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2440 Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 48. 24. Februar 1S12 Teil des Urteils, der sich im Prozesse König / Jandorf mit der Zurückweisung der Ansprüche des Klägers aus 8 H, 1 des Urheberrechtsgesetzes beschäftigt, aus. so bleibt als wesent lichster Punkt dis Frage übrig, ob in der Art der Beschaffung der Bücher ein Berstoß gegen die guten Sitten ge sunden werden könne. Das hat das Reichsgericht in diesem speziellen Fall verneint, und auch das Land gericht ist in dem von Herrn Mensing erwähnten Prozeß mit Rücksicht auf den -Kampfzustand» der Parteien zu einem freisprechenden Urteil gelangt. Dieser Punkt ist der schwächste des Urteils, denn ein solcher »Kampfzustand» wird überall da bestehen, wo ein zum Schutze der Interessen eines Er werbsstandes berufener Verein sich gegen Outsider wendet. Im übrigen ist das Urteil durchaus schlüssig, worin wohl auch der Grund zu suchen ist, daß von einer weiteren Ver folgung der Angelegenheit durch Anrufung einer höheren Instanz abgesehen wurde, da. wie dies schon aus dem er wähnten Reichsgerichtsurteil hervorgcht, das Gericht eine Verleitung zum Vertragsbruch bzw. einen Verstoß gegen die guten Sitten auch dann noch nicht anzunehmcn geneigt ist, wenn nachweislich der Schleuder» Kenntnis von der Vertrags untreue seines Lieferanten hatte. Wenn man den Satz des Landgerichtsurteils liest: «... an sich ist die Beklagte (das Kaufhaus Brühl) nicht dafür verantwortlich zu machen, wie er (ihr Hintermann) sich mit seinen Vertragspflichten ab fand». so wird man nur wünschen können, daß der jetzt allenthalben entbrannte Kampf gegen die -Unstttlichkeit» seine Fortsetzung in einem Kampfe für die »guten Sitten« unserer Geschäftswelt finden möge. Nicht unerwähnt darf übrigens bleiben, daß in den beiden hier erwähnten Fällen der Nachweis der Vermögensschädigung seitens der Kläger nicht erbracht werden konnte. Der Satz, der Herrn Menfing als -das Unfaßbarste in diesem Urteil« erscheint, wird übrigens von dem erkennenden Gericht nur als Meinung Dritter übernommen und mit dem Hinweis darauf abgeschwächt, daß »möglicherweise« die Ent wicklung dahin gehe, »daß die Allgemeinheit oder die Gesamt heit der billig und gerecht Denkenden die Anschauungen des Börsenoereins teilen wird». Es wäre indes ein magerer Trost, auf eine Zukunft zu hoffen, die uns zwar im Hinblick auf die immer vorwärts- schreilende Aus- und Weiterbildung des kaufmännischen Rechts durch die Usance nicht allzu fern erscheint, aber lediglich als Aussicht doch ein zu unsicherer Wechsel ist, um ihn jetzt schon diskontieren zu können. Dessen bedarf es jedoch gar nicht, denn es wäre falsch, mit Herrn Menstng anzu nehmen. daß »die Vereine keine Macht haben, ihre Ver kaufsbestimmungen durchzuführen oder auch nur zu schützen«. Das trifft, wie seitens des Börsenoereins wiederholt erklärt wurde, nur auf jene Verkaufsbestimmungen zu, die sich nicht mit der Verkaufsordnung decken und daher nur von den betr. Vereinen selbst, nicht aber vom Börsenverein, geschützt werden. Es kann keinem Verleger, keinem Fabrikanten verwehrt werden, seine Ware zu dem von ihm festgesetzten Preise zu verkaufen und seinen Abnehmern dahingehende Ver pflichtungen aufzuerlegen. Dieses Recht ist niemals be stritten worden, sondern nur das Recht, aus dieser vertraglichen Verpflichtung auch Dritten gegenüber, die nicht als unmittelbare Abnehmer in Frage kom men. Ansprüche herzuleiten. Daraus ergibt sich eigentlich die Nutzanwendung für den Buchhandel