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Nichtamtlicher Teil. 8269 ^ 257, 4. November 1899. namentlich auch an die ungeheuren Massen von Büchern, die sich in den Händen der vielen Tausende von Sortiments buchhändlern zerstreut im ganzen Reiche befinden. Nach dem im Buchhandel bestehenden Gebrauche erfährt der Verleger ja erst zur Ostermesse, ob und wie viele jener Bücher, die er mit dem Remissionsrecht an den Sortiments buchhandel hinausgegeben hat, verkauft worden sind und wie viele noch zu seiner Disposition stehen. Die Zumutung, daß die Verleger alle stempelpflichtigen Bücher zurückrufen und an ihrem Sitz abstempeln lassen, ist doch wohl kaum zulässig. Wer aber ist strafbar, wenn von den in den Händen der Sortimentshändler ruhenden stempelpflich tigen Büchern dies oder jenes Exemplar nicht abgestempelt und doch verkauft wird? Um welche Massen es sich hier handelt, kann man sich am besten vergegenwärtigen, wenn man sich allein die Wirkung der Verlängerung der Schutz dauer vorstellt. Sollte sich diese Verlängerung von dreißig ans fünfzig Jahre auch nur auf die Musikalien beziehen, so kann man sich doch denken, welch ungeheure Massen allein hier zur Abstempelung gelangen müssen, denn es würden ja alle in den letzten zwanzig Jahren hergestellten Drucke von den Werken der Tonkunst, die durch Ablauf der bisher geltenden Schutzfrist frei geworden sind, dadurch stempelpflichtig werden! Zu 8 65. Eine nicht minder schwierige Verpflichtung wird den Verlegern in 8 65 auferlegt. Derselbe bestimmt, daß für ein Werk, dessen Schutzfrist durch dieses Gesetz verlängert wird und für das vor dem Inkrafttreten des Gesetzes die ausschließliche Befugnis zur Vervielfältigung und Verbreitung ohne zeitliche Beschränkung einem Verleger übertragen worden ist, dem Verleger die Be fugnis auch nach dem Ablauf der bisherigen Schutzfrist ver bleibt. Dein Urheber soll nach Ablauf der Frist die Hälfte des Reingewinns gebühren. Der Verleger ist verpflichtet, Rechnung zu legen. Die Rechnungslegung und die Gewinn verteilung hat am Schlüsse jedes Jahres zu erfolgen. Nun vergegenwärtige man sich, was für den Verlags buchhandel und besonders für die Musikalienverleger die Ab rechnung über Werke zu bedeuten hat, bezüglich deren schon seit Jahren keine Abrechnung mehr stattgefunden hat, deren Autoren längst gestorben sind, und an denen nur noch der Verleger oder ganz unbekannte Rechtsnachfolger (Erben) interessiert sind. Da wäre die Auszahlung doch nur dann möglich, wen» nachweislich alle Erben die Rechnungslegung anerkannt haben. Fehlt nur einer der Rechtsnachfolger, so kann derselbe später die ganze stattgehabte Gewinnverteilung anfechten und seine Ansprüche an den Verleger nochmals geltend machen. Wer aber bringt die Erben fünfzig Jahre nach dem Tode des Erblassers zusammen, und wie soll es möglich sein, deren einstimmige Gutheißung der Rechnungs legung herbeizuführen? Zum mindesten muß also hier der Verleger durch eine Bestimmung geschützt werden, daß er nur auf Verlangen nachweislich aller Erben zur Abrechnung verpflichtet ist. Habe ich mich im Vorstehenden mit den in dem Gesetz entwurf enthaltenen Bestimmungen, bezüglich deren Ab änderungen wünschenswert und zum Teil unbedingt nötig sind, beschäftigt, so habe ich schließlich noch eine Bestimmung zn reklamieren, die in dem Entwurf nicht enthalten ist. Ich hätte dieselbe schon bei 8 28 zur Sprache bringen können, ziehe es aber vor, sie nachträglich besonders aufzusühren. Es handelt sich um den Schutz der »Läitio xrlnosps«, bei dein es sich fragt, ob und wie derjenige, der ein altes Schriftwerk zuerst herausgegeben hat, gegen Nachdruck zu schützen sei. In dem bayerischen Gesetz vom 28. Juni 1865 StchLundlechMter Jahrgang. war zur allgemeinen Zufriedenheit die »Läitto prinecp» ge schützt, und ebenso war dieser Schutz in den Gesetzesvorschlägen ausgenommen, die von der durch Beschluß der deutschen Bundesversammlung vom 16. Juli 1863 einberufenen