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l 1886 Börsenblatt f. d. Dtichn. Duchbandel. Redaktkonekler Teil. >5- 180. 4. August lSW. leger in der kroatischen Hauptstadt Agram lassen in Lateinschrift > drucken. An Belletristik werden Romane und nicht allzu wenig lyrische Werke serbischer Autoren heräusgcbracht, an Übersetzungen vor allem die großen Romane der Weltliteratur, wobei sich eine deutliche Vorliebe sür französische Romanciers zeigt. Im allge meinen ist aber heute das Interesse sür Belletristik gering. Die wissenschaftliche serbische Literatur beschränkt sich nahezu aus schließlich auf Gesetzbücher und kommentierende Werke der Juris prudenz. In allen anderen, also in sämtlichen nicht rein lokal gesalbten wissenschaftlichen Fächern nimmt das deutsche Buch eine durchaus überragende Stellung ein. Man begegnet immer wieder dem bezeichnenden Schauspiel, daß Leute, denen die deutsche Sprache große Schwierigkeiten bereitet, dennoch ihre Auf merksamkeit und Mühe dem deutschen wissenschaftlichen Werke schenken, da keine anderssprachige Ausgabe den gleichen guten Nus genießt. Für die große Sorgfalt, die der deutsche Verleger in den letzten Jahren wieder der Ausstattung seiner Erzeugnisse zuwendct, hat das serbische Publikum wenig Verständnis. Man liebt das deutsche Buch, aber inan klagt allgemein über den durch die gute Ausstattung bedingten hohen Preis. Es sind dieselben Verhält nisse, wie ich sie an dieser Stelle kürzlich bei Besprechung des bulgarischen Buchhandels erwähnt habe. Das französische Buch, schlecht geheftet und auf holzhaltigem Papier gedruckt, ist wesent lich billiger und hat dadurch auf dem Markte einen ganz erheb lichen Vorsprung. Die französischen Broschüren werden viel und gern gekauft. Großes Interesse herrscht für Zeitschriften und Zei tungen. Der politische Triumph des Landes, das aus einem armen Kleinstaat zur ansehnlichen Mittelmacht geworden ist, hat eine allgemeine Freude am Luxus erzeugt. Daher herrscht eine große Nachfrage nach Modejournalcn. Die Serbin, die lange genug in Enge und Bedrücktheit gelebt hat, will es heute in ihrer Erscheinung mit der Wienerin und Pariserin aufnchmen. Fran zösische Modezeitschriftcn finden viel Anklang, nicht weniger aber auch deutsche, so »Die Schöne Wienerin», »Die Dame» und andere. Deutsche Magazine haben sich den serbischen Zeitungsmarkt rasch erobert, in erster Linie wohl der -Uhu», aber auch die übrigen, so »Der Die Das», »Die große Welt» usw. Das seit jeher starke Interesse des Volkes an der Politik hat durch den Erfolg im Fricdensabschluß neue Nahrung gesunden; dies bedingt eine rege Nachfrage nach serbischen, deutschen und auch französischen Zei tungen. Die Lage des Buchhandels ist günstig. Es herrscht Kauflust, der allgemeine Bildungsdrang könnte ein Ansteigen des Konsums nach sich ziehen, würde sich im Lande nicht auch jene allgemeine Krise bemerkbar machen, die zwischen Sieger und Be siegten nicht mehr unterscheidet. So ist seit inchr als einem Jahre die Kaufkraft des Publikums merklich gesunken. Um so größere Be deutung wird dem Preise des Buches bcigemesscn. Die im Lande hergestellten Bücher sind, ähnlich den französischen, auf Kosten der Ausstattung zu niederen Preisen angesetzt. Die Buchhändler behaupten, der Absatz deutscher Werke wäre unbedingt dreimal so groß, wenn die Ausstattung derart einfach gewählt würde, daß sich eine Konkurrenzfähigkeit mit der französischen und inländischen Produktion ergeben könnte. Die Mehrzahl der Buchhandlungen verfügt naturgemäß über ein größeres oder kleineres Lager gangbarer deutscher Werke. Immerhin findet man auch Buchhandlungen, die das deutsche Buch stillschweigend boykottieren. Die lltdrsirio krautzsise Iknckette L <lo., deren Tätigkeit im Orient vorbildlich organisiert ist, besitzt auch in Belgrad eine schöne französische Buchhandlung. Die Firmen, die viel fürs deutsche Buch arbeiten und dem gemäß auch dem deutschen Buchhandel angcschlossen sind und in Leipzig ihre Kommissionäre haben (kroatische Buchhandlungen arbeiten auch viel mit Wiener Kommissionären), beklagen sich leb- hast über das geringe Entgegenkommen vieler deutscher Verleger und Grossisten. Die zeitraubenden Vorfakturen kommen ihnen heute nicht oft zu, hingegen werden sie durch verfrühte Mahnungen belästigt. Es ist ja tatsächlich eine Belästigung, wenn der Käufer die Mahnung früher erhält als die — Ware! Der