Volltext Seite (XML)
46. 24. Februar 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 2441 Feiern statt. In dem Städtchen Weinsberg, wo Kerner jahr zehntelang gelebt und gewirkt hat (von 1818 bis 1861 als Ober amtsarzt) und wo er auf dem stimmungsvollen Friedhofe neben feinem treuen »Rickele« ruht, huldigte zunächst die Schuljugend dem volkstümlichen Dichter am Kernerdenkmal. Abends nach Anbruch der Dunkelheit wallten die Kerner verehrer von Weinsberg und aus der Umgebung im Fackelzug von der alten Linde aus zu dem Grabe des Dichters. Das schlichte Grabdenkmal enthält auf einer Granitplatte die knappe Inschrift: »Friedericke Kerner, gest. 1854, und ihr Justinus, gest. 1862.<- Mehrere Ansprachen wurden am Grabe gehalten und zahlreiche Kränze niedergelegt, auch von auswärtigen Deputationen. Der Feier am Grabe folgte noch eine Feier im Saale zur Traube mit Festreden und mit Vorträgen und Ge sängen Kernerscher Gedichte und Lieder. Auktion Weber (vgl. vor. Nr.). — Am 22. Februar, dem Schlußtage der Auktion Weber bei Lepke in Berlin, erzielten u. a. zwei Rembrandts 250 000 und 117 000 Das Gesamtergebnis der dreitägigen Versteigerung beträgt 4'/^ Millionen Mark. Denkschrift über die t»isse«schaftlicheu und kirnst, lerischeu Unternehmungen, die aus den Etats für das Auswärtige Amt und für das Reichsamt des Innern gefördert werden. Dieser Denkschrift, die wie alle zwei Jahre dem Reichstage vorgelegt worden ist und den Zeitraum vom 1. Ok tober 1909 bis dahin 1911 umfaßt, entnehmen wir folgendes: Das Archäologische Institut in Rom und Athen hat die verschiedenen Zweige seiner Arbeit, Forschungs-, Lehr- und Publikationstätigkeit, ungestört pflegen können. In den ge- gebenen Verhältnissen liegt es begründet, wenn bei der Zweig- anstatt in Rom das Schwergewicht mehr und mehr nach der Seite der Lehrtätigkeit und der Museumsforschung fällt. Eine Verstärkung des Lehrbetriebs konnte hier angebahnt werden, die namentlich auch die besonderen Bedürfnisse der Fach- Archäologen einerseits und der Oberlehrerstipendiaten anderseits berücksichtigt. Im Gegensah dazu liegt der Athenischen Anstalt mehr die Ausbildung unserer Archäologen in Terrainforschung und Ausgrabungstätigkeit ob. Hierzu die Möglichkeit zu schaffen, hält das Institut für ein dringendes Erfordernis. Zu den Veröffentlichungen des Institutes treten eine Bearbeitung der »Melischen Terrakotten« und die Herausgabe der Ergebnisse der letztjährigen Grabungen in Tiryns neu hinzu. Angesichts der Steigerung seiner Tätigkeit nach dieser Richtung, durch die das Institut sich von jeher unter den verwandten Anstalten anderer Nationen rühmlich hervorgetan hat, ist es besonders erfreulich, daß dem Institute auch von privater Seite Mittel ür Publikationszwecke zur Verfügung gestellt sind. In beiden Berichtsjahren konnten die Ausgrabungen in Pergamon mit besonders gutem Erfolge fortgesetzt werden. In Griechenland hatten die schon erwähnten Ausgrabungen in Tiryns über raschend günstige Ergebnisse. In Numantia setzte Hr. Schulten die Erforschung der altrömischen Lager fort. Im Frühling 1911 beteiligte das Athenische Institut sich auf besonderen Wunsch des Kaisers an der Ausgrabung des archaischen Tempels in Korfu. Bei der Ausgrabungstätigkeit der Römisch-Germanischen Kommission steht noch immer die Frühzeit der römischen Okkupation (Ausgrabungen in Haltern und Oberaden) im Vorder gründe des Interesses. Daneben trat die für die Spät zeit wichtige Untersuchung des Kastells bei Alzey in Rhein hessen und die Beendigung der Untersuchung des Kastells Cannstatt. Auf prähistorischem Gebiete wurde besondere Auf merksamkeit der neolithischen Kulturperiode und den Ring wällen geschenkt, elfteren durch Grabungen in Rheinhessen und bei Frankfurt a. M., letzteren durch Untersuchung hessischer, elsässischer und nassauischer Anlagen. Die Publikationen, die die Kommission in Angriff genommen hat, verfolgen in erster Linie den Zweck, das Arbeitsmaterial in weitem Um- fange zugänglich zu machen. Für die durch den Ankauf der Beckschen Fabrik ermöglichte Erweiterung des Germanischen Museums ist ein Programm aufgestellt worden. Hiernach soll zunächst ein Bau errichtet werden, der die Kunstsammlungen des Museums, die Kupferstichsamm- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 7S. Jahrgang. lungen und einige weitere Abteilungen, die durch ihren Umfang selbständige Bedeutung