besorgt ist, in je dem Einzelnen auch darüber, nur Gediegenes an den Tag zu fördern, — nur für solches sich zu verwenden; der Einzelne — er möge nun die ser oder jener Partei angehören — weise gemeine Scribler, in welchem Sinne sie auch schreiben, von sich; der Verleger trachte das Wissen dem Volke dadurch zugänglicher zu machen, daß er seinen Gewinn nicht in hohen Preisen sucht, was dessen ungeachtet selten zu seinem Schaden ausschlagen wird, denn nicht die theuren Bücher sind immer jene, die den meisten Gewinn bringen. Der Sortiments-Händler aber lasse nur tüchtigen Schriften, auch wenn sie weniger kosten als doch allenfalls hier und da auftauchendes Schlechte, seine Verwendung angedeihen: und wir sind gewiß, daß ein solches Zusammenwirken mit dem schönsten Erfolge gekrönt, unser Wahlsprucb: „Nicht theilen, sondern einen" und „Bildung für Alle" — zur Thal werden, der deutsche Buchhandel seiner Sendung als Träger der Wissenschaft u. Kultur auf die würdigste Weise genügt haben wird, — und dies Al les ohne seinem meckantilischen Interesse geschadet zu haben. Der Michaclismcßkatalog bringt diesmal 4192 als „erschienene Werke" angekündigte Titel, bei denen Politik immer noch das Lieblingsthema bildet und oft die wun derlichsten Erzeugnisse zu Tage gefördert hat. Die Grundrechte, die alte und die neue (Dreikönigs-) Reichsvecfassung, sowie die neue preu ßische Verfassung, die Wechselordnung, die Zustände in Schleswig- Holstein, Ungarn und Baden haben vorzugsweise den Stoff hcrgebcn müssen, und so haben wir denn 36 Entwürfe verschiedener neuer Ge setze, 8 Ausgaben und 14 Besprechungen der Grundrechte, 31 Ausga ben der Reichsvecfassung mit 57 verschiedenen Bcochücen darüber, 16 Ausgaben der Wechselordnung mit und ohne Erläuterungen u. dgl- m. Von Allem scheint „Laube, das deutsche Parlament, 3 Bde.", das geistreichste und treffendste zu sein. Im Uebrigen zersplittert sich das Erschienene, doch halten wir es für ein gutes Zeichen der Zeit, daß sich wieder mehrere neue Kochbücher darunter befinden, an die in dem letzten Jahre Niemand dachte, und die wenigstens beweisen, daß man wieder an etwas Genießbares denkt und Geschmack daran findet. Von „künftig erscheinenden" sind 168 Titel angezeigt, unter de nen wir viel Interessantes, dem Reiche der Wissenschaft Angehöriges bemerkt haben und hier nur auf Brugsch, Heinr-, Sammlung ägypt.-demotischec Schriftdenkmäler. — 6o6ex nuncliusriu» Korm-mise literstoe (Ostermesse 1847 lag schon ein Probeheft dieses merkwürdi gen Werkes auf der Ausstellung in der Buchhändlerbörse aus). — Grimm, Brüder, deutsches Wörterbuch, 6—7 Bände. — lustini- ani vkllgcrl ex suotoritste. Kss. es. 6.6. lieimbseli. — Kölliker, Albr., allgemeine Anatomie. 2 Bde. mit gegen 300 Holzschnitten. — lilslisblwr-iti,. in kritischer, vollständiger Uebersetzung, von Th. Goldst Ücker. — Müller, Joh., Grundriß der Physik und Meteorologie. 2. Verb. Aust, mit 541 in den Text gedr. Halzschn. — Listiji Sopliia. Koptischer Text nebst lateinischer Uebersetzung von LI. G. Schwache. — Schleiden, P. M , und E. E. Schmid, Encyklopädie der gesummten Naturwissenschaften in ihrer Anwendung auf die Landwirthschaft. — Vsnäiclaä 8c><io. Nach der pariser u. bom- bayer Handschrift herausg. v. vr. H. BrockhauS. — Wachsmuth, W., allgemeine Eulturgeschichte; 2 Bde. — aufmerksam machen. Lptraeplov. Die Zcitungöpresse i» Rußland. In einem Lande, dessen politisches Leben erst seit kaum 100 Jahren begonnen, dessen Bevölkerung die Jahre der Kindheit nicht lange überschritten