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108. 11. Mai 1908. Nichtamtlicher Teil. «»rseiMLttd. Dtschn. «Uchhandcl. 5257 als wahrscheinlich alle Bundesratsmitglieder zusammengenommen. Den Berliner Bankiers mag das 3 Stück unbequem sein, aber das ist nicht ausschlaggebend. Ein handliches 5 ^k-Stück hat man bisher überhaupt nicht herzustellen gewußt. Welche Regierungen haben dafür und welche dagegen gestimmt? Die Stimmen müssen auch gewogen werden. Nehmen Sie daS 3 ^k-Stück auch jetzt wieder an, wie wir es in zweiter Lesung angenommen haben! Abgeordneter Kirsch (Zentr.): Der Staatssekretär weiß sonst auch stärkere Töne anzuschlagen, in diesem Fall hat er aber nicht erklärt, daß die Vorlage für die Regierung unannehmbar sei, und deshalb bitte ich, es bei den Beschlüssen der zweiten Lesung zu belasten. Abgeordneter Raab (wirtsch. Vgg): Der Bundesrat erkennt kein Bedürfnis für das 3 ^L-Stück an; wir sind im Reichstag dazu da, die Erkenntnis des Bundesrats zu ergänzen. Wenn wir als Männer der Praxis ein Bedürfnis anerkennen, so wird der Bundesrat uns dafür dankbar sein müssen, wenn wir seine nur auf stückweiser Erkenntnis beruhende Anschauung berichtigen. Der Bundesrat wünscht keine weitere Stückelung in den Münzen, schlägt uns aber selbst das 25 H-Stück vor, das von einer viel kleineren Minderheit verlangt wird. Erwidern Sie den Gruß des Bundesrats mit der gleichen Freundlichkeit und bleiben Sie bei dem Votum der zweiten Lesung! Inzwischen ist ein Antrag der Abgeordneten Or. Ablaß (fr. Volksp) und Genossen eingegangen, die Vorlage nach den Be schlüssen der Kommission wieder herzustellen, also daS Dreimark stück zu streichen. Abgeordneter Ledebour (Soz.) sprach kurz gegen den Be schluß zweiter Lesung, war aber nur schwer durch den Lärm hin durch zu hören. Er bemerkte u. a., daß seine Partei einmal in der angenehmen Lage sei, mit der Mehrheit des BundeSratS übereinstimmen zu können. Abgeordneter Graf Kanitz (d.-kons.): Ich will dem Vor redner das angenehme Gefühl, mit der Mehrheit des Bundesrats übereinzustimmen, nicht schmälern. Ich erkläre nur, daß wir ge mäß den Ausführungen des Abgeordneten von Gamp für die Aufrechterhaltung des Beschlusses zweiter Lesung sind und gegen den Antrag Ablaß stimmen werden. Wenn die Vorlage daran scheitert, so werden wir die Verantwortung den verbündeten Re gierungen überlassen. Ich beantrage die namentliche Abstimmung. Während der Ausführungen der folgenden beiden Redner dauerte unausgesetzt die laute Unterhaltung und der Lärm im ganzen Saale fort, so daß nur wenige Worte von den Rednern zu verstehen waren; auch der Präsident Graf zu Stolberg bemühte sich vergeblich, mit der Glocke einigermaßen Ruhe zu schaffen. Abgeordneter vr. Goller (fr. Volksp.) erwiderte dem Ab geordneten Gamp, daß dieser doch nicht die Beziehungen zu industriellen Kreisen zu haben scheine, deren er sich gerühmt habe, und verwies auf das Votum der Handelskammer von Bayreuth gegen das Dreimarkstück. Abgeordneter Dove (fr. Vgg.) bemerkte, daß es sich nur um die alten bimetallistischen Wünsche handle, und empfahl den Antrag Ablaß. Damit schloß die Diskussion. Die namentliche Abstimmung über den Antrag Ablaß vollzog sich unter fortdauerndem Lärm. Die Streichung des Dreimarkstücks wurde mit 178 gegen 94 Stimmen abgelehnt. Das Ergebnis wurde von der Mehrheit mit demonstrativem Jubel ausgenommen; auch im übrigen wurde die Vorlage im einzelnen und darauf im ganzen nach dem Be schlüsse zweiter Lesung angenommen. *Ein« Änderung im dänischen Urheberrecht zum Schutze der dänischen Kunsttndustrie. (Vgl. Börsenblatt 1907, Nr. 262 u. 283.) — Der Gesetzentwurf über Abänderung des § 24 des dänischen Gesetzes über Verfasser- und Künstlerrecht vom 29. März 1904 hat unter dem 28. Februar d. I. Gesetzeskraft erlangt und ist in der lwvtiäonä veröffentlicht worden. Das Gesetz lautet etwas anders als der Entwurf. An die Stelle des zweiten Satzes im ersten Absätze des tz 24 treten die folgenden Bestimmungen: Zu Kunstwerken im Sinne dieses Gesetzes werden auch ge rechnet originale künstlerische Arbeiten, die zu Vorbildern für die Börsenblatt für den Deutschen Buckhandel. 