deutsche Ab sender vergißt anscheinend, daß die Ware in Serbien nicht so rasch einlrisst wie in einem Orte Deutschlands. Durch derartige und ähnliche Vorkommnisse erweist der Lieferant dem serbischen Bezieher ein überflüssiges Mißtrauen, das den Sortimenter ver ärgern muß. Der äußere Eindruck, den di« serbischen Buchhandlungen ge währen, ist ein durchaus erfreulicher. Die Schaufenster sind ge schmackvoll ausgestattet; in Belgrad, der Hauptstadt Jugoslaviens, die in den letzten Jahren großen Aufschwung genommen hat, konzentriert sich der Buchhandel zum Großteil auf die Lues dlidul- tovi, uliea, eine der Hauptverkehrsadern der Metropole. Hier, wo die Kaufläden ein sehr großstädtisches Bild darbietcn, gibt es sehr anziehende Buchhaudelsschauscnster, hin und wieder mil kleinen Galanteriewaren in sympathisch belebender Art ausge schmückt. In guter Zusammenstellung findet man hier serbische Werke in Zyrillschrift, deutsche und französische Werke. Bis V-8 oder 8 Uhr abends herrscht in den Buchhandlungen, deren großes Lager viel Auswahl bietet, ein erfreulich reger Kundenverkehr. Noch lange nach Geschästsschluß, bis zu später Abendstunde, sind die Schaufenster mancher Sortimenter hell erleuchtet und bieten so viel Anregendes sür die dichten Mcnscheumasscn, die an dem Korso auf der lioes dliballova alles teilnehmen. Für Zeitschriften und Zeitungen kommt neben dem Verkauf im Buchladen auch die Straßenkolportage in Betracht, die fehl stark entwickelt ist. Man begegnet den ihre Ware laut ausrufen- den Zeitungsjungen, zahlreiche fliegende Händler verkaufen haupt sächlich Modejournale und die meist deutschen Magazine. Kleine Vcrkaussstünde findet mau an Straßenecken und selbst im Innern von Kaffeehäusern. Die Kolportage liegt hauptsächlich ln den Händen von Ungarn und Russen. Die unleugbare allgemeine Krise des Augenblicks darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß Serbien und ganz Jugosla- vicn nach den politischen Erfolgen nun auch einen großen wirt schaftlichen Aufschwung erleben wird. Dieser bedingt schon heute ein stark gesteigertes kulturelles Interesse und einen großen Bil dungsdrang der ehedem aus niederer Bildungsstufe stehenden großen Masse der Bevölkerung. Jenes Land, das die lokalen Sonderheiten des serbischen Büchermarktes richtig einzuschätzen versteht, wird hier reiche Frücht« ernten. Die karntnerische Buchkunst-Ausstellung. Von Carl Junker (Wien). Es sind noch kaum dreißig Jahre her. daß ich bei meinem ersten Besuch Klagensurts nur aus einem schwankenden Brett, das über ein übelriechendes Rinnsal gelegt war, den Eingang zur dortigen Studienbibllothek erreichen konnte. Diese befindet sich zwar heute noch in demselben alten, unförmige», inzwischen noch um vieles bau fälliger gewordenen, von den Jesuiten einstens errichteten Gebäude, aber es weht jetzt ein frischer Wind über die morschen Dielen. Auch hier zeigt sich der kräftige Zug. der seit dem Umsturz Kärnten neu belebt. Damals war ja auch Klagensurt noch die meist zurückge bliebene unter den armseligen Hauptstädten der österreichischen »Kron- länder»: öde, leer, spießig. Aber wie so oft bas Unglück stärkt, so hat auch Kärnten, seit dem Heldenkamps seiner Bewohner, seit de» Tagen, da es galt, das ganze Vaterland vor den rllckslutenden, trregesllhrtcn, außer Rand und Band gekommenen Heerscharen z» schützen, dann deutsche Erde wacker gegen slavische Gier zu retten, unendlich viel gewonnen. Die Bürgerschaft erwachte aus den Kessel» habsburgischen Provinzialismus; man fühlt sich und regt sich. Ein wahrer Hejmatskult ist entstanden, man rühmt sich alter Kultur schätze, baut aus einer ehrenvolle» Vergangenheit ans und plagt sich redlich. Diesen Zeitgeist hat der tüchtige neue Leiter der Klagensurter Stublenbibliothek — selbst ein Sohn des Landes —, der auch als Schriftsteller schon sehr bekannte I)r. Max Pirker, richtig ersaßt, als er anläßlich des hundertsünszlgjährigen Bestandes seiner Anstalt die Karntnerische Buchkunst-Ausstellung veranstaltete, die lm Wappcnsaak des Landhauses nntergebracht wurde. Er fand beim Landeshaupt mann Schmutz, beim Fürstbischof, beim Abt von St. Paul u»d beim verdienstvollen Archivar vr. August Jaksch-Wartenhort volles Ver- ständnls und in dem jüngsten Historiographen Kärntens, Landesarchi var I)r. Wutte, und Professor Renhardt, dem hervorragendsten Kenner Kärntner Handschristenschätze, begeisterte Mitarbeiter.