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8772 MrleMatt f. d. Dtsch». «u-Mnbcl. Nichtamtlicher Teil. 172, 26. Juli 1312. Bei der Gründung von Ortsvereinen, die natürlich im Rahmen des Kreisoereins sich vollziehen soll, ist wohl weniger an eigentliche Vereine, wie an lose Bereinigungen gedacht, die allerdings wesentliche wirtschaftliche Vorteile für ihre Mit glieder erreichen könnten, ganz abgesehen von dem großen Vorzug, den ein persönliches Kennenlernen für eine bessere Verständigung der Orlskollegen bietet. Es sei nur auf die Vorteile des gemeinsamen Vorgehens, event. auch des gemein samen Bezugs beim Schulbüchergeschäft, Erhebung des Be stellgeldes, Zusammenschluß der Journalzirkelbesitzer, gemein same Offerte bei Vergebung größerer Lieferungen, Aufstellung der neuen Bücher-Automaten, erinnert. Vielleicht treten die Herren Bautzener, Plauener, Zittauer oder Zwickauer Kollegen der Sache einmal näher. Außerhalb der Tagesordnung fand am Schluß der Ver sammlung auch eins Besprechung mit den Vertretern des Baisortiments auf deren Wunsch statt. Die neuen unter etwas eigenartigen Formen dekretierten Bezugsbedingungen des Barsortiments hatten die Unzufriedenheit des gesamten Sortiments erregt. Nach lebhafter Debatte wurde die Ein setzung einer vertraulichen Kommission beschlossen, und dieser ist es dann auch gelungen, die Angelegenheit zur Zufrieden heit beider Teile zu erledigen. Die diesjährigen Kantate-Verhandlungen standen im Zeichen der Börsenblatt-Reform. Sie soll dem Börsenblatt eine bessere Übersichtlichkeit, dem Börsenverein eine größere Einnahme schaffen; möge in beiden Fällen die Reform nicht versagen! Dem Sortimenter aber, der schon bisher gewöhnt war, sein Börsenblatt täglich durch die Post zu erhalten, bringt sie eine wesentliche Spesenersparnis, dem aber, der seine Börsenblätter nur ein- oder mehrmals wöchentlich im Ballen erhält, bringt sie es nun täglich gegen eine kaum nennenswerte Spesenerhöhung. Die lebhaftesten Bedenken bei den Reformen richteten sich gegen den gerade für den Sortimenter vorteilhaften Postbezug, in der Befürchtung, daß hierunter die Sekretierung des Börsenblattes leiden möchte und dadurch der Schleuderei wieder die Tore geöffnet würden. Durch einen hohen ProhibitivpreiS hofft man dieses zu ver hindern. In der Abgeordneten-Versammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsoereine wiederholte sich der vorjährige An trag des Vorstandes aus Erhöhung des Jahresbeitrages von 2 auf 3 Wir haben unfern Standpunkt dahin ver treten, daß wir einer Erhöhung nicht zustimmen können, so lange Berlin und Leipzig nur wenig über 2 ^ pro Mitglied, Wien sogar nur ca. 30 H Beitrag bezahlt. Braucht der Verband eine Erhöhung der Beiträge, so sind wir die letzten, die sie ihm verweigern, nur widerstrebt es uns, daß für Berlin und Leipzig eine Extrawurst gebraten werden soll. Aus diesem Grunde bedauern wir auch, daß eine Beitrags erhöhung um 50 H beschlossen ist, ohne Berlin, Leipzig und Österreich') die gleichen Pflichten aufzuerlegen. Meine Bitte an die Herren Kollegen im letzten Jahres bericht dem Vorstande im Frühjahr einen kurzen Be richt über den Geschäftsgang im verflossenen Jahre zu geben, ist leider ohne Erfolg geblieben. Ich muß daher auch, um nicht nur rein Persönliches zu bieten, darauf verzichten, aus die allgemeine Geschäftslage einzugehen. Ich möchte aber meine Bitte vom Vorjahre dringend wiederholen. Ich bin am Ende meines Berichtes und habe nur noch den Herren Vorstandskollegen für ihre treue Mitarbeit herzlich zu danken. Möge auch das neue Geschäftsjahr unserem Verbände zum Heil gereichen I Albert Diederich. ') Vgl. hierzu die