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Allerdings ist dabei wohl zu berücksichtigen, daß ein Lehrling nicht soviel verdienen kann, wie er für seinen Lebensunterhalt braucht. Auch die Hilfskräfte, die im ersten oder zweiten Jahre im Geschäft tätig sind und keine ordnungsgemäße Lehrzeit hinter sich haben, können nicht so viel Gehalt beanspruchen, daß sie vollständig davon leben können. Hat aber der Lehrling ausge- lernt und sind die Hilfskräfte nach ein oder zwei Jahren voll ständig in der Lage, die ihnen zugeteilten Arbeiten zu erledigen, so müssen sie dem Geschäft auch so viel leisten, daß die Zahlung eines auskömmlichen Gehalts möglich ist. Sonst ist eben das Geschäft falsch eingerichtet, bzw. di« Leitung nicht ihrer Aufgabe gewachsen. Jeder Geschäftsführer mutz das ihm gehörende oder von ihm geleitete Geschäft so weit bringen, daß der Verdienst für Arbeitgeber und Arbeitnehmer reichlich genug bemessen ist, damit Arbeitskraft und Arbeitsfreude erhalten bleiben. Es ist müßig, sich heute darüber auszulassen, was nun eigent lich ausreichendes Gehalt ist. Was heute noch reicht, ist in l4 Tagen vielleicht schon zu wenig. Wenn aber der Geschäfts inhaber sich mit seinen Angestellten persönlich, also nicht durch Tarifvertrag, ausspricht, was der Angestellte monatlich ver braucht und was er deshalb als Verdienst haben mutz, so wird die Einigung nicht schwierig sein. Damit komme ich zur Grundfrage: Ist es überhaupt vor teilhaft, Tarifverträge abzuschließen, wie sie heute an der Tages ordnung sind? Da wird versucht, alles möglichst über einen Leisten zu schlagen, und wenn ich die mir bekannten Tarifverträge aus der letzten Zeit durcharbeite, komme ich immer wieder auf den Gedanken zurück, den ich als junger Gehilfe vertrat und oben bereits erwähnte: Tarifverträge sind theoretisch sehr schön, in der Praxis aber nicht für immer durchzuführen, weil sic weder im Interesse des Arbeitgebers noch des Arbeitnehmers liegen. Ich freue mich, datz diese Einsicht immer mehr auch seitens der Angestellten zum Durchbruch kommt. Da schreibt z. B. in der neuesten Nummer des Bankarchivs vom 15. November der Bankbeamte Bramann einen Aufsatz: Haben die Bankbeamten ein Interesse an Tarifverträgen? B. wendet sich gegen die Tat sache, daß jeder Tarifvertrag eine völlig ungerechte Schabloni- sierung und Schachtelung zur Folge habe. Er beweist, daß die Bestimmungen zunehmender Entlohnung mit zunehmendem Le bensalter das Vorwärtsstreben lähmen und die Arbeitsfrcudig- keit hemmen. Sehr richtig ist auch der Einwand, datz im allge meinen die Unternehmer sehr wenig Neigung zeigen würden, besondere Leistungen besser zu entlohnen, da damit immer die Gefahr bestünde, daß diese erhöhten Sätze bei Ablauf der Tarif verträge als Lohn für die allgemeine Bezahlung gefordert wer den würden. Dazu kommt außerdem, daß die bessere Arbeit, nach Tarifvertrag entlohnt, auch dadurch im Nachteil ist, daß der Angestellte zumeist das Mindestgehalt seiner Klasse und seiner Alters bezieht, und datz eine höhere als die Mindestlohn forderung um so schwerer durchzusetzen sei, je mehr infolge des wirtschaftlichen Zusammenbruchs das Angebot von Arbeitskräf ten die Nachfrage übersteigt. Ich glaube, auch im Buchhandel wird es eine ganze Anzahl tüchtiger Mitarbeiter geben, die mit dem Schlagwort »Tarifvertrag« nicht viel zu tun haben wollen. Sie werden mir zustimmen, wenn ich behaupte, daß jeder tüch tige Arbeiter und Angestellte immer den Lohn bekommt, den er verdient, sobald er in einem guten Geschäfte ist. Höchstwahr scheinlich wird man über meine Forderung nach einem besseren Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gerade in unserem Berufe lächeln, und doch geht es keinesfalls mehr in der Weise weiter, wie wir es im letzten Jahre gesehen haben. Es ist ein Unding, daß im Handel und Gewerbe, in der Indu strie und sonstwo Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Feinde gegenüberstehen. Sie schaden sich auf diese Weise gegenseitig selber, wie wir es doch in den letzten Monaten genügend erlebt haben. Dabei brauchen wir nicht nur an die bösen Vor kommnisse in Leipzig zu denken, um immer wieder zu dem glei chen Ergebnis zu kommen, daß nicht der