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31, 7. Februar. Nichtamtlicher Theil. 577 zum Beitritt nicht besteht, trifft weder die Gemeinde-Krankenversiche rung noch die Verpflichtung, einer nach Maßgabe der Vorschriften dieses Gesetzes errichteten Krankencasse beizutreten, ein, wenn die Hilfscasse, welcher sie angehören, ihren Mitgliedern mindestens diejenigen Leistun gen gewährt, welche in der Gemeinde, in deren Bezirk die Casse ihren Sitz hat, nach Maßgabe des tz. 6,, von der Gemeindekrankenversiche rung zu gewähren sind. Lassen, welche freie ärztliche Behandlung und Arzenei nicht gewähren, genügen dieser Bedingung durch Gewährung eines Krankengeldes von zwei Dritteln des ortsüblichen Tagelohnes. Der Allgemeine Deutsche Buchhandlungs-Gehilfenverband, constituirt am 13. October 1872 in Leipzig und mit einer Wirk samkeit, die sich über das ganze deutsche Gebiet erstreckt, ist auf Grund landesrechtlicher Vorschriften durch Rescript des königl. Ge richtsamtes Leipzig unterm 1. Mai 1873 in das Genossenschafts register als juristische Person eingetragen. Vermöge seiner Berufs- Kranken- und Sterbe-, Wittwen- und Waisen- und der geplanten Altersversorgungs- und Jnvaliden-Casse würde derselbe seine Mit glieder sehr wohl von der Verpflichtung, einer Gemeindekranken oder einer anderen im Gesetze vorgesehenen Casse beizutreten, be freien; denn er gewährt ganz bedeutend viel mehr als das Minimum dessen, was eine Gemeindecasse zu leisten angehalten wird. tz. 6. bestimmt: Die Krankenunterstützung ist vom vierten Tage nach Eintritt der Krankheit an, für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit, jedoch höch stens für 13 Wochen, zu leisten. Die Krankenunterstützuug soll in Gewährung srcier ärztlicher Behandlung und Arzenei und für jeden Arbeitstag in der Halste des ortsüblichen Tagelohns gewöhnlicher Tagearbeiler bestehen. An Stelle dieser Leistungen kann nach 8- 7. freie Cur und Verpflegung in einem Krankenhause treten und Gewährung von einem Drittel des festgesetzten Krankengeldes an etwaige Angehörige des Kranken (s. jedoch auch 8- 69.). Ein wesentlicher Differenzpunkt zwischen den Gesetzes- und Verbands-Vorschriften besteht also in der Carenzzeit. Während dieselbe einerseits nur in 4tägigem Warten bestehen soll, aller dings bei jedem Ortswechsel sich wiederholend, ist andererseits ein volles Jahr vorgesehen, dafür aber auch nur ein für allemal. Die ins Auge stechenden Vortheile beim Verbände sind dagegen die Gewährung eines Krankengeldes von 65 Wochen in unumer- brochener Folge, anstatt deren 13 nach dem Gesetze, außerdem ohne besondere Steuer Verabfolgung von Sterbegeldern bis zu 500 M.; der Wittwen- und Waisen-Casse gar nicht zu gedenken. Zu betonen ist, daß die Verbands-Anstalten auf jeden Fall, genau in der Weise, wie sie jetzt wirken, bestehen bleiben können, selbst wenn ihre Satzungen, dem neuen Reichsgesetze entsprechend, nicht geändert werden; nur würden ungünstigen Falls eine Anzahl ihrer Mitglieder nicht von dem angeführten Zwange zu befreien sein, außerdem zu Gemeindekrankencassen beitragen zu müssen, wie bereits seither schon unsere süddeutschen Collegen doppelt belastet waren. Konnte sich der Verband von Anbeginn seines Daseins auch großer Theilnahme und Unterstützung erfreuen, was ihm lediglich die sehr hohen Leistungen ermöglichte, so waren diese äußeren Zeichen doch nicht allumfassende, standen in keinem richtigen Ver hältnisse zu der großen Zahl der Gesammtheit. Und wie sehr verdient gerade der Verband, nicht allein wegen der gesteckten edlen Ziele, sondern auch der nationalen Stellung halber die Zuwendung ungetheilter Sympathien! An dem gesammten deutschen Buchhandel wird es jetzt sein, für die wohlthätigen Einrichtungen