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7484 vürlenblatl f. d. Dtschu. Vuchhaubel. Redaktioneller Teil. 254, 30. Oktober 1923. bert Voigtländer schilderte die Lage des von ihm geschaffe- nen Instituts und ermahnte zu Maßnahmen für die Sicherung seines Fortbestehens. Di« Meinung der Versammlung ging Wohl dahin, daß die BAG für den Buchhandel zwar von allergrößtem Wert sei, daß sie aber doch nur erhalten werden könne, wenn es ge länge, sie auf wertbeständigen Verkehr umzustellen. Das Problem, ob dies durch Gründung oder Angliederung einer entsprechenden Bank zu erreichen wäre, wurde jedoch nicht erörtert. Man unter ließ es überhaupt, einen besonderen Beschluß zu fassen, überließ vielmehr die Entscheidung der für den nächsten Tag anberaumtew Generalversammlung der BAG. Punkt 3 der Tagesordnung gab Herrn Hofrat Linnemannals Schatzmeister des Börsenvereins Gelegenheit, an die versammelten Vertreter die dringende Mahnung zu richten, in ihren Kreisen für promptere Zahlung der Mitglieds und Betriebs beiträge einzutreten, da andernfalls der Börsenverein seine Aufgaben nicht zu erfüllen vermöge und in Schwierigkeiten zu geraten drohe. Die Versammlung stimmte zu, daß säumigen Zahlern gegenüber zu schärferen Maßnahmen ge griffen werden müßte. Das Referat des Herrn Nitschmann zum Spesenzuschlag des Sortiments wurde mit Zustimmung der Versammlung von der Tagesordnung abgesetzt. Die Frage schien nicht so bren nend, daß eine Behandlung unbedingt erforderlich gewesen wäre. Auch war die Zeit schon sehr weit fortgeschritten. Man schloß da her die Verhandlungen mit dem Punkt 5 der Tagesordnung, der durch ein Referat des Herrn vr. von Löwis of Menar von der Deutschen Gesellschaft für Auslmrdsbuchhandel über- die Gründung einer besonderen Werbe stelle eingeleitet wurde. Die Aussprache zeigte, daß man trotz mancher entgegen stehenden Schwierigkeiten diese Frage doch für wichtig genug hielt, um sofort wenigstens einen Versuch der Verwirklichung der ge machte» Anregungen zu unternehmen. Der Vorstand des Börsen- vereins hat demgemäß, der Ansicht der Versammlung beitretend, einen besonderen Ausschuß einzusetzen beschlossen, der die Werbe- fragen weiter bearbeiten soll und, sobald er sich darüber schlüssig geworden ist, wohl mit einem Programm an die Öffentlichkeit treten dürfte. vr. Menz. Goldlöhne. Von Di. Kurt Runge, Syndikus des Arbeitgeber-Verbandes der Deutsche» Buchhändler. Die Frage der wertbeständigen Löhne ist in ein neues Stadium getreten: der Übergang zum Goldlohn soll voll zogen werden. Die Reichsregierung hat durch Notverordnung die industriellen Werke, die eine für die Herausgabe wertbeständiger Zah lungsmittel geeignete Sicherheit bieten könne», ermächtigt, auf Antrag wertbeständiges Notgeld auszugeben, damit möglichst bald ein Teil des Lohnes wertbeständig gezahlt werden kann. Gleichzeitig wird die kleingestiickclte Goldanleihe in Höhe von LM Millionen Goldmark herausgegeben, die in erster Linie den Zwecken der Ent lohnung und des Kleinverkehrs im Einzelhandel dienen soll. Daß die Entwicklung in dieser Richtung laufen würde, stand ja von vorn herein zu erwarten, da die Wertbeständigmachung der Löhne und Gehälter durch tarifliche Festlegung von Grundlohn und Multipli kator sReichsrichtzahl und andere Jndices) lediglich zu einem Gold- rechnungslohn, nicht aber zu einem wirklichen Goldlohn führen konnte. Dieser ist nur dort durchführbar, wo die nötigen wertbeständigen Zahlungsmittel zur Verfügung stehen. Es ist außerordentlich wichtig, diesen Unterschied von Goldrcch- nung und Goldzahlung immer wieder zu betonen, da nament lich bei Tarifverhandluuge» hierüber oft nicht die genügende Klar heit herrscht. Der Übergang zum Goldrechnungslohn wird sich wohl in allernächster Zeit vollziehen, denn die Arbeitnehmer sind von der Unzulänglichkeit der Reichsrichtzahl als Multiplikator gegenüber der Preisstellung in Goldmark durchdrungen. Wenn also z. B. im, Leip ziger Buchbindereigcwerbe ein Stundenlohn von 2S Goldpsennig ver einbart worden ist, so bedeutet dies noch keineswegs eine Goldzahlung, sondern nur eine Goldrechnung unter Zugrundelegung des nach dem Dollarkurs sich berechnenden Goldmarlkurfes. Immerhin ist auch bei der tariflichen Festlegung dieser Art von Goldlohn äusterstc Vor sicht am Platze. Der Kamps um den Grundlohn wird dabei vor aussichtlich aus der ganzen Linie entbrennen. Daher ist es durchaus angebracht, in breitester Öffentlichkeit die wesentlichsten Gesichtspunkte zu erörtern, die beachtet werde» müssen, wenn nicht mit dem Über gang zur Goldmarkcntlohnuug neue und schwere Gefahren für Volk und Wirtschaft heraufbeschworcn werden sollen. Nur