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Redaktioneller Teil. 40, 20. Februar 1910, mittlnug und Durchführung des Warenanstauschvcrkehrs (Kompensa- tionsverkchrs) mit dem Ausland das »Deutschösterreichische Warenver- tehrsbüro« mit dem Sitze in Wien errichtet worden. Die Vollzngs- aiiiveisnlig ist mit dem Tage der Kundmachung in Kraft getreten. Völlige Sonntagsruhe im Handclsgewerbc wird durch Verord nung der Rcichsregierung vom 5. Februar, veröffentlicht in Nr. 37 des Reichsanzeigers, vom l. April an eingcführt. Zusammenschluß der Arbeitgeber Leipzigs. — In einer vom Verein der Buchhändler zu Leipzig einberufeneu und zahlreich be suchten Versammlung am 12. d. M. wurde einstimmig die Gründling einer Ortsgruppe Leipzig des Arbeitgeber-Verbandes der Deutschen Buchhändler beschlossen. Die Geschäftsstelle, die auch weitere Anmel dungen entgegennimmt, befindet sich Buchhändlcrhaus, Platostr. 1 u. Personalnaihrichten. Gestorben: am 28. Januar unerwartet rasch an einem Schlagaufall der In haber der Musikalienchandlung und des MusikantiquariatS (5. F. Schmidt in Heilbro n n a. N. Herr H erma n n S ch midt im 60. Lebensjahre. Im Jahre 1859 in Hcilbronn a. N. geboren, erlernte der Ver storbene nach Beendigung seiner Schulzeit den Musikalienhandel im Geschält seines Vaters, vervollständigte seine Kenntnisse in vcrschic denen großen Musikalienhandlungen und Vcrlagsgeschäften in Han nover, Berlin und Leipzig und trat dann in das väterliche Geschäft ein, das er mit seinem 1905 verstorbenen Bruder Oskar nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1892 übernahm. Seine überaus reichen Sor- timentskenntuissc, verbunden mit einem hochentwickelten musikalischen Verständnis, ermöglichten es ihm, sein Geschäft stetig zu erweitern, so- daß die vorhandenen großen Räumlichkeiten nicht mehr ausreichten und durch Anbau vergrößert werden mußten. Seinen Mitarbeitern und Untergebenen war er ein Vorbild an Arbeitsfreudigkeit und strenger Pflichterfüllung, dabei gerecht und liebenswürdig, seiner Fa milie ein treusorgender Vater, seinen Freunden in Anhänglichkeit er geben. Das Geschäft wird mit tüchtigen Hilfskräften durch die Witwe, unterstützt von der ältesten Tochter, die ihrem Vater schon seit einer längeren Reihe von Jahren im Geschäft znr Seite stand, weitergcführt. Heilbronn. G. Zander. Gestorben: am l3. Februar nach langem Leiden im 63. Lebensjahre Herr UdoMeyer, Verwalter des Hauptlagers von Philipp Neclam jun. in Leipzig, welcher Firma er 38 Jahre bang mit regstem Pflichteifer und großer Treue seine Dienste ge widmet hat; ferner am 17. Februar nach kurzer Krankheit im 74. Lebensjahre Herr Her m a n n H e y n e, Lagervcrwalter im Hause F. Volck- mar in Leipzig, dessen ältester Angestellter er mit 55 Dienst jahren war. Mit großer Pflichttreue hat er bis wenige Tage vor seinem Tode mit der ihm eigenen jugendlichen Beweglichkeit seine Dienste verrichtet; Gefallen: auf dem Felde der Ehre, wie erst jetzt bekannt wird, Herr K a r l Seidel, ein Zögling und Mitarbeiter der Firma Hng Sr Eo, in Leipzig. Theodor Hagen f. — In Weimar ist der Landschaftsmaler Theo dor Hagen, ein Schüler Oswald und Andreas Achenbachs, im 77. Le bensjahre gestorben. Zuerst waren es die Motive der heimatliche» Nheinlandschaft, denen sich seine Knnst znwandte; nach seiner ttber- siedlnng nach Weimar begann er sich in das Thüringer Land zn ver senken, und zwar hauptsächlich in die Landschaft um Weimar, die er in zahlreichen Bildern fcstgehalten hat. Sprechsaal. Ein Wort für die deutschen Auslandgehilfcn. Wen» wir in den Atempausen des großen vierjährigen Ringens, in denen weder Gefechtslagc noch Dienst unsere Nerven in ständiger Spannung hielt, Zeit zu beschaulicher Einkehr in uns selbst fanden, wenn wir nach vollendetem Postendienst uns im Unterstand ans ver laustem Stroh behaglich streckten oder eine Panse im feindlichen Trom melfeuer uns im verschlammten Granattrichter auf uns selbst besin nen ließ, so schweiften unsere Gedanken zurück zur deutschen Heimat, und wir dachten an alles, was uns dort lieb und teuer war. Denn der Glaube an die deutsche Heimat und an eine bessere Zukunft in ihr ließ uns da vorne anshalten, war unser Hoffnungsstrahl in den namenlosen Leiden der vier Kriegsjahrc. Sv gedachten wir auch oft mit Liebe unseres Berufes, mit dem das Herz eines echten Buchhänd lers nun einmal fest verwachsen