von selbst, nämlich Sorge dafür zu tragen, daß der Bezug auf Schleichwegen jeweils so rasch als möglich unterbunden und der Vermittler unschädlich gemacht wird. Auch die Mahnung, daß die einzelnen Kreis- und Ortsvereine ihre Verkaussbestimmungen in Einklang mit der Verkaussordnung bringen, wird nach drücklicher als bisher hcroorgehoben werden müssen. Denn wie die einzelnen Landrechte in das Bürgerliche Gesetzbuch einmünden mußten, um nicht in Starrheit zu versinken, so müssen auch die Sonderbestimmungen der einzelnen Kreis- und Ortsvereine fallen, damit zum »Rechte- die Macht kommt. Und ebenso unangetastet wie das Recht des Verlegers auf Festsetzung und Aufrechterhaltung des Laden preises ist das des Börsenvereins: nicht nur seinen Mit gliedern satzungsgemäß bestimmte Verpflichtungen aufzuerlegen, sondern auch — wie es in dem Reichsgerichtsurteil vom 14. Dezember 1903 heißt — »außerhalb des Vereins stehende Gewerbsgenossen zur Beteiligung an der Durchführung seines Zweckes heranzuziehen-. Wenn also Verlag und Sortiment die bisherige auf die Aufrechterhaltung der Ladenpreise gegründete Ordnung wollen und ein wachsames Auge auf jede Durch stecherei haben, so wird es ihnen immer möglich sein, sich in wirksamer Weise der Unterstützung des Börsenvereins zur Bekämpfung der Schleuderei auch bei dem gegenwärtigen Stande der Gesetzgebung zu bedienen. Kleine Mitteilungen. Biicherbesorgnng und Ltandeätateressen <vgl. Nr. «0>. — Der Vorstand des Stuttgarter Buchhändler-Vereins sucht in dankenswerter Weise die Bemühungen des Bärsenvereins und des Deutschen Verlegervereins, dem Unfug der Bücherbesorgung seitens der buchhindlerischen Angestellten nach Möglichkeit zu steuern, durch nachstehendes Schreiben an seine Mitglieder zu unterstützen: Es ist von verschiedenen Seiten zur Kenntnis des Unter zeichneten Vorstandes gebracht worden, daß der Bücherhandel seitens vieler Angestellten von Firmen wieder in ausfälligem Maße überhandnimmt und sich die Bezüge mit möglichst hohen Rabatten nicht nur aus den eigenen Bedarf unserer Mitarbeiter beschränken, sondern von Gehilfen usw., wie aus Bestellungen aus eine Anzahl Exemplars eines Buches ost hervorgeht, offenkundiger Handel an Außenstehende des Buchhandels in umsangreicher Weise zum Schaden des Sortiments getrieben wird. Nachdem sowohl der Börsenverein als auch der Verleger verein in den letzten Tagen wiederholt auf diese Mißstände hin gewiesen hat, erachtet es der Vorstand unseres Vereins gleichfalls für seine Pflicht, auch seine Mitglieder erneut darum zu ersuchen, diesen Mißstand mit allen Mitteln zu bekämpfen. Wir bitten Sie deshalb, durch ein allgemeines Verbot oder durch Einführung von Kontrollzetteln, die entweder vom Prinzipal oder einer Ver- trauensperson desselben gegengezeichnet werden müssen, auch in Ihrem Geschäft darauf hinzuwirken, daß Bücher nur sür eigene Zwecke mit Buchhändlerrabatt von Angestellten bezogen werden. Als cmpsehlenswcrtes Muster eines Kontrollzettels bringen wir das beiliegende, bei einer hiesigen Firma schon seit Jahren mit bestem Ersolg verwendete Formular in Vorschlag. Die Erfüllung unserer im allgemeinen Berussinteresse ge äußerten Bitte gern erwartend, zeichnen wir mit kollegialem Gruß hochachtungsvoll Stuttgart, 21. Februar 19l2. Der Vorstand des Stuttgarter Buchhändler-Vereins. Das empfohlene Formular sieht so aus: I Lr Kerner-Feier» in Schwaben. -- Zu Ehren Justinus Kerners, dessen Todestag sich am 21. Februar zum sünszigsten Male jährte, fanden in seinem Heimatlande Württemberg verschiedene