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Redaktioneller Teil. 160. 13. Juli 1918. Der Teuerungszuschlag soll auch gar nicht di« Ladenpreise erhöhen. Bei Büchern, die vor dem Kriege erschienen sind, die also nach den damaligen Satz-, Druck- und Papierpreisen kalkuliert sind, ist eine Erhöhung des Ladenpreises ganz und gar nicht ge rechtfertigt, wohl aber ein Teuerungszuschlag, der lediglich einen Ersatz bieten soll für die durch den Krieg und die Absperrung Deutschlands vom Weltmärkte hervorgerufene Teuerung aller Ge schäfts- und Lebensbedürfnisse, sowie für den verminderten Um satz. In jedem Betriebe ist ein bestimmter Umsatz erforderlich, um die Geschäftsspesen zu decken. Sinkt dieser Umsatz auf einen gewissen Punkt, so ist diese Deckung in Frage gestellt, oder die Spesen betragen gar noch mehr als der Nutzen an dem er zielten Umsatz. Dies ist jetzt im Buchhandel bei einem sehr großen Teil der Betriebe der Fall, und der Buchhandel würde durch den Teuerungszuschlag auch das Mißverhältnis zwischen Umsatz und Spesen auszugleichen haben, wie dies anders Be triebe schon seit langer Zeit tun. Die Frage, ob die Verpflichtung, die der 8 21 gegenüber dem Verfasser auferlegt, Urheber- und vertragsrechtlich, also mit ding licher Wirkung, auf den Sortimenter sich erstreckt, dürste wohl zu verneinen sein. Auch die oben angezogene RGEntscheidung ver neint sie. Daraus folgt, daß der Sortimenter auch ohne die Einwilligung des Verlegers einen Teuerungsaufschlag berechnen kann, selbst wenn Z 21 den Verleger daran hindern würde, was ich freilich bestreite. Allerdings ist bei dem Monopolcharakter des Buches der Verleger in der Lage, den weiteren Verkehr mit