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Redaktioneller Teil. v 142, 22, Juni 1916, Dritter Bericht über die Verwaltung der Deutschen Bücherei des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig im Jahre 1915. Erstattet von vr, Gustav Wahl, Direktor der Deutschen Bücherei. Gr. 8°. 16 S. Leipzig 1916, Börsen verein der Deutschen Buch händler. Brosch. Als Manuskript gedruckt. Ein Beispiel dafür, daß in Deutschland das geistige Leben während schwerster Kriegszeit in unvermindertein Maße aufrechterhallen wird, ist die in der Deutschen Bücherei, dieser großen Präsenzbibliothek, im Jahre 1915 geleistete Arbeit. Troß großer Raumbeschränkungen vor Bollendnng des Neubaues, trotz Einberufung von Bibliothekaren und Beamten und anderer durch den Kriegszustand hervorgcrufener Schwierigkeiten ist keine Unterbrechung oder bemerkenswerte Störung in der Arbeit hervorgetreten. Dank der Förderung durch die Sächsische Staatsregierung, die Gemeinde Leipzig und den Buchhandel aller dentschsprechcnden Länder, durch Behörden, Akademien, Hochschulen und Schulen aller Art, durch Diuckereien und Einzelpersonen usw. hat das begonnene Werk auch im Jahre 1915 eine erfreuliche, für die Zukunft verheißungsvolle Weiterentwicklung genommen. Selbst die Absicht, die Bestände durch geeignete Mittel und Veranstaltungen lebendig zu erhalten, tonnte durch eine Ausstellung bemerkenswerter Gegenstände ans der Kricgssammlung verwirklicht werden. Auch war es möglich, den Personalbestand den gesteigerten Bedürfnissen ent sprechend zu erhöhen. Im einzelnen wird in der Schrift noch eine genauere Übersicht über den Verwaltungskörper, die Finanzen, über die Werbetätigkeit und Vermehrung der Sammlungen, über den Neubau und ver schiedene andere bemerkenswerte Einrichtungen gegeben. Aus alledem kann der Leser ersehen, in wie unvermindertem Maße an der Aus gestaltung der Bibliothek gearbeitet worden ist. Der Umstand, daß nunmehr der Umzug in das großartige eigene Heim an der Straße des 18. Oktober vollzogen und die Schwierigkeit räumlicher Be schränkung behoben ist, gibt uns die Gewähr weiterer gedeihlicher Entwicklung der Deutschen Bücherei und einer in verstärktem Maße im Frieden zur Geltung kommenden Nutzbarmachung ihrer reichen Bestände und Sammlungen. 1^. Kleine Mitteilungen, Verbot der Verbreitung einer Druckschrift. — Eine Verfügung des stcllvertr. Generalkommandos des 2. bayer. Armeekorps besagt: Die Ein- und Ausfuhr sowie die Verbreitung der Druckschrift »Das Deutsche Reich auf dem Wege zur geschichtlichen Episode, eine Studie Bethmannscher Politik in Skizzen und Umrissen von Juni ns Alter, streng vertraulich, als Handschrift gedruckt, ohne Angabe des Druckers«, sind verboten. Wo sich Exemplare vorfinden, sind sie zu beschlagnahmen. Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnung werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Bei mildernden Umständen kann auf Haft oder Geldstrafe bis zu 1500 ./i erkannt werden. anstalten in der Absicht heranzutrcten, die Forderungen in den huma nistischen Fächern noch weiter herabzumindern, erklärt der Senat der Kaiser Wilhelms-Universität, daß eine derartige Reform den aka demischen Unterricht gefährden würde. Er steht auf dem Boden ver letzten Schulreform, welche die ausschließliche Berechtigung zum Uni versitätsstudium dem Gymnasium genommen und die Universität auch den Schülern der Realgymnasien und der Oberrcalschulen erschlossen hat. Der Senat kann die Aufgabe einer kommenden Reform nur darin sehen, jede dieser drei höheren Bildungsanstalten je nach ihrer Eigenart weiter auszubauen, nicht aber darin, den diesen Anstalten eigentümlichen Charakter zu verwischen. Das Zcitungswcscn im französischen Schützengraben. — Die Zahl der Schützengrabenzeirungen, die sich in Frankreich ganz besonderer Beliebtheit erfreuen, ist, wie eine Pariser Schilderung der »Times« in London berichtet, an der französischen Front und im Etappen gebiet schon zu solcher Höhe angewachscn, daß diese Schützengrabcn- blätter in der Nationalbibliothek in Paris bereits eine eigene, ziemlich ansehnliche Abteilung zu füllen vermögen. Die größte und bekannteste dieser Veröffentlichungen ist der »Rigolbochc« (in wörtlicher Über setzung »Dentschenlacher«), der sich auch am meisten durch Soldaten humor auszeichnet. Sehr oft kehrt in den Titeln der Schützengraben blätter das Wort »Poilus« wieder. Es gibt einen »Poilus« in der Champagne und einen in der Gegend von Verdun. Ein illustriertes Blatt von der Front führt