gewonnen haben, wie die Gewerbe sammlung, die keramische Sammlung usw. aufzunehmen bestimmt sein wird. Ferner sind Studienräume, Räume für vorübergehende Sonderausstellungen und Depots vor- zusehen. Die baldige Ausführung des Neubaus (Kosten: 1200 000 ^) ist zur unbedingten Notwendigkeit geworden, nicht nur, weil die Uberfüllung der alten Räume Abhilfe heischt, sondern auch, weil diese keine unbedingte Gewähr für die Erhaltung der im Museum bewahrten Kunstwerke bieten. Die kunst- und kultur geschichtlichen Sammlungen wurden teils durch Ankäufe, teils durch Geschenke um 660 Nummern vermehrt. Die Bibliothek ist durch reiche Bücherschenkungen seitens der deutschen Verleger und manche Zuwendungen, die auch von fürstlicher und von behördlicher Seite kamen, ansehnlich gewachsen. Einen besonderen Zuwachs erfuhr u. a. die numismatische Abteilung durch das Ver mächtnis des Kommerzienrats Kahlbaum (Berlin), der die kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen ebenfalls be dacht hat. Zur Fortführung und Vollendung des Grimmschen Deutschen Wörterbuchs sind 40 000 !L000 ^ mehr als im Vorjahre, in den Etat eingesetzt. Die Zahl der Exzerptoren ist bis auf insgesamt 324 gestiegen, die bisher 1040 000 Zettel geliefert haben. Die Assistenten und andere Hilfskräfte haben außerdem 99 000 Zettel beigesteuert. Mit Einschluß älteren Materials umfaßt der Zettelapparat jetzt 1280 000 Zettel. Noch immer bestehen fühlbare Lücken, aber die Hauptarbeit der Ex zerptoren darf als vollbracht gelten. Kann von 1912 ab eine erhebliche Einschränkung der Exzerpierungstätigkeit eintreten, so wird die Zentralstelle künftig desto dringender in Anspruch genommen werden durch die Unterstützung der Mitarbeiter des Wörterbuchs, denen sie insbesondere technisches und dialekto logisches Wortmaterial zuzuführen, bei der Prüfung der Beleg stellen und in Einzelfragen zu helfen, und deren Manuskript sie redaktionell zu prüfen hat. An der internationalen Bibliographie der Natur wissenschaften will sich das Reich im laufenden Jahr mit 40 000 X beteiligen (6000 ^ mehr als 1911). Die Bearbeitung der deutschen naturwissenschaftlichen Literatur für den in London erscheinenden »latornLlional 6Lts,IoSus ok Loisntttio ttitsraturs« ist durch das deutsche Bureau fortgeführt; es konnten die Bände 13 und 14 ganz und von Rand 15 die Nummern 1—L0 ausgegeben werden. Vom 7. Jahrgang des vata-loKus wurden folgende Bände ausgegeben, Chemie, Meteorologie, Botanik, Anatomie, Anthropo logie und Physiologie. DerJahrgang ist damit abgeschlossen. Auch der 8. Jahrgang ist vollständig erschienen, ,owie vom 9. folgende Bände: Mathematik, Mechanik, Astronomie, Geographie und Zoologie. Die Bände: Physik, Chemie, Meteorologie, Mineralogie Geologie, Paläontologie, Biologie, Botanik, Anatomie, Anthro pologie, Physiologie und Bakteriologie sind im Druck. Vom 10. Jahrgang können die Bänder Mathematik, Chemie, Astronomie, Mineralogie, Geographie und Zoologie in Kürze erscheinen. Die Gesamtzahl der bei dem Zentralbureau in London eingegangenen Artikel belief sich bis Ende September 1911 auf 1 877 768, wovon rund 858 000 vom deutschen Bureau geliefert waren. Der diesjährige Beitrag des Reichs für das internationale Institut für Sozialbibliographie ist wieder auf,15000 ver anschlagt. Die Zahl der Mitglieder dieses Instituts, die Ende 1908 379 betrug, war bis zum 1. Oktober v. I. auf 651 gestiegen. Die Zahl der bearbeiteten Zeitschriften stieg in der Berichtszeit von etwa 1300 auf etwa 2600; die Zahl der bibliographierten Arbeiten (Bücher und Aufsätze) betrug 1909 etwa 21000, 1910 etwa 27 000- Weitere sachkundige, ständige wissenschaftliche Mitarbeiter sind heran gezogen, und für jedes Sprachgebiet ist ein möglichst in dem be treffenden Lande wohnender Fachmann gewonnen. Die Veröffent lichungen des Instituts waren bis 1908 nur die monatliche Biblio graphie der gesamten Sozialwissenschaften und der Jahrbücher. Hinzu trat 1908 die erste Monographie: der sozialwissenschaftliche Zeitschriftenführer, enthaltend eine Zusammenstellung der wissens werten Daten von etwa 6000 Fachzeitschriften, der demnächst in vervollständigter neuer Auflage erscheinen wird. Vom Jahre 1910 ab wurde zur Hebung des Absatzes im Auslande von der Monats schrift eine französische und eine englische Ausgabe veranstaltet, zu denen seit 1911 noch eine amerikanische, italienische und rus- 319