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78, 3. April 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 4271 über unsere Verhandlungen, versandt an die gesamte Tages presse unseres Verbandsbezirks, und die Beifügung einer gleichartigen kurzen Notiz — aber keine paragraphierten Nor men! — zu jeder Rechnungsübersendung dürsten nach meiner unmaßgeblichen Meinung nicht ohne günstigen Erfolg bleiben. Kann nun der Verlag in den vorerwähnten Ansätzen zur schnelleren Einziehung des Geldes das Mittel sehen, das von ihm ins Geschäft gesteckte größere Betriebskapital wenigstens teilweise rascher zurückzuerhalten? Ein großer Teil von Ihnen, meine Herren, wird mit sehr geteilten Empfindungen dieser Frage gegenllberstehen und es wenig billigen, daß das schneller eingehende Geld nur dazu dienen soll, bald in die Tasche des Verlages zu fließen. Denken Sie aber mal, wenn der im kaufmännischenLeben anerkannte Grundsatz, gegen Kasse billigsten Einkauf zu finden, auch im Buchhandel dahin führte, wesentliche Vorteile zu bieten. Dann würde die Geschichte ver mutlich schon ein anderes Gesicht bekommen, und mancher von Ihnen würde doch die Sachlage einer Prüfung unterziehen und, wenn ihm das Rechenexenrpel günstig erscheint, statt des Zinsfußes den höheren Rabatt einzuheimsen suchen. Es dürfte Ihnen ja auch bekannt sein, daß eine Reihe scharf rech nender Sortintknter schon bei dieser Bezugsart angelangt ist. Der Verlag aber wird die Entwicklung des schnelleren Geld eingangs beim Sortiment beobachten, und bei den Bezugs bedingungen werden sich beide treffen, das letztere mit dem Verlangen nach höherem Rabatt, der erstere mit dem Wunsche, möglichst schnell Zahlung zu erhalten. Welche Art der Abrechnung schließlich bei dieser Entwick lung herauskommt, ist zunächst von sekundärer Bedeutung; ob der Barverkehr, wie er zum Teil jetzt zwischen Sortiment und Verlag besteht, eine Erweiterung erfährt, oder ob die Abrechnung für feste Bezüge mit Ein- oder Dreimonatsziel den Vorzug erhält, tritt zurück gegenüber der grundsätzlichen Frage, dem festen Verkehr einen Abrechnungszeitpunkt zu geben, der im Einklang steht mit dem Ablauf der Kreditfrist des Verlages. Es wird noch eine Reihe von Jahren darüber hinziehen, bis diese erstrebenswerte Einrichtung erreicht ist, und es wird auch noch einer reichen Portion von Verständigungsarbeit bedürfen, bis hüben und drüben eingesehen wird, daß die Erreichung dieses Zieles für das Gesamtwohl des Buchhandels von hoch bedeutsamem Einfluß ist. Schließlich wird aber doch die Er kenntnis durchbrechen, daß der dem Verlage entzogene Kredit von g—10 Monaten eine ganz bedeutende Menge baren Geldes aus dem Buchhandel herauszog, den wieder herbeizuschaffen nur das Sortiment nach Lage der Dinge imstande ist. Darüber braucht es ja keines besonderen Nachweises, daß die im Bilde der Gesamtentwicklung ziemlich plötzliche Be triebsmittelentziehung nur eine Schwächung für die Gesamt leistungsfähigkeit des Buchhandels bedeuten konnte. Nun wird diese Seite der Resormbestrebungen vermutlich von gar manchem schon aus dem Grunde als wenig aussichts reich betrachtet werden, weil der Kommissionsverkehr keine raschere Abrechnung gestattet. Es liegt hierin aber kein Hinde rungsgrund, da die Abrechnungen über festen und Kom missionsbezug doch wenig Gemeinsames haben. Ob sich in dessen der Kommissionsbezug selbst zu einer früheren Abrech nung eignet, will mir zweifelhaft erscheinen. Ich will dabei weniger an die unerfreuliche Arbeit des Lagersturzes denken und die damit verbundene zeitweise Unübersichtlichkeit des Lagers selbst — — nein, es sind vornehmlich zwei Vor gänge, die einer Beibehaltung in der jetzigen Form das Wort reden. Einmal ist es der unproduktive Arbeitsvorgang der Remission und dann die mit derselben auf einige Zeit ein tretende Dürftigkeit des Sortimentslagers. Wir müssen die Remission als eine unproduktive Arbeit bezeichnen, weil sie nicht in