den Titel »Der gefiederte Hase«, ein anderes heißt »Der indiskrete Soldat«. Im übrigen werden noch die Blätter »Kameradschaftlicher Krieg«, »Bum voilas«, »Bellica«, »Die Argon- nautcn«, »Granatenccho« »Erste Linie« und »Behaarte Ratte« als die ! bekanntesten Schützengrabenzeitungen genannt. Allerdings ist zu be- ! merken, daß der Humor dieser Blätter sich häufig genug bloß auf den j Titel beschränkt, da inhaltlich alle möglichen chauvinistischen Hetzartikel überwiegen, die beweisen, daß die französischen Soldaten den Pariser Pressclenten in dieser Beziehung nicht nachstehen wollen. Äußerlich sind die französischen Schützengrabenblätter denkbar einfach, worin sie sich von der englischen Konkurrenz in auffallender Weise unter scheiden. Der Text ist meist mit der Hand geschrieben und in einer verhältnismäßig geringen Anzahl von Exemplaren ans die billigste Weise vervielfältigt. Als charakteristisches Merkmal ist zu bemerken, daß der Spott im redaktionellen Teil sich sehr oft gegen die eigenen Landsleute richtet, so daß das Bestehen einer ziemlich tiefen Kluft zwischen Soldaten und Zivilisten enthüllt wird. Besonders scharf werden die französischen Drückeberger angegriffen, deren es anscheinend noch immer eine große Menge gibt. Auch werden die Zivilisten be sonders darum getadelt, weil sie allzuviel von sich hören lassen, mehr sprechen und schreiben, als nötig ist, und eigensinnig auf ihren überlieferten, durch die Kriegsgesetze eingeschränkten Rechten und Ge wohnheiten bestehen. Zwei Erklärungen der Straßburger Universität. — In der elsaß- lothringischen Ersten Kammer teilte der Vertreter der Universität Straßburg Prof. v. Nowack zwei vom Senat der Universität gefaßte Entschließungen mit, die wir wegen ihrer prinzipiellen Wichtigkeit hier im Wortlaut wiedergeben: 1. Angesichts der in der Presse immer wieder erhobenen For derungen, daß es recht und billig sei, den seit Beginn des Krieges an den höheren Lehranstalten aus Prima und Sekunda abgegangenen Schülern, die in das Heer cingetreten sind, das Reifezeugnis zu derselben Zeit zuzuerkennen, wo die ans der Schule zurückgebliebenen Mitschüler es ans dem normalen Wege durch die bestandene Prüfung erwerben, hält der Senat der Kaiser Wilhelms-Universität es für- notwendig, zu erklären, daß er die Beschreitung dieses Weges im Interesse der Universität wie dieser jungen Leute für verhängnisvoll hält: die Universität sicht sich vor Aufgaben gestellt, die sie beim ^ besten Willen nicht erfüllen kann; den jungen Leuten aber werden j durch ein solches Zeugnis trügerische Aussichten eröffnet, die sich! nicht erfüllen können. 2. Angesichts der in der letzten Zeit hervorgetretenen Bestrebun- ^ gen, von neuem an die Frage der Reform der humanistischen Lehr- i PcrsollaliiaÄrichtell. Silvanus Thompson f. — In London ist der berühmte Physiker- Pros. Silvanns Thompson gestorben. Er ist für die deutsche Wissen schaft insofern von einer gewissen Bedeutung gewesen, als er der englische Biograph des Deutschen Philipp Reis ist, dessen Anteil an der Erfindung des Telephons er besonders ausführlich darstellt. Außer dem sind Thompsons Arbeiten wie in viele Sprachen, so auch zum Teil ins Deutsche übersetzt worden. Thompson war ans beinahe allen Gebieten der Physik gleich gut zu Hause; sein Lieblingsgebiet aber war die Elektrizitätslehre, und auf diesem hat er auch die meisten Arbeiten veröffentlicht. Sein Werk über die dynamo-elektrischen Ma schinen, das 1884 zuerst erschien, hat mehrere Auflagen erlebt und ist jetzt zu einem sehr stattlichen, zweibändigen Werke geworden. Sein »Elementarunterricht in Elektrizität und MagnAismus«, das u. a. auch ins Deutsche übersetzt worden ist, hat wohl die weiteste Verbrei tung gefunden. Dem gleichen Gebiete gehören seine Arbeiten über das Entwerfen von Dynamos, seine Vorlesungen über Bogenlampen und »Drahtlose Telegraphie und Telephonic« an. Dafür, daß Thompson die Elektrizitätslehre besonders liebte, spricht auch, daß er darüber eine große Bibliothek angelegt hat, die namentlich an den frühesten Werken über den Magneten und Magnetismus und Elektrizitätslehrc überaus reich ist. Die übrigen Arbeiten Thompsons gehören den verschiedensten physikalischen Gebieten an, mehrere darunter beschäf tigen sich mit Optik, so eine über sichtbares und unsichtbares Licht. Thompson hat auch eine Lcbensgeschichtc Faradays und eine ausführ liche, zweibändige Biographie Lord Kelvins verfaßt. 812 ^ ^ -'""Il.ch «drc„. ..-.aknon und ^pcdlNon. D.r.chl^o -6 uch„andl.i„au.,.