Kom mission zur Ausarbeitung eines Entwurfes eines für sämt liche deutsche Bundesstaaten gemeinsamen Urheberrechtsgesetzes entworfen waren. Auch in neuester Zeit haben sich Autoritäten der Wissen schaft für die Aufnahme des Schutzes der »Läitio prwosps« ausgesprochen. So kommt z. B. Birkmeyer in seiner Ab handlung »Der Schutz der Uäitio prinosps« zu dem Schlüsse: »Die Herausgabe eines Insäitum erzeugt für den Herausgeber einen Rechtsschutz gerade so, wie die Schaffung eines Schrift werkes für den Urheber«, und das ist durchaus richtig, wenn man die Summe von Mühen, Arbeit und Erfahrung in Er wägung zieht, die mit der Herausgabe eines alten Schrift werkes verbunden sein kann. Man kann ja über die Dauer des Schutzes der »Uältio prinosps«, die meines Erachtens eine mindestens zehnjährige sein sollte, verschiedener Meinung sein. Jedenfalls aber wird dieser Schutz im Interesse der Wissen schaft und der Aufklärung und ein Akt der Gerechtigkeit sein. München, 16. September 1899. Hans Oldenbourg. Kleine Mitteilungen. Post. — lieber den Inhalt der Konferenzen im Reichspostamt vom 23., 24. und 25. v. M. verlautet folgendes: 1. Die Einführung der Eilbestellung für Sendungen innerhalb des Orts- und Landbestellbezirks der Aufgabepostanstalt, die jetzt von der Post nicht ausgeführt wird, wurde als erwünscht und thunlich bezeichnet. 2. Bezüglich der Vahnhofsbriefe, d. h. solcher Briefe, die gegen Entrichtung einer besonderen Gebühr unmittelbar nach An kunft der Züge dem Empfänger am Bahnhof ausaehändigt werden, war von beteiligter Seite angeregt worden, die Ausgabe, die jetzt außerhalb des Bahnsteiges entweder durch die Bahnhofs-Post- anstalt oder in Ermangelung einer solchen durch den am Zuge anwesenden Beamten zu erfolgen hat, gleich am Zuge selbst auf dem Bahnsteig stattfinden zu lassen. Der Vorschlag wurde für annehmbar erachtet. 3. Die Einziehung der Zeitungsbezugsgelder durch die Brief träger wurde empfohlen. Hierdurch wird nicht nur eine Be schleunigung der Zeitungsbcstellgeschäfte herbeigeführt, sondern auch für das Publikum eine Annehmlichkeit geschaffen werden. Der Zeitungsleser wird dann nicht mehr nötig haben, an den zum Vierteljahrsschlusse oft überfüllten Schalter zu gehen oder zu schicken, um seine Zeitung zu bestellen, sondern das Bezugsgeld wird von ihm aus der Wohnung durch den Briefträger abgeholt. Der ungestörte Weiterbezug der Zeituug wird dadurch erheblich gefördert. 4. Die Einführuug des Nachtdienstes im Fernsprechverkehr, mit der seit dem 1. d. M. in Berlin ein Anfang gemacht ist, wurde für große Städte als erwünscht bezeichnet, da sie für bestimmte Geschäftsbetriebe, insbesondere für die Presse, die Annehmlichkeit biete, umfangreiche Gespräche ungestört zur Nachtzeit abwickeln zu können, und die Leitungen am Tage mehr für den Kleinverkehr freimache. 5. Eine Aendcrung der Bestimmungen, durch die die Be kleidung von Postkarten mit kleinen Zetteln u. s. w. verboten ist, wurde als erwünscht erachtet. Jetzt kann man eine Postkarte, auf deren Rückseite ein Zeitungsausschnitt, ein Bildchen oder dergl. nufgeklebt ist, nicht als Postkarte für 5 befördern, was in weiten Kreisen als Uebelstand empfunden wird. 6. Die Einführung von Briefabholungsfächern (lsttor-boxss) wurde als vorteilhaft, nicht allein für Industrie- und Hpndels- centren, sondern auch für das flache Land anerkannt, well diese Fächer dem Publikum nicht bloß während der Schalterdienststuudcn, sondern vom frühen Morgen bis zum späten Abend, so lange die Diensträume überhaupt unter Aufsicht stehen, zur Verfügung sein könnten, das Publikum also in der Lage wäre, seine Postsachen auch während des Schalterschlusses, auch Sonntags nach Beendigung der einzigen Bestellung, abzuholen. Bestraftes Angebot unzüchtiger Bücher. — Der Buch händler Paul B. in Glauchau hatte einer ihm völlig fremden jungen Dame in Hamburg, deren Namen er in einer Fruuen- zeitung gelesen hatte, verschiedene Prospekte, in denen unzüchtige 1099