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283, 4. December. Nichtamtlicher Theil. 4615 Andere, dieses Beispiel als Ausnahme, nicht als Regel und mithin auch nicht als zutreffend erachten kann. Die Begründung dieser meiner Behauptung will ich ihm nicht vorenthalten. Es ist notorisch und leicht erklärlich, daß die größeren Verleger, deren Verlag „gebraucht" wird, und ganz besonders die Journal verleger, von den Sortimentern bei ihren Meßzahlungen vor allen berücksichtigt werden, da sie ja, falls sie mit der Zahlung im Rück stände bleiben, die sosortige Einhaltung der Continuation und die dadurch entstehenden Unannehmlichkeiten zu befürchten haben. Der Sortimenter „braucht" diese Verleger und der Verleger hat wiederum den Sortimenter in der Hand, ihn jeden Augenblick seine Abhängig keit fühlen zu lassen; — wer kann sich also wundern, wenn die Bazar- Gesellschaft sich einer so glänzenden Einnahme zu erfreuen hat? Ein richtiges Bild der wahren gelammten Lage wird sich nur dadurch Herstellen lassen, daß die Forderungen sämmtlicher Verleger, welche zur Messe bezahlt werden sollen, mit den wirklichen Ein nahmelisten verglichen und gegenüber gestellt werden; — ich bin überzeugt, das Resultat wird erstaunliche Dinge zeigen und sich vielleicht eher den Kleinwächter'schen Ansichten, als denen seines Gegners zuneigen. Ich habe schon oben den Hauptgrund berührt und es ließe sich noch manches Andere anführe», weshalb die großen Verleger eine Bevorzugung genießen. Die Conseguenz ergibt aber, daß die kleinen, entbehrlichen Verleger nachstehen müssen und, wenn der Beutel nicht ausreicht, einfach auf das Znwarten verwiesen werden. Einsender gehört z» letzterer Kategorie; da ich aber meine Erfahrungen in diesem Punkte nicht erst in meinem eigenen Geschäfte gesammelt habe, so ging ich bei Eröffnung desselben behutsam mit Creditgeben vor und von dem Grundsätze aus, lieber etwas weniger, aber sicher, abzusetzen, als nachher dem Saldo nachlaufcn zu müssen, d. h. ich lieferte meinen Verlag hauptsächlich gegen baar. Da ich aber keines wegs prinzipiell gegen jcdcCrcditgcwährung bin und sich andererseits Commissionsscndungen nicht durchaus vermeiden lassen, so steheich auch mit inanchen Handlungen in offener Rechnung. Bei Conto- eröfsnungen richtete ich mich, falls meine eigene Erfahrung oder Er kundigung nicht ausreichte, nach der Liste des Leipziger Verlegerver- cins, worauf ich vielleicht einmal später zurückkomme. Ich führte also im Jahre 1871 für das Geschäft über Leipzig 467 offene Konten, welche in letztvergangencr Ostermesse ausgeglichen werden sollten. In welchem Maße die Voraussetzung erfüllt wurde, möge nachstehende Ausmachung zeigen: u) zur Messe wurden durch Remission, Disposition und Meßzahlung bereinigt 342 b) nach der Messe desgleichen noch 24 o) theilweise (mit Uebertrag) bezahlt sind 5 ä) Remittenden wurden zwar gesandt, aber nicht die ent fallenden Saldi gezahlt, für 24 e) weder remittirt noch saldirt (bis ult. Septembers wurden 72 zusammen 467 Conten; und unter den in cl und ocinbegrisfcnen Handlungen befinden sich größtentheils sehr renonnnirte Firmen, deren Namhaftmachung hier gewiß großes Aufsehen mache» würde! Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, daß mehr als der dritte Theil der mit mir in Verbindung stehenden Handlungen ihren Verbindlichkeiten nicht ordnungsmäßig nachgekommen ist, und überlasse ich die weiteren Schlüsse aus dieser Thatsache gern dem Hern. Verfasser der Entgegnung und dem geneigten Leser. —r. Miscelleu. Ucber das moderne Reclamenwcsen macht Joh. Scherr in einem Artikel mit der Aufschrift „Glossen zur Literatur der Gegenwart" in Lindau's „Gegenwart" folgende Betrachtung: ,, . . . Viel schlimmer jedoch ... ja geradezu verderblich wirken auf die Literatur unserer Tage die Reclamepaukcnschläger. Die Reclame- paukerci ist ja ein förmliches Geschäft, eine literarische Industrie ge worden und jeder »anständige« Buchhändler hat einen oder mehrere solcher Pauker in seinem Solde. Wer diesen ersparen will, schlägt die Pauke mit höchsteigenen Verlegerhändcu. Eine umfassende Samm lung von buchhändlerischen Reclamen, wie sie tagtäglich zu Dutzen den herumkrachen, würde einen charakteristischen Beitrag zur Signa tur unserer Zeit abgcben. Als eine nothwendige Ergänzung hierzu könnten die Neidorakel gesammelt werden, welche die Nichtser gegen alle dermalen in der Literatur Schaffenden und Wirkenden aus gehen lassen. Die Nörgeler schaden indessen weit weniger als die Pauker; denn diese verleiten nicht nur das Publicum zu Dumm heiten, sondern auch die Autoren, welchen zu Ehren sie ihre Wirbel loslassen. Es gehört ein solider gebautes Gehirn dazu, als Poeten oder gar vollends Poetaster in der Regel besitzen, um nicht wirbelig zu werden, wenn man dermaßen angewirbelt wird. Ist aber ein Poetenschädel mal drehend geworden, dann gute Nacht Entwicklung, Streben und Ringe»! Wozu denn noch etwas werden wollen, wenn man schon alles ist? . . ." Aus dem Reichs-Postwesen. — Vom 1. Januar 1873 ab werden bei sämmtlichcn Reichs-Postanstalten Postkarten zum Verkauf gestellt, welche gleich mit dem Francostempel von Groschen bz. 2 Kreuzern bedruckt sind, so daß es des Aufklebens der Freimarke nicht erst bedarf. Diese gestempelten Postkarten werden ohne Aufschlag zum Nennwerthe abgelassen. Daneben wird der Verkauf von Postkarten der jetzt gebräuchlichen Art, welche nicht gestempelt und auch nicht mit Freimarken beklebt sind, ferner der Postkarten mit bezahlter Rückantwort unter den bisherigen Be dingungen fortgesetzt werden. Eine postalische Frage. —Ist der Absender eines Kreuz bandes verpflichtet, demselben eine Post-Freimarke aufzukleben, und hat, falls er sich weigert dies zu thun, die Post das Recht, die Annahme des Kreuzbandes zu verweigern, wenn derselbe das Porto hierfür in baarem Gelbe bezahlen will? Es heißt in dem betreffen den Paragraphen des Post-Reglements: „Kreuzbänder müssen, mög lichst durch Aufkleben von Freimarken, frankirt werden"; es steht jedoch nicht darin, daß das Anskleben der Freimarken unbedingt nothwendig ist, und namentlich nicht, daß dies Aufkleben vom Aufgeber geschehen muß. — Vielleicht ist die Redaction des Börsen blattes oder der Vorstand des Börsenvereins in der Lage, hierüber Auskunft ertheilen zu können. 6. Wenngleich der Herr Einsender seine Anfrage richtiger an ein Postamt adressirt hätte, so hat die Redaction doch an competenter Stelle Erkundigung über das fragliche Verhältnis; cingezogen und kann demselben nun die Auskunft geben, daß die erwähnte Reglemcntsbestimmung dem Publicum lediglich den Wunsch aus- sprechcn soll, Kreuzbandsendungen bereits mit Postwerthzeichen ver sehen aufzugeben. Und zwar liegt diesem Wunsche die wohlgemeinte Rücksicht für das correspondirende Publicum für solche Fälle zu Grunde, wo, wie dies alltäglich geschieht, von einer und derselben Hand Hunderte vonSendungen der fraglichen Art aufgegeben werden; denn wollte ein solcher Aufgeber verlangen, daß der Schalterbeamte die Marken auf die Sendungen klebe, so müßte das gleichzeitig am Schalter verkehrende Publicum mit seinen Einzelausgaben so lange zurückstehen, was natürlich nicht ohne schwere Mißstimmungen bleiben könnte. Eine andere Sache aber ist es, wenn ein Postbeamter bei Ausgabe einzelner Sendungen das Auskleben der Postwerthzeichen vom Aufgeber verlangen würde; in solchem Falle machte sich derselbe ^ einer Ungefälligkeit schuldig, die er nicht verantworten könnte. 629*