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4806 Nichtamtlicher Theil. 295, 18. Deccmbcr. Gegenstände zu geben. Zugleich wurde mit Rücksicht auf den Leser kreis, für welchen das Volkslerikon in erster Reihe bestimmt war, die weitere Bitte ausgesprochen, die Literaturnachweise auf das äußerste Minimum zu beschränken und die literarischen Quellen nicht in besonderen Anmerkungen, sondern nur im Texte zu citiren. Ich glaubte dieser Aufforderung am besten zu entsprechen, wenn ich in thunlichster Kürze ein rein objcctives Bild der allmählichen Ent wicklung des Buchhandels im Allgemeinen und des deutschen Buch handels im Besonderen sowie seiner dcrmaligen Einrichtungen lieferte und mich jeder Kritik enthielt. Unter diesen Umständen blieb mir, da ich nirgends (namentlich in keinem der bestehenden Eonversations- und sonstigen Staats- oder volkswirtschaftlichen Lerika) eine richtige Darstellung des deutschen Buchhandels fand, nichts Anderes übrig, als das wahrhaft elastische Werk Schür- mann's zu ercerpiren und an einer passenden Stelle des Textes in der Klammer zu bemerken: „Vgl. Schürmann: »Die Usancen des deutschen Buchhandels und der ihm verwandten Geschäftszweige«, dem sich die folgende Darstellung anschließt." Das deutsche Volkslerikon gedieh nicht bis zu dem Schlag worte „Buchhandel" und ich erhielt meinen Aufsatz wieder zurück. Im Anfänge dieses Jahres (1872) entschloß ich mich, meinen Auf satz umzuarbeiten und zu veröffentlichen. Bei der Umarbeitung wurde mein Aufsatz weiter ausgeführt und demgemäß erhielt die vorstehende Anmerkung folgende Fassung: „ . . . . Schürmann . . . dem sich die folgende Darstellung im Wesen anschließt". Damit wollte ich gesagt haben — und dies schien mir ganz selbstverständ lich — daß meine Darstellung der historischen Entwicklung und der bestehenden Einrichtungen des deutschen Buchhandels dem Schür- mann'sckcn Werke entnommen sei, am allerwenigsten aber siel mir ein, damit Hrn. Schürmann für meine, hieraus gefolgerten Schlüsse verantwortlich machen zu wollen. An eine Verletzung der Autor rechte dachte ich dabei nicht im entferntesten, denn einmal hatte ich die Quelle genannt, aus der ich schöpfte, und sodann entlehnte ich derselben keine fremde Idee, sondern nur die Beschreibung der histo rischen und der gegenwärtig bestehenden Einrichtungen des deutschen Buckhandels. Hr. Schürmann tadelt es (vgl. Nr. 246, Se. 3883), wenn ich sage: „Trotz der Aufnahme des Conditionsgeschäftes blieb jedoch in den deutschen Buchhändlern der Drang nach einem genossenschaft lichen Verbände sehr rege." Wenn ich diesen Satz niederschrieb, so geschah dies, weil ich unmittelbar zuvor angeführt hatte, daß das Conditionsgeschäft gegenüber dem Changegeschäft eine Lockerung des früheren Verhältnisses der Buchhändler zur Folge hatte; denn wäh rend das Changegeschäft die persönliche Begegnung zur Voraus setzung hatte, emancipirt das Conditionsgeschäft, indem es die brief liche Abmachung der Geschäfte ermöglicht, die Buchhändler von die ser Nothwendigkeit. Was Hr. Schürmann über das Conditionsgeschäft sagt, scheint mir mehr eine Bestätigung als eine Widerlegung meiner Anschauung, und die Polemik des Hrn. Schürmann durch eine verschiedene Auf fassung der Begriffe hervorgerufen zu sein. Hr. Schürmann sagt (Nr. 246, Se. 3884): „Das Conditionsgeschäft in seiner Total erscheinung besteht nicht bloß aus ä cond.-Sendungen, sondern aus ä cond.-, festen und baaren Lieferungen und Bezügen"; er versteht somit unter Conditionsgeschäft die gesammte Art und Weise des heutigen Verkehrs der deutschen Buchhändler. Ich dagegen glaubte und glaube vom juristischen Standpunkte den Begriff enger fassen zu müssen und unter Conditionsgeschäft nur dasjenige verstehen zu dürfen, was Hr. Schürmann unter „spccifische ä cond.