ist, denn wir hatten den Glauben , an seine Zukmift und an die unsere in ihm. Und heute? Wie alles kam, soll hier nicht erörtert werden, ich will mich auf den Boden der Tatsachen stellen. Heute kommt mir der Buchhandel vor wie ein stark bewehrtes Schloß, an dessen Toren wir vergeblich Einlaß begehren, an dessen Pforten wir vergeblich rütteln Wohl hat die Demobilmachung jeden Gehilfen wieder in Amt und Würden gesetzt, der August 1914 einen Posten innerhalb der deutschen Rcichsgrenzen inne hatte, wer aber konnte für nns Auslandgehilfen bisher etwas tun, die wir jahrelang unter Entbehrungen ' mancher lieben deutschen Gewohnheiten als Pioniere des Deutschtums draußen gestanden haben auf einsamem Posten, sei es im verbündeten, neutra len oder feindlichen Ausland! Wir sahen die Grundlagen unserer bisherigen Existenz zusammenbrechen und hatten die Hoffnung, daß die deutsche Heimat nns wieder in ihre schützenden Arme anfnehmen werde, denn wir waren schließlich nicht die schlechtesten, die wir für sie draußen gearbeitet haben. Wir bemühten uns um Stellung, denn wir haben ja den Willen zur Arbeit und fühlen Arbeitsfreude in uns. Doch suchen viele bereits seit Monaten vergeblich, trotz Börsenblatt und paritätischem Stellennachweis. Ein Blick auf den Stellenmarkt im Börsenblatt erklärt das ja auch hinlänglich. Es ist für den ein zelnen ein Zufall, wenn er heute bei dem Ansturm auf die Angebote einen Posten erhält. Andrerseits finden heute die Gesuche weniger Berücksichtigung denn je, zumal solche für gehobene Posten, auf die man ja als älterer Gehilfe schließlich Anspruch erheben kann, da es von Angeboten für Geschäfts- bzw. Filialleiterposten, Anträgen zur Teilhaberschaft usw. geradezu wimmelt. Und schlägt alles fehl, so wird wohl so mancher dazu verleitet, seine paar Spargroschen zu ris kiere» und das gefahrvolle Experiment einer Geschäftsgründung zu wagen. Ich will gewiß keine Vorwürfe erheben, denn ich weiß, wie schwer heute der Buchhandel um die Erhaltung des Wirtschaftslebens ringt. Man hat ja die Not auch kommen sehen und hat, neben den gesetzlichen, auch freiwillige örtliche Wohlfahrtscinrichtungcn geschaffen. Doch die Unterstützung lindert nur die materielle Not, nicht die geistige. Wir wollen arbeiten, wir Anslanddentsche wollen dem Vaterland Ersatz bieten für wertvolle verlorene Kräfte, wollen uns der deutschen Heimat wieder restlos einfügen. Ich erhebe für uns gewiß keinen Vorzug, aber da wir der Not schutzlos preisgegeben sind, weil uns die Grundlage für Empfehlungen und Auskünfte meistens abgeschnitten ist, wäre folgender Vorschlag vielleicht erwägenswert: Im Anschluß an den paritätischen Stellennachweis des Börsenvereins könnte eine Meldestelle für ehemalige Anslanddentsche geschaffen werden, der sich dann in erster Linie alle die Herren bedienen könnten, die Arbeits kräfte mit Sprachkenutnissen suchen oder ihre Beziehungen znm Aus lande wieder anknüpfen wollen. Zuletzt sei mir noch eine Frage gestattet: Haben alle Herren Ge schäftsinhaber ihr Personal gründlich daraufhin revidiert, ob von dem Heer der während des Krieges in unseren Beruf eingedrnngenc» Damen nicht die eine oder andere noch zugunsten eines verdienstvolle» Kriegsteilnehmers, der den ehrlichen Willen zur Arbeit mitbringt, entlassen werden könnte? Es sind mir eine ganze Reihe von Geschäften bekannt, die heute noch ausschließlich mit Damen arbeiten, und eine Unzahl solcher, in denen das weibliche Element übcrwiegt. Könnte nicht hier zuerst der Hebel zur Linderung der Not der Kriegsteil nehmer angesetzt werden? Ein ehemaliger Feldgrauer. Einkommensteuer. Viele Sortimcuter werden infolge' des Krieges auch in diesem Jahre i:> Ermangelung eines Abschlusses genötigt sein, ihr Einkommen schätzungsweise zu ermitteln. I» solchem Falle wird meist von einem abgeschätzten Bruttogewinn ansgegangcn, dem alle Unkosten gegen übersieh"». Vor dem Kriege betrug dieser Bruttogewinn für kleinere und mittlere Sortimentsgcschäste durchschnittlich 25°/, des Gesamt»», satzes. Es wäre wünschenswert und manchem Kollegen zweckdienlich, wenn er einige Ergebnisse erfahren könnte, welchen. Einfluß der Tene- rnngszuschlag auf das Einkommen gehabt hat, der bekanntlich nicht immer in ganzer Höhe dem Sortimenter zugute kam, sonder» von den Verlegern beschränkt wurde. Vielleicht äußern einige Kollegen an dieser Stelle ihre Erfahrungen. >'