wenn die Arbeit nehmer, und vor allem die Gewerkschaften, in diesem für den Bestand von Reich und Wirtschaft überaus kritischen Zeitpunkte volles Ver ständnis sür diese Gesichtspunkte haben, kann der Übergang zum Gold- lohu die von der Arbeitnehmerschaft ersehnte Befreiung aus schwerer Notlage der Verwirklichung näherbringcn. Da die deutsche Wirtschaft nur noch über geringe Goldbestände verfügt, ist die Vereinbarung einer richtigen und wirtschaft lich tragbaren Lohnhöhe von entscheidender Bedeutung. Nur wenn cs gelingt, Produktion und Export zu steigern, können dem Wirtschaftsleben neue Goldwerte zugesllhrt werden. Hauptbedingung dasllr aber ist, daß wir dem Ausland gegenüber konkurrenzfähig bleiben und verlorengegangene Absatzgebiete zurllckgcwinnen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn das deutsche Lohnniveau unter dem des Auslandes liegt. Diese Notwendigkeit ist um so größer, als die deutsche Wirtschaft bei der Kalkulation durch die in der mannigfachsten Form sich auswirkeudc» Ncparationslasten gegenüber dem Ausland erheblich vorbelastet ist. Die ungeheure Ver armung unseres Volkes, die jetzt, da der Papiermarkschleier endlich zu zerreißen beginnt, jedem Auge sichtbar wird, zwingt jeden Volks genossen, sich mit einem Bruchteil seines Vorkriegscinkommens zu begnügen. Dies gilt in gleicher Weise für Arbeitgeber wie Arbeit nehmer. Eine Einschränkung des Verbrauchs ist^ganz unvermeidlich, und es ist ein Unding, nach einem verlorenen Kriege die gleiche Lebens haltung wie vordem zu beanspruchen. Hinzukommt, baß der Rück gang der deutschen Produktion, der etwa aus zwei Drittel des Vorkriegsstandes geschätzt wird, den Ncallohn hcrabdrücken muß. Selbst wenn in wertbeständigem Gelds entlohnt werden sollte, könnte der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Neallohn- anteil nicht höher sein, als er der aus den Kops der Bevölkerung sich verteilende» Gütermenge entspricht. Nur P r o d u k t i o n s st e i g e - rung und Produktionsverbilligung und das damit ver bundene Hercinströmen von Goldwerten in unseren ermatteten Wirt schaftskörper können nach und nach eine Steigerung des Neallohncs bewirken. Darum liegt es im eigenen Interesse der Arbeitnehmer, wenn für Goldlohn auch G o l d l e i stu n g, d. h. eine aus der Vor- kriegshöhe stehende zeitliche und persönliche Arbeitsleistung gefordert wird. Der Weg hierzu muß durch das Arbeitszeitgesetz und den Ab bau der Demobilmachungsbestimmungen sreigemacht werden, auch sollte der Staat selbst die Betriebe möglichst wenig mit unproduktiven Aus gaben belasten, führen somit alle Erwägungen mit zwingender Not wendigkeit zu der Erkenntnis, daßderhcutigeGoldlohnaus alle Fälle niedriger sein muß als der Vorkriegs lohn, so ergibt sich als logische Folge, daß die von den Gewerk schaften vielfach geforderte Berücksichtigung des sog. Goldentwer» tuugssaktors in Höhe von etwa 5l)°/o auf den Friedensnominal lohn unter allen Umständen abzulehnen ist. Ganz ab gesehen davon, daß uns ein derartiges Lohnniveau automatisch kon kurrenzunfähig machen würde, läßt sich ein einheitlicher Goldentwcr- tungssaktor aus dem Weltmarkt überhaupt nicht ermitteln. Allerdings sind auch im Ausland die Preise vielfach gestiegen, doch wird dies IN erster Linie durch die amerikanische Goldinslation bedingt. Die Ver einigten Staaten sind mit Gold vollgesogen infolge der durch die euro päischen Verhältnisse sAussall Deutschlands und Rußlands) verur sachten Stockung des Welthandels. In dem Augenblick, wo Amerika seinen Goldllberfluß etwa in Gestalt von Anleihen an Deutschland und Rußland ausströmen läßt, wird der Weltmarkt wieder ein normales Gesicht bekommen und infolgedessen eine allgemeine Senkung des Preisniveaus eintreten. Dann wirb aber auch der Kampf um den Absatz in aller Schärfe einsetzcn, und es ist ein Unding, sich sür diese» entscheidenden Moment künstlich kampfunfähig zu machen. Vielmehr muß zur Aufrechterhaltung der Konkurrenzsähigkeit und zur Durch führung des Preisabbaus schärfste Kalkulation des Lahn au t e i l s gefordert werden, wobei gleichzeitig eine Spannenvergröße- rung zwischen den Löhnen der gelernten und der ungelernten Arbeiter anzustreben ist. Sollen die vorstehenden Gesichtspunkte als Richtlinien sür die Verhandlungen über die Höhe des Goldlohns dienen, so bedarf cs außerdem noch einer kurzen Betrachtung über die Entlohnung in w e r t b e st 8 n b i g e n Z a h l u n gs m i t t e ln. Wie bereits im Bbl. Nr. LW, Seite 7151 ausgeführt, ist für die nächste Zeit nur mit einer verhältnismäßig geringen Menge wertbeständiger Zahlungsmittel, die sür Lohuzahlungszwcckc zu Gebote stehen, zu rechnen. Dies ergibt