7S. Jahrgang. Kunstindustrie oder das Kunsthandwerk bestimmt sind, sowie die auf deren Grundlage hervorgebrachten Gegenstände, einerlei, ob sie einzeln oder in größerer Menge hergestellt werden. Das in dem Gesetze gewährleistete Recht gilt für alle Arten der Nachbildung, sowohl für solche, die eine hinzukommende künstle rische Wirksamkeit voraussetzen, als auch für solche, die auf rein mechanischem oder chemischem Wege geschehen; ebenso ist es einerlei, ob die Nachbildung vorgenommen wird zu rein künstlerischen Zwecken oder zu industriellen Zwecken oder um zum praktischen Gebrauch zu dienen. (Nach einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Kopenhagen.) * Verein Leipziger vuchdruSereibefitzrr. — Dieser Be zirksverein des Deutschen Buchdruckeroereins hielt kürzlich im Sachsenzimmer des Deutschen Buchgewerbehauses seine erste dies jährige ordentliche Hauptversammlung ab. AuS dem vom Vorsitzenden Herrn E. Haberland erstatteten Bericht über die Tätigkeit deS Vereins in den letzten zwei Jahren ist folgendes hervorzuheben: Die Durchführung der Bezirksvereins-Organisation im Deutschen Buchdruckeroerein habe auch für Leipzig die Folge gehabt, daß die Zwangsinnung aufgelöst und, wie früher, ein Verein Leipziger Buchdruckereibesitzer errichtet worden sei, der das nicht unbedeutende Vermögen und die Einrichtungen der Innung, insbesondere der Buchdruckerlehranstalt, übernommen habe. Die Einführung des neuen Lohntarifs habe sich in Leipzig ohne besondere Schwierigkeiten vollzogen, und auch die infolgedessen notwendig gewordene Erhöhung der Druckpreise sei im wesentlichen be friedigend von statten gegangen. Im Anschluß an die tariflichen Vereinbarungen mit den Gehilfen seien auch die Arbeits- und Lohnverhältnisse des Hilfspersonals in den Leipziger Buch- Stein-, Licht- und Notendruckereien durch Festsetzung eines Tarifs, für den dieselbe Gültigkeitsdauer wie für den Buchdruckertarif festgesetzt worden sei, geregelt, und im Deutschen Buchgewerbe hause sei ein gemeinsamer Arbeitsnachweis für das Hilfspersonal errichtet worden. Die Versammelten genehmigten den Rechen schaftsbericht, sie erhöhten das Gehalt des Direktors der Fach schule um etwa 300 und nahmen schließlich die Berichte über die Neubildung des Ehren- und Schiedsgerichts und über die Einrichtung der Berechnungsstelle für den Buchdruckpreistarif entgegen. (Leipz. Neueste Nachr.) Wer tst Veranstalter einer musikalische« Auf führung? Entscheidung des Reichsgerichts. (Nach druck verboten.) — Eine für Komponisten sowohl als für Konzerthausinhaber usw. wichtige Entscheidung fällte am 8. Mai der 4. Strafsenat des Reichsgerichts. Vom Landgerichte Eisenach sind am 3. Januar wegen Vergehens gegen das Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst vom 19. Juni 1901 der Architekt Lorenz Freitag zu 200 und der Kapellmeister Müller zu 10 ^ Geldstrafe verurteilt worden, der erstere außerdem zur Zahlung einer Buße von 400 an die Genossenschaft ver deutschen Tonsetzer. Die Terrain- und Bau gesellschaft in Eisenach ist verpflichtet, das Hotel Fürstenhof als Kurhaus herzugeben und eine Kapelle zu halten. Die beiden Direktoren der Gesellschaft, deren einer Freitag ist, engagierten Müller als Kapellmeister für die Konzerte und Bälle der Reunion. Mit der Genossenschaft deutscher Tonsetzer sollte Müller in Ver bindung treten zur Freigabe der älteren Stücke. Die Genosten schaft antwortete aber, daß sie nur mit der Terrain- und Ball gesellschaft den Vertrag schließen könne. Der Angeklagte Freitag lehnte es aber brieflich ab, mit der Genossenschaft zu verhandeln, da dies Müllers Sache sei. Die Genossenschaft erklärte aber, daß sie Müller nicht die Genehmigung zur Aufführung ihrer Stücke geben werde. Auch in einem Briefe an Freitag erklärte die Genosten schaft dies. Freitag ließ aber durch Müller die Konzerte aus führen, deren Charakter er vorher bestimmte, z. B. ob ein Wagner- Konzert usw. gegeben werden sollte. Dabei wurde stets eine große Anzahl geschützter Musikwerke mit aufgeführt. Freitag kümmerte sich nicht darum, ob die Werke geschützt waren, aber er wollte die Ausführung ohne Rücksicht auf ihren Schutz. Geschützt aber sind ja die Stücke fast aller beliebten Komponisten. Freitag, sagt das Urteil, ist gleich Müller als Aufführender anzusehen, da er die Aufführung ermöglicht hat. — Gegen das Urteil hatte nur 683