hat und noch so viele rohe Elemente in sich schließt, kann die Zeitungs-Presse nicht die sein, welche sie in politisch reisen, vielleicht überreifen Ländern ist. Daher darf es nicht auffallen, wenn die in Rußland erscheinenden Zeitungen einen ausländischen Leser unbe friedigt lassen, mögen dieselben in deutscher oder in russischer Sprache abgefaßt sein. Was erstere anbetrifft, so müssen sich dieselben auf eine kurzgefaßte Wiedergabe der aus fremden Blättern, namentlich dem Preußischen Staats-Anzeiger, geschöpften reinen Fakta, mutstis mu- lsnsjs, beschränken; Tages-Ereignisse und Lokal-Verhältnisse dürfen nur im Sinne der russischen ofsiciellen Blätter besprochen werden; publi zistische Arbeiten, in der eigentlichen Bedeutung des Wortes, werden gänzlich vermißt und Feuilleton-Artikel, für die übrigens beinahe nur in der Petersburgischen Zeitung Platz gefunden wird, erheben sich selten zu einer gewissen Selbstständigkeit, sondern bestehen meist in Ueber- setzungen aus neueren russischen Schriften, welche übrigens für die Mehrzahl der Leser gewiß mehr Interesse bieten, als viele aus der Feder gewisser in Rußland lebender deutscher Literaten geflossene Aufsätze. Die „Deutsche St. petersburgische Zeitung," welche das Eigen thum der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg und deren Redaktion jetzt dem vr. Schmalz, einem hier als Lehrer der Landwirthschaft fungirenden preußischen Juristen, anvertraut ist, ist das älteste der in Rußland bestehenden deutschen Journale, denn sie hat jetzt schon den 123. Jahrgang erlebt. Die Zahl der zur V«thei- lung kommenden gedruckten Exemplare beläuft sich auf 500, von denen über 100 unentgeltlich ausgegeben werden. Dieses Blatt wird sich, trotz aller Begünstigungen, die es genießt, schwerlich jemals heben kön nen, da einerseits die Mehrzabl der in Petersburg lebenden Deutschen die ausländischen Zeitungen direkt bezieht und auf diese Weise die Nach richten einen Tag früher erhält als durch genannte Zeitung, und da andererseits das deutsche Publikum in den Ostsee-Provinzen, welches gegen drei Millionen Menschen umfaßt, sich gewiß nicht entschließen wird, die politischen Neuigkeiten aus St. Petersburg zu erwarten, wo dieselben, der abgelegenen Lage halber, erst später ankommen wie an allen anderen Orlen. Der jährliche Pränumerations-Preis beträgt 10 Silber-Rubel. In Dorpat, dem Sitze einer Universität, wo bis vor wenigen Jahren nur deutsch gesprochen wurde, erscheinen zwei deutsche Zeitun gen: die „Dörplsche Zeitung," 3mal wöchentlich, rein politischen In halts mit ziemlich vollständigen und zuverlässigen Nachrichten; Abonne ments-Preis 8Vs Rbl. Silb. jährlich, und „dasJnland," eine Wochen schrift für Liv-, Ehst- und Kurlands Geschichte, Geographie, Statistik und Literatur. Dieses Blatt, welches seit 14 Jahren besteht, ist unstrei tig dasjenige, welches für ausländische Leser das meiste Interesse bieten dürfte, weil dasselbe nicht allein über deutsches Wesen und deutsche Kultur in Rußland die meisten Aufschlüsse gibt, sondern auch manche wissenswerlhe Notizen über den Bildungsgang des letzteren enthält. Pränumerations-Preis 6 Rbl. Silb. Die Abonnenten-Zahl beider Blätter erreicht nicht die der Petersburgischen Zeitung. Riga, die größte Handelsstadt in den Ostsee-Provinzen, zählt ebenfalls zwei deutscheZeitungen; die eine, „die rigascheZeitung," trägt mehr einen offiziellen Charakter; Pränumerations-Preis 7 Rbl. Silb. jährlich, die andere, der „Zuschauer," welcher jetzt seit 43 Jahren besteht, 165»