seiner Standesgenosscn mann haft einzutreten und deren ungeminderten Fortgang mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu sichern. Das Interesse Aller ist hierdurch berührt. — x — r. MiSeellen. Aus Leipzig, 2. Febr. bringt das Tageblatt folgenden Bericht über einen Besuch, den der damals hier weilende König von Sachsen in dem Etablissement von Breitkopf L Härtel machte: „Heute Vormittag zwischen 11 und 1 Uhr besuchte Se. Majestät der König das Etablissement Brcitkopf L Härtel; von den Mitbesitzern desselben, den Herren Stadtrath Wilh. Volkmann und vr. Oscar Hase ehrfurchtsvoll begrüßt, nahm Se. Majestät, nach Vorstellung einer Ehrencompanie von 20 Jubi- laren des Hauses, von 26 bis 57 Jahren im Hause thätig, zunächst ein Bild seiner hochseligen Urgroßmutter, der Kurfürstin Maria Antonie Walpurgis in Augenschein; das Bild stellt die fürstliche Componistin (LrinoUnäs, Tales, Uastorell«. ^.reacla) mit dem Titelblatte ihrer Oper ,U trionko äslla. tsäalta.' in der Hand dar; diese Oper ist das erste musikalische Verlagswerk, welches die Firma 1756 herausgegeben hat, zugleich als erste Probe des von Immanuel Breitkopf 1754 erfundenen Verfahrens eines beweg lichen und theilbaren Notensatzes. — Es ward die, 30 Schnell- und 30 Handpressen umfassende, Buch- und Notendruckerei mit allen ihren Zweigen besichtigt; eine mit alten Holzstöcken ge schmückte Geschichte des Hauses ward für seine Majestät mit mehreren Schnellpressen sofort gedruckt und konnte am Ende des Umganges durch Maschinen- und Setzersäle, Schriftgießerei, Stereotypie, Galvanoplastik und Buchbinderei fertig überreicht werden. — Die verschiedenen Arten der Notenherstellung wurden zur Darstellung gebracht: so der Notensatz, der Notenstich, sowie der Stein- und Plattendruck; der Plattendruck an den großen kritischen Gesammtausgaben, welche die Firma von den Werken Palestrina's, Bach's, Mozart's, Beethoven's, Mendelsohn's, Schu- mann's, Chopin's und neuerdings Gretry's veranstaltet, der lithographische Schnellpressendruck an der ,Volksausgabe Breit kopf L Härtel'. — Im Geschäftsarchiv des Hauses, welches alle Verlagswerke, Geschäftsbücher und Briefe des 1719 begründeten Hauses möglichst vollständig vom Anbeginn enthält, war eine kleine historische Ausstellung veranstaltet, welche die Jncunabeln der Breitkopf'schen Erfindungen auf dem Gebiete des Musik- und Landkarten- sowie des Portraitsatzes bot. An einigen Haupt werken, wie Mozart's Requiem und Don Juan waren die Wand lungen der Notenherstellung binnen einem Jahrhunderte durch Typensatz, Steinschrift, Plattenstich, Umdruck auf Stein ver anschaulicht. Eine kleine Auswahl des Autographenbesitzes wies ein Händel'sches Werk, von Joh. Seb. Bach in Stimmen aus geschrieben, sowie Handschriften Haydn's, Mozart's, Beethoven's u. A. auf. Unter mannigfachen Gedenkblättern gaben drei an ,die höchste Herrschaft', den jugendlichen Friedrich August den Gerechten und Prinz Xaver gerichtete Carmina Kunde von dem vor 118 Jahren erfolgten letzten Besuche, welchen ein Vertreter des sächsischen Herrscherhauses dem Geschäfte abgestattet hatte. — Das nunmehr über 164 Jahre alte Handlungshaus feierte den Tag durch Begründung eines Zweiggeschäftes Brcitkopf L Härtel in Brüssel. Zur bleibenden Erinnerung ward für jeden Mit arbeiter ein Exemplar des oben erwähnten Geschäftslebenslaufes bestimmt. — Nach Vortrag einiger Lieder durch den Brcitkopf L Härtel'schen Gesangverein verließ Seine Majestät unter leb haften Hochrufen des Personals das Haus." Personalnachrichten. Herrn Arthur Jacoby, Besitzer der Firma R. Jacoby L Co. in Pernau, wurde vom Kaiser von Rußland aus Anlaß seines am 14. Januar a. St. begangenen 25jährigen Gcschäfts- jubiläums der Stanislausorden verliehen.