Kampf die Forderung des Tages ist, sondern nur das gegenseitige Verstehen der Not lage eines jeden Teiles unseres Wirtschaftslebens die Möglich keit des Emporkommens bietet. Wir wissen ganz genau, daß es falsch ist. wenn von Arbeitgeberseite alle Schuld an der miß lichen Lage den Arbeitnehmern zugeschoben wird. In Arbeit» geberkretsen sind ein« Menge Vertreter des Hcrrenstandpunkles, der heute genau so wenig Berechtigung hat wie früher. Datz er vor dem Kriege überhaupt möglich war, hat sich bitter gerächt. Roch vielmehr würde es sich aber rächen, wenn die Angestellten nicht einsehen würden, datz jede übertriebene Forderung ihr eigener Nachteil ist. Für jede Lohnerhöhung um zehn Mark steigen die Preise des täglichen Bedarfs um zwei oder drei Mark mehr, ja vielleicht um eine noch höhere Summe. Das ist die Schraube ohne Ende, die unser Verderben ist. Wenn ich als Arbeitgeber auf dem Standpunkt stehe: wir müssen alles ver suchen, um zu unserm eigenen Vorteil den 107°igen Teuerungs- Zuschlag zu behalten, so bin ich mir ebenso klar darüber, datz es für die Angestellten einen Vorteil bedeutet, wenn alle Forde rungen auf ein Mindestmaß zurückgeschraubt werden. Erst auf solcher Grundlage ist ein gedeihliches Zusammenarbeiten mög lich. Damit soll durchaus nicht gesagt werden, datz ich von den Angestellten verlange, daß ihre Forderungen niedriger sein sollen, als sie sich unbedingt aus der Lebensführung der heu tigen Zeit ergeben. Ebensowenig will ich die Arbeitgeber ver anlassen, auch nur in einem Punkte mehr zü geben, als sie bei ruhiger Prüfung der Forderungen gewähren können. Nur das eine bezweckt mein Aufsatz, alle Wünsche und Forderungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf das Matz zurückzu führen, das beiden Teilen gleichmäßig dient und allen Gliedern unsers Berufs zum Voricil gereicht. Peine. Rudolf Rothe r. Für die buchhändlerische Fachbibliothek. Vorhergehende Liste 1919, Nr. 289. Bücher, Broschüren usw. vaebmann, 6., 2 ürieb 1, Xirckßa886 40: Das scböne Dueb. 8°. 44 8. Bechtold L Comp., N u d., Wiesbaden: Eine Zusammenstel lung besonders empfehlenswerter lehrreicher Volks-Bücher für Obst- u. Gartenbautreibende. 8°. 16 S. Züeker8ekau, I'eebniaeke, dir. 7 vom Derember 1919: Dlektroteebnilc. XI. 8°. 8. 97—120. Hamburg 36, Doy8en L Buch- und Z e i t s ch r i f t e n h a n d e l, Der. 40. Jahrg., Nr. 51/52 vom 21. Dezember 1919. Berlin SW. 48, Friedrich- str. 250, Geschäftsstelle des Central-Vercins Deutscher Buch- und Zeitschriftenhändler. Aus dem Inhalt: Vom Webstuhl der Zeit. 13. Droit (I' ^uteur, Do. llo. 12, 15. Ddeembre 1919. Mt Ditel mul Inba1t8V6rL6iebui8. Derne, Dureau International <lo 1'Union Ditteraire et ^idiMque. ^U8 dem lnbalt: ^.Ilemagne. Dati- kieation du Drotoeole du 20 mar8 1914 additionnel ü la Con vention de Derne, revwds du 13 novembre 1908. — Orande- Drotagns. Ordonnance coneernant la ratikication, par la 8uöde, Engel, Friedrich: Das Buchdruckereikontor. Ein Handbuch für Buchdrucker zur Einführung in die geschäftliche Organisation der Bnchdruckereibetriebe. Mit 70 Musterbeispielen, einem Anhang und einem alphabetischen Sachregister. 8°. XII, 287 S. Leipzig 1919, Verlag des Deutschen Buchdrucker-Vereins. Ladenpreis: 12 Mitteilungen des Allgemeinen Deutschen Buch- Han d l u n g s - Gehilfen - Verbandes. 18. Jahrgang, Nr. 5/6 vom Dezember 1919. Ans dem Inhalt: Zur Lage! — Kriegsteilnehmer und Angestelltenversichcrnng. — Eugen Michel: Einige Verlcgeralmanache und Vcrlagskataloge. Mnsikhandel und Musikpflege. Mitteilungen des Vereins der Deutschen Musikalienhändler zu Leipzig. 21. Jahrg. Nr. 30 vom 23. Dezember 1919. Geschäftsstelle des Vereins der Deutschen Musikalienhändler, Leipzig, Bnchhändlcrhans. Aus dem Inhalt: Anslandsliefernng und Valuta. — Robert Lienau: Klänge aus Amerika. — Sondernnminer 8 vom 20. Dezember 1919. Musikalien für Hnmor. Ans dein Inhalt: Franz Klecberg: »Humor. Schulwart. Pädagogische Neuigkeiten. 15./16. Jahrg., Heft 4 vom Dezember 1919 Leipzig, Täubchenweg 21, Verlag des »Schulwart« Koehler K Volckmar A.-G., Abt. Lehrmittel. Ans dem Inhalt: Hand Zimmermann: Zur Geschichte der gymnastischen Bildung. I Paul Sorgenfrei: Zur Bezeichnung der Farbentüne 11b9