der Lage ist, uns aus ihrem Ar beitsvorgang Anregungen zu geben, die den Gewinn des Ge schäftes zu erhöhen in der Lage wären. Kann man auch nicht in Abrede stellen, daß nach Schluß der Remission das Ab- rechnungsergebnis Aufklärung gibt, ob die Betätigung beim Kommissionsbczuge von Erfolg begleitet gewesen ist, so darf doch diese Feststellungstätigkeit mit der eigentlichen Remissions arbeit nicht verwechselt werden. Die Lagerdürftigkeit des Sortiments am Schluß der Remission hat neben ihrer tragikomischen Seite — der aus gehende Ballen schafft ein wichtiges Buch aus dem Hause, das der vorsichtige Bestellposten-Jnhaber in dem gleichzeitig ein gehenden Ballen aber schon wieder fürs Lager verlangt hat — eine materielle Seite und hat stets mit dem ungünstigen Ein druck zu rechnen, der durch eine geringere Reichhaltigkeit des Lagers hervorgerufen wird. Alle diese sich an den Kommissionsbezug schließenden Folgen zu verdoppeln, kann daher im gemeinsamen Interesse des Verlages wie des Sortimentes schon aus diesen Dar legungen heraus nicht erwünscht erscheinen. Es ließe sich ja nun auch noch die Frage auswerfen, ob nicht trotz dieser offen sichtlichen Mängel ein durch häufigere Remission erlangter erhöhter Abrechnungsrabatt Nutzen abwürfe. Ich halte solches aber für ausgeschlossen, denn die Kosten einer Remission — bestehend aus Arbeitsaufwendung und Beschränkung der Ver triebstätigkeit — sind zu erhebliche. Wenn ich mich nun noch einmal resümieren darf, so möchte ich meine Ansicht über die Frage des Kredites im Buchhandel folgendermaßen zusammenfassen: Der Gesamtbuchhandel, bestehend aus Sortiment und Ver lag, hat ein sehr lebhaftes Interesse daran, daß der dem bücherkaufenden Publikum gewährte Kredit in maßvollen Grenzen gehalten wird. Für das einer wirtschaftlichen Besser stellung bedürftige Sortiment ist die Erreichung bzw. Jnne- haltung dieser Grenze von wesentlicher Bedeutung; aber auch der Verlag hat an der Erreichung eines mit stärkeren Betriebs mitteln ausgerüsteten Sortimentes hohes Interesse. Und nun zum Schluß, meine geehrten Herren, noch eine kurze Betrachtung, die das Persönliche des Buchhändlers streift und auf dem Wesen des Kredites teilweise fußt. Die notwendigen Reformbestrebungen einzufllhren ist nicht immer leicht. Habe ich schon von der Beurtcilungsfähigkeit bei der Krediteröffnung gesprochen, so erheischen die Be mühungen, diesen selbst maßvoll zu beschränken, einen festen Willen und eine gute Dosis Selbstbewußtsein. Es liegt mir fern, gerade dem letzteren mehr das Wort zu reden, als unum gänglich nötig ist, eine besondere Betonung scheint mir aber aus nachfolgenden Gründen doch notwendig. Es ist menschlich verständlich, daß der Verkäufer dem Käufer verbindlich gegen übertritt und die günstigste Verkaufsmöglichkeit zu erlangen sucht. Es wirkt aber eher hinderlich als fördernd, wenn die Verhandlungen beim Käufer den Eindruck hinterlassen, als ob die Geschmeidigkeit des Verkäufers bester Teil sei. Gerade unser Beruf ist, wie wenige kaufmännische, dazu angetan, die Stelle eines Beraters auszullben, und dieser Vorzug soll be dacht sein, ausgleichende Wirkung bet den Verkaufsverhand lungen zu erzielen. Dabei spielt die Gewährung eines zu er öffnenden Kredites keine zu unterschätzende Rolle. Wenn der Käufer aus irgendwelchen Gründen nicht gleich bezahlen will, so weiß er, daß er mit dem Entgegenkommen des Verkäufers zu rechnen hat. Solches muß richtig eingeschätzl werden, nicht in einer Verkaufsübervorteilung, die ja bei unserer Ware an sich ausgeschlossen ist, aber in der Haltung und mit dem Be wußtsein, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wenn ich gerade in unserem Kreise diese Betrachtungen an den Schluß meiner Ausführungen setze, so geschieht es mit dem Bewußtsein, auf dem Boden der Kreisvereine zu der Kerntruppe des verkaufenden Buchhandels zu sprechen, dir sich stets bewußt bleiben möge, daß von ihrer Haltung ein glück- oss«