Erklärung des Herrn Heinrich Tachauer- Wien lBbl. ISIS, S. 7I5«j. Red. Leihbibliotheksteuern? Von W. Sacken. Der Kunstwart, dessen Leitung für die Angelegenheiten unseres Handels immer Interesse und freundliches Ver ständnis bewiesen hat, bringt im ersten Augustheft einen Rundschaubeitrag aus Buchhändlerkreisen über die Leih bibliothekenfrage. Der Versasser, Herr Walter Sommer, schlägt darin vor, die Prioat-Leihbibliothekcn, die allein auf Geschäftsgewinn ausgehen, sollten fortan eine Steuer bezahlen, eine Steuer, die sie auf ihr Lesepublikum abwälzen müßten. Jeder Abonnent sollte gehalten sein, außer der Lesegebühr pro Band und Woche noch einen kleinen Steuerbetrug zu entrichten. Aus der Steuersumme — der Verfasser des kleinen Artikels rechnet mit einem jährlichen Mindestbetrag von 120 000 — sollte dann eine Stiftung für die Autoren begründet werden. Herr Sommer ist auf die Leihanstalten sehr schlecht zu sprechen. Er ist der Meinung, daß sie direkt und indirekt unserer Kulturbewegung entgegenarbeiten; direkt dadurch, daß sie in der Hauptsache ästhetisch minderwertige Literatur ver breiteten, und indirekt dadurch, daß sie zum Viellesen ver führten. »Der Benutzer einer Privat-Bibliothek», sagt Herr Sommer, »wird meist ein flüchtig von Seite zu Seite hastender Leser sein«. Von solchen Gesichtspunkten betrachtet, stellt die vorgeschlagene Steuer also eine Sühne für die Schädigungen dar, die die Büchereien verursachen. Daß sie gerade den Autoren zugute kommen soll, begründet der Mitarbeiter des Kunstwarts mit der Behauptung, daß die Leihbibliotheken in erster Linie unsere Schriftsteller schädigten. Herrn SommerS Vorschlag ist, denke ich, wichtig genug, ihn im Börsenblatt zur Debatte zu stellen. Ich bin zu nächst der bescheidenen Meinung, daß sich gegen manche Punkte seiner Begründung allerlei einwenden läßt, und will mir erlauben, meine Bedenken in einigen Worten nieder zulegen. Es fragt sich zunächst, ob Herr Sommer recht hat, wenn er behauptet, unsere Leihbüchereien propagierten, weil bei ihnen die Nachfrage das Angebot regeln müsse, in der Mehrzahl ästhetisch minderwertige Lektüre. Ich will jetzt und auch im Folgenden bei meiner Erörterung Berliner Verhältnisse zugrunde legen, weil sie mir aus der Praxis vertraut sind. Daß sie für das ganze Reich maßgebend seien, nehme ich nicht an; daß sie aber den Verhältnissen an andern Orten allzu unähnlich sein sollten, glaube ich noch weniger. Das Leihbibliothekswesen ist zudem in Berlin so stark entwickelt, daß Berliner Büchereien in jedem Falle gewichtige Faktoren des Ganzen darstellen. Mehr als die Hälfte aller Benutzer von Privat-Bibliotheken ist in Berlin bei einem von den drei oder vier großen Instituten abonniert (von denen, notabene, mindestens eins der Buchabteilung eines Kaufhauses angegliedert ist). Die Kataloge dieser großen Institute enthalten schlechthin alles, was als gute oder minderwertige Lektüre überhaupt in Betracht kommt; die Auswahl liegt nur beim Abonnenten. Nicht die Nachfrage seitens des Publikums bestimmt für das Angebot, sondern säst immer der Name des Autors oder, falls ein unbekannter Schriftsteller in Frage kommt, der Name des Verlegers. Daneben kommt nur noch, weil das Leihinstitut ein kauf männisches Unternehmen ist, die mehr oder minder günstige Rabattierung in Betracht. In welcher Weise die Leihanstalten den Autoren Schaden zufügen sollten, ist mir unerfindlich. Mit der wachsenden Bedeutung der Leihbibliotheken sind die Auflagenzahlen bei Werken erzählender Literatur rapide größer geworden und dadurch natürlich auch die Honorare, die fast immer pro Auflage bemessen und gezahlt werden. Nicht nur die Auflagen-