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sX° 301, 3l. Dezember 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.d Dtschn. Buchhandel. düng in so allgemeiner Fassung, wie sie der Klagantrag anstrebt, aber abgelchnt, weil es in diesem Ausmast am Nachweis der Lückenlosigkeit des Systems mangele. Es kann nur im Ein - zelfall festgestellt werden, ob der Gegenstand des Berkaufes durch eine lückenlose Bindung der Abnehmer an den Preis vor dem Verschleudern geschützt ist. Der Börsenverein hätte die Klage auch auf solche Einzelverbote stützen können; er hat das aber absichtlich nicht getan, vielmehr ein All gemeinverbot angestrebt. Diesem könnte nur dann stattgegeben werden, wenn überhaupt kein Buch, sür das ein Ladenpreis besteht, ohne Verletzung einer Vertragspflicht unter Preis verlaust würde. Dieser Nachweis sei aber nicht erbracht worden und könne mit Rücksicht auf die komplizierten Verhält nisse beim Buchvertrieb auch nicht erbracht werden. Zum Beweis für feine Auffassung nimmt das Gericht auf die bestehenden Ausnahmevorschriften Bezug, ohne im übrigen in eine Beweiserhebung, wie sie das Landgericht Frankfurt vor genommen hat, cinzutreten. Es weist auf die nach der Berkaufs- orduung möglichen Ausnahmen, auf die Nachlässe bei Hörer- exemplarcn, auf die Bekanntmachung des Vorstandes vom 29. Oktober >927 über Höchstrabatte hin und meint, alle diese Ausnahmen gestalteten das System viel zu unübersichtlich, als daß mit seiner Jnnehaltung gerechnet werden könne. Hier ist die Stelle, wo unseres Erachtens die Entscheidung zu unzutreffenden Schlüssen gelangt. Ausnahmen, die regulär sind, können niemals gegen ein System angeführt werden. Die Preisbindung der zweiten Hand erscheint uns wirtschaftlich nur dann berechtigt, wenn sie sich vor Überspannungen hütet und vernünftigen For derungen Rechnung trägt. Wenn es an einer Stelle in den Gründen heisst, es könne dahingestellt bleiben, ob nicht das Laden- Preissystem dadurch, daß es zu schwache Elemente des Buchhan dels stützt, unwirtschaftliche und das Gesamtwohl durch zu hohe P re i s b e m e s s un g schädigende Ergebnisse habe, so must doch unbedingt das Vorgehen des Vorstandes mit seiner Bekannt machung Billigung finden. Denn nicht darauf kann es ankom men, datz im Einzelfall übermäßige Rabatte gewährt werden Notverkäufe solcher Art finden auch in anderen Branchen statt —, sondern lediglich darauf, ob der Zwang zum Ladenpreis in solchen Fällen aufrecht er halten wird. Die Unübersichtlichkeit über die regulären Ausnahmen ist keineswegs so groß wie das Gericht meint — eine Erkenntnis, die es sich durch Beweiserhebung hätte verschaffen können. Der gelernte Buchhändler kennt die Quellen, aus denen er sich unter richten kann. Es ist übersehen, daß die Preisnachlässe in den Katalogen völlig generell gemacht worden sind, ohne jede Nach prüfung, lediglich in der Absicht, durch die Preisverbilligung an zulocken. Wenn das Gericht auch nur in einer gewissen Zahl von Preisangeboten des Katalogs festzustellen gehabt hätte, daß der Beklagte unter Ausnutzung fremden Vertragsbruches be zogen und unter Preis angcboten hatte, so wäre unseres Er achtens die Verurteilung nach dem Klagantrag gerechtfertigt ge wesen; denn es konnte und mußte dann als festgestellt gelten — wie es auch im Frankfurter Urteil zum Ausdruck kommt —, daß der Beklagte überhaupt keine Preisbindung anerkennt, auch im Einzelsall nicht, sodast das generelle Verbot gegen ihn gerecht fertigt gewesen wäre. Nur diese Gründe aus dem Karlsruher Urteil interessieren in diesem Zusammenhang. Auch die übrigen Ausführungen geben zur Kritik reichlich Anlaß; sie wird bei anderer Gelegenheit er folgen. Jedenfalls darf als feststehend angesehen werden, daß sich ein Gegensatz hinsichtlich des Neverssystems, seiner Aus wirkung und Durchführung zwischen dem Karlsruher Urteil und dem Reichsgericht nicht ergibt. Und selbst wenn dem so wäre: dem einen Gericht steht der oberste Gerichtshof und die gesamte Front der übrigen deutschen Oberlandesgerichte mit dem Kam- mergericht an der Spitze gegenüber. Die von ihnen vertretene Rechtsauffassung liegt fest und wird schwerlich eine Abänderung erfahren. Sie haben der Ab wägung der im Kampf gegeneinander stehenden wirtschaftlichen Interessen zu dienen, ihren Entscheidungen aber nicht wirtschasts- politische Ziele zugrunde zu legen (so Oberlandesgericht Stettin vom 28. September >927. Kartell-Rundschau >928, Heft >, S. 21). Wirtschaftspolitik wäre Sache des Gesetzgebers. Natürlich sind Bestrebungen im Gange, durch Gesetz die Preisbindung der zwei ten Hand zu untersagen. Welche Regelung, welchen Zustand gibt es im wirtschaftlichen Leben, der nicht feine Gegner hat! In welcher Richtung die Bestrebungen gehen, ist hier noch nicht bekannt. Es läßt sich kaum annehmen, daß sie etwa den Versuch darstellen, den Hersteller bei seiner Preisbildung Zwangsvor- schristen oder -verboten zu unterstellen. Der Buchhandel aber ist auch für solche Auseinandersetzun gen gerüstet, gerade weil er immer bemüht war, das Ladenpreis system wirtschaftlich vernünftigen Forderungen anzupassen. Zu nächst aber wird es sür ihn daraus ankommen, bei den Verhand lungen über die Verkaufs- und Verkehrsordnung den in der Rechtsprechung festliegenden Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. NeichSgerichtsurteil in Sachen der Firma Berolina Buchhandlung und Vcr- l a g G. m. b. H. in B e r l i n W !>, Liukstrahe 8, Beklagten, Rcvisions- tlägerln, wider die Firma Bibliographisches Institut, A. - G. In Leipzig C 1, Täubchenweg 17, Klägerin, Nevisionsbc- klagte, verkündet am 28. Oktober 1828. Tatbestand. Die Klägerin verlegt u. a. das Werk »Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache«, das zuletzt ln 8. Auslage erschiene» ist. Der von ihr festgesetzte Ladenverkaufspreis beträgt 4 RM. Die Beklagte, deren Geschäftsanteile sich sämtlich in Händen des deutschen Beamten- wlrtfchastsvcreins, e. G. in. b. H. in Berlin befinden, betreibt eine Buchhandlung, gibt aber die Bücher nur an den deutschen Beamten- wlrtschaftsverein und dessen Genossen ab. Sie verkauft den »Duden« so um 8.58 NM, hat auch in dem Heft Nr. 52 vom 25. Dezember 1828 der »Wirtschafts-Genossenschaft«, Zeitschrift für die Mitglieder des Beamteuwirtschastsvereins zu Berlin, als »Vorzugsangebot« eine dahingehende Geschästsanzeige zur Veröffentlichung gebracht. Die Klägerin erblickt in dem Vorgehen der Beklagte» eine unlautere, sittenwidrige Preisschleuderei und hat Klage aus Unterlassung des Verkaufs, Anbietens und Keilhaltens des Werks unter dem jeweils vom Verlag festgesetzten Ladenpreis und Zucrkenuung der Vcröffent- lichungsbesugnis erhoben; sie macht geltend, daß ihre LadenpreiS- festsetzuug nach Handelsbrauch und allgemeiner Übung ohne weiteres für alle gewerblichen Weiterverkäufe;: mahgebend sei, daß sie ferner aber auch ein lückenloses Preisbindungssyftem durchgesllhrt habe, die Beklagte, die um all' dies wisse, also nur unter bewußter und ge flissentlicher Ausnützung des Vertragsbruchs ihres Mittelmanns die Bücher erwerben könne, da sie selbst als »Publikum« gelte und des halb ebenfalls den Ladenpreis von 4 RM als Einstandspreis bezahlen müßte; durch eine solche Gcschästsgebarung würde» die Klägerin und die Vertragstreuen Wettbewerber in unlauterer, sittenwidriger Weise geschädigt. Die Beklagte ist der Klage entgegengctreten. Sie stellt jede unlautere Handlungsweise in Abrede, bestreitet u. a. die Ver bindlichkeit der Preisbestimmung der Klägerin für sich und deren lückenlose Durchführung, wendet ferner unter Hinweis auf die eigene Organisations- und Betriebsweise ein, daß bei ihr weder gewerbs mäßiges noch Handeln zu Wettbewcrbszwecken vorlicge. Das Landgericht, Kammer für Handelssachen, hat die Klage ab gewiesen, das Kammergerlcht aus die Berufung der Klägerin abge ändert und nach dem Klagantrag erkannt. Mit ihrer Revision bezweckt die Beklagte die Aushebung des an gefochtenen Urteils und Klagabweisung. Die Klägerin bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels. Entschei iru ngsgrllnde. Die Klage ist auf HK 1, IS UulWG. gestützt und konnte auch nur daraus gestützt werden. Denn vertragliche Beziehungen b e st e h e » z w i s ch e n d e n P a rte i eu k e i » e. Die Beklagte hat ihre Berkaufsexcmplare unbestrittenermaßen nicht von der Klägerin selbst, sondern von dritter — nicht namhaft gemachter — Seite be zogen. Weder Verfasser noch Verleger können sodann ein allge- inelues Verbot gegen die Verkäufe unter dem Ladenpreis mit abso luter Wirkung für und gegen Dritte erlassen. Einem solchen Verbot steht mangels einer besonderen anderweitigen Bestimmung sh 21 des Neichsgesctzes über das Verlagsrecht regelt nur das Verhältnis zwi schen Verfasser und Verleger) 8 137 Satz 1 BGB. im Wege ls. a. RGZ. Bd. SS, S. 888 ss., Bd. 88, S. 842 ff.). Wohl aber kann ein 1405