-Sendung" verstanden wissen will, nämlich den bedingungsweisen Kauf oder Bezug der Bücherwaare auf Seite des Sortimenters. Die Berechnung für diese meine Auffassung glaube ich darin zu finden, daß eben der feste Bezug der Waare (oder der Bezug gegen baar) ein „unbedingter Kauf" ist, und daß dieser unmöglich unter den Begriff des Geschäftes ä condition, d. i. des bedingungsweisen Ge schäftes subsumirt werden kann, weil ein „.unbedingter Kauf ä condition" eine eontrackiotio in kerminm enthält. Ob diese Auffassung so widersinnig ist, als Hr. Schürmann anzunehmen scheint, überlasse ich dem Ermessen des Lesers. Damit fällt ein weiterer Einwand des Hrn. Schürmann. Stellt man sich nämlich auf diesen Standpunkt, dann verschwindet sofort die Ungeheuerlichkeit, die darin liegen soll, daß ich das „Conditions geschäft" und den „directen Verkehr zwischen Sortimenter und Ver leger" als die beiden Grundpfeiler des heutigen deutschen Buchhan dels bezeichne, daß ich „trenne, was gar nicht zu trennen ist, sondern in Eins zusammenfällt". Mir war es darum zu thun, die charakte ristischen Eigenthümlichkeiten hervorzuhebcn, welche den heutigen deutschen Buchhandel vom Waarenhandel unterscheiden, und diese bestehen offenbar in der „bedingungsweisen Lieferung" der Waare (dem Bezug ä condition) und in dem directen Verkehr zwischen Ver- - leger und Sortimenter. Wo der Sortimenter seine Waare vom Ver leger „fest" oder (was ja im Wesen das Nämliche ist) „gegen baar" bezieht, da kauft er eben „unbedingt" und bezieht somit seine Waare in der nämlichen Weise wie der gewöhnliche Kaufmann (allerdings mit der Modification, daß der Sortimenter an die vom Verleger festgesetzten Preise gebunden ist). Will man also den Unterschied zwischen dem Waarenhandel und dem deutschen Buchhandel klar her vortreten lassen, so bleibt gar nichts Anderes übrig, als diese beiden Eigenthümlichkeiten des letzteren scharf zu betonen und zugleich den directen Verkehr der Lieferung ä condition gegenüberzustellen, da ja beide begrifflich getrennt werden müssen und in der Thal auch ge sondert Vorkommen, wie Hr. Schürmann (der die ncond.-, die festen und baaren Bezüge unterscheidet) ausdrücklich zugesteht. Ich war sodann bemüht, die Berechtigung des Geschäftes ä condition, d. i. der bedingungsweisen Lieferung der Bücherwaare theoretisch zu begründen, und gelangte zu dem Resultate, daß diese Form des Geschäftes dort berechtigt sei, wo der Verleger miß trauisch ist, weil die Verkäuflichkeit seines Buches noch nicht erprobt ist, daß dagegen der Bezug ä condition entbehrlich wird, wo die Beliebtheit eines Buches im Publicum außer Zweifel steht. Eben dies aber bestätigt Hr. Schürmann, wenn er sagt (vgl. Nr. 246, Se. 3684): „Die spccifische ä cond.-Sendung hat entweder nur den Vertrieb einzulciten oder auch auf längere Zeit zu unterhalten. Ist der geschäftliche Erfolg eines Buches entschieden, und dasselbe als gangbarer Artikel bekannt, so verliert der n cond.-Bezug unter Umständen seinen Sinn und nicht bloß der Verleger, sondern auch der Sortimenter entscheidet sich bei höheren Vortheilen lieber für den Baar- und den stels fixen Partiebezug mit Frei-Exemplaren." Als einen Nachthcil des Conditionsgeschäftes, d. i. der „spcci- sischen a cond.-Sendung" (um den Ausdruck des Hrn. Schürmaun zu gebrauchen) bezeichnete ich die lange Creditertheilung, welche die selbe im Gefolge habe, und sagte: „Credite bis zu einer Dauer von 15 Monaten bilden .... die Regel". Hr. Schürmann meint, daß mir „ irgend ein Buchhändler diese Mär' aufgcbunden habe", und begreift nicht, wie man „so etwas niederschreiben kann". Nun, merkwürdiger Weise schreibt Hr. Schürmann wenige Zeilen tiefer selbst: „Für das, was der Verleger im Monat Januar in Rechnung liefert, fügt er sich allerdings in einen Credit von 15 Monaten". Etwas Anderes hatte ich aber gar nicht gemeint, ich hatte die Mög lichkeit vor Augen, daß der Verleger im Januar ebenso wie im De- cember desselben Jahres liefert, daß er somit im ersten Falle einen 15-, im letzten Falle einen ^monatlichen Credit gewährt, und um diese beiden extremen, sowie die dazwischen liegenden Fälle möglichst kurz zusammenzufassen, schrieb ich „Credite bis zu einer Dauer von 1