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172, 26. Juli 1S12. Nichtamtlicher Teil. vörfenbiatt fi b. Dlschn. Buchhandel. 8773 zahlen »ästhetisch minderwertiger» Bücher. Das »Literarische Echo- veröffentlicht alljährlich eine Zusammenstellung der jenigen Werke, die im Berichtsjahr bei den großen Büchereien die begetirtesten waren. Selbstverständlich spiegelt sich in diesen Listen das Auf und Ab literarischer Modeströmungen wider, aber es ist bezeichnenderweise noch niemals einem Produkt der nebelhaft umgrenzten Schundliteratur gelungen, an die Spitze oder auch nur mit an die Spitze zu kommen. Gerade in den letzten Jahren hat sich infolge der Aufklärungsarbeit, die nicht zum geringsten Teil vom Dürerbund und vom Kunstwart geleistet wird, beim Lese zirkelpublikum eine erfreuliche Geschmacksentwicklung deutlich bemerkbar gemacht. Ein Schriftsteller, der wirkliche Werre darzubieten hat. setzt sich heutzutage viel leichter durch als früher — ich erinnere an die Handel-Mazzerti, an Bartsch und Schönherr —, nicht trotz der Leihanstalten, sondern größtenteils mit ihrer Hilfe. Selbstverständlich berühren diese Tatsachen den alten Unfug nicht, daß manch einer, dem es seine Mittel wohl erlauben würden, ein Buch zu kaufen, vorurteilsfrei genug ist, die Bibliotheken zu beglücken. Man darf aber die Einbuße, die der Buchabsatz durch diese edlen »Zaungäste der Literatur», wie Avenarius sie nennt, erfährt, nicht überschätzen. Unter den fünfzig Bibliothekkunden, die irgend eine Novität begehren, mögen vier oder fünf sein, die besser täten, für ihr gutes Geld das betreffende Werk erb- und eigentümlich zu erwerben. Wird aber ein Leihinstilut sich mit vier oder fünf Exemplaren bescheiden können, wenn fünfzig ungeduldige Herrschaften der neuen Lektüre harren? Ich plaudere wohl nicht aus der Schule, wenn ich erwähne, daß vor zehn Jahren schon eine große Berliner Leihanstalt von Frenssens »Jörn Uhl» mehr als 2000 Exemplare anschaffen mußte, um den Wünschen ihrer Kundschaft gerecht werden zu können. Noch mehr: ist es nicht leicht möglich, daß von meinen fünfzig Lesern mindestens zwei noch das Buch erstehen, wenn sie an seiner Lektüre Gefallen gesunden haben? Nach allem scheint mir die Anklage, unsere Bücher - Leihaustalten fügten den Autoren materiellen Schaden zu, wenig stichhaltig zu sein. Herr Sommer will dann auch »alle Staats- und städtischen, sowie die von gemeinnützigen Vereinen begründeten und unterhaltenen Bibliotheken» von der Steuer freilossen. Das ist vielleicht nicht ganz gerecht und birgt jedenfalls eine Gefahr in sich, auf die ich im letzten Absatz noch Hin weisen werde. Der Vorwurf direkter Schädigung unserer Kultur, den Herr Sommer den Prioai-Leihbibliotheken macht, sollte wohl die öffentlichen Anstalten nicht treffen können weil sie ästhetisch minderwertige Literatur von vornherein auszuschließen haben. Aber wie steht es denn mit dem sogenannten indirekten Schaden, der ja auch ein Grund für die erstrebte Steuerpönalität ist? In welcher Weise unter scheiden sich denn alle diejenigen, die tagaus, tagein aus den Volksbibliotheken Bücher entleihen, von denen, die beim Buchhändler allzu oft die entliehenen Bände Umtauschen? Ich denke, die Verführung zum Viellesen bietet sich bei den Volksbibliotheken in gleichem, wenn nicht in höherem Grade, als bei den geschäftlichen Betrieben. Schließlich: wer bequemt sich bei unserer Sleuermüdigkeit leichten Herzens dazu, freiwillig neue Sporteln aus sich zu nehmen, mag der Betrag auch noch so gering sein? Die Folge einer Leihbiblioihekenbesteuerung würde zweifellos zu einer verminderten Frequenz der Büchereien führen. Wir Buchhändler würden uns solcher Konsequenz aus geschäft lichen und auch aus idealen Gründen freuen, falls sie zu fleißigerem Bücherkaufen führen würde; wir sind aber nicht Optimisten genug, an solche rosasarbene Zukunst zu glauben. Wozu gibt es denn die Volksbibliotheken? Wer sich heute noch schämt, Bildungsquellen zu benutzen, die den ganz Ver- Börscnblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. mögenslosen fließen sollen, wird sich wohl solcher Scham enthalten, wenn das Bücherleihen beim Institut erst be steuert sein wird: Die steuerfreien Volksbibliotheken werden bestürmt werden, und ein ehrenhafter Zweig des Buch handels hat die Zeche zu zahlen. Kleine Mitteilungen. Konkurs Snevkot» >b von «ellhorn, Kiel. — Aus dem Leserkreise wird uns soeben das nachstehende, aus mechanischem Wege vervielfältigte Schriftstück zugestellt: »Rundschreiben an die Gläubiger, welche Eigentum an event. gelieferter Kom missionsware haben. ?. ?. Über das Vermögen des Buch- und Musikalienhändlers G Strube, Inhaber der Firma Gnevkow s von Gellhorn, Kiel ist am 14. Juni das Konkursverfahren eröffnet. Die amtliche Bekannt machung befindet sich auch im Börsenblatt l»gl. Nr. 140. Red.). An meldefrist 27. Juli 1912. Ich teile Ihnen mit, daß das ge samte Lager, auch Kommissionsware, vor Konkurseröffnung von den Hauswirten: Aausleuten Paul Stoltenberg, Kiel, Brunswikerstr. 9, und Hans Stoltenberg in Bremen, vertreten vom Rechtsanwalt vr. Möller II, Kiel, Bergstr., durch den Gerichtsvollzieher Wetzel, Kiel, Gerhardstr. 87, gepfändet wurde und daß die Versteigerung vor der Tür steht. Ich stelle anheim, evtl. Ansprüche auf Freigabe aus der Pfändung postwendend, spätestens aber bis zum 2S. Juli d.J, bei den Hauswirten bzw. beim Gerichtsvollzieher zu stellen und dieselben zu begründen. Hochachtungsvoll Kiel, den 22. Juli 1912. Hans Pichinot, Konkursverwalter der Masse Gnevkow L von Gellhvrn.» Lt. § 43 der Konkursordnung bestimmen sich die Ansprüche auf Aussonderung eines dem Gemeinschuldner nicht gehörigen Gegenstandes aus der Konkursmasse — und dazu gehören die in Kommission gelieferten nicht abgeletzten Bücher — nach den außerhalb des Konkursverfahrens geltenden Gesetzen. In An wendung kommt hier § 98S des BGB.: Der Eigentümer <in diesem Falle also der Verleger) kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. Es ist angezeigt, auch den Konkursverwalter umgehend von der Geltendmachung diesbezügl. Ansprüche in Kenntnis zu setzen. In Österreich verboten. — «Der Roland von Berlin.» Periodische Druckschrift. Verlag vr. L. Leipziger. Verlag des »Roland von Berlin«, Geisbergstraße 2, I. »An das k. u. k. 8. Korpskommando in Prag.« Nicht- periodisch in Prag erschienene Druckschrift. Gedruckt bei »Melantrich», Prag. Selbstverlag. »An das k. u. k. 14. Korpskommando Innsbruck.« Richtperiodisch in Prag erschienene Druckschrift. Gedruckt bei »Melantrich», Prag. Selbstverlag. »An das k. u. k. Reichskriegsministerium in Wien.» Nichtperiodische Druckschrift. Prag 1912. Lroweworia. An Seine Exzellenz den Herrn k. u. k. General der Infanterie und Feldzcugmeistcr Moritz Ritter von Auffenderg, k. u. k. Kriegsminister »sw., Wien. Nichtperiodische Druckschrift. Gedruckt bei »Melantrich«, Prag. Selbstverlag. -Der Gardasee.» Velhagen L Klajing, Bieleseld und Leipzig. 1912. Personalnachrichten. Jubiläum. — Eine der angesehensten und größten Firmen des nordischen Buchhandels, C. E. Fritze's kgl. Hofbuchhand, lung in Stockholm, konnte am 1. Juli, wie wir erst jetzt erfahren, auf ein 75jähriges Bestehen zurückblicken. Obwohl der Jubiläumstag in aller Stille und nur im engsten Kreise gefeiert wurde, brachten doch alle größeren Tageszeitungen Stockholms anläßlich des Jubiläums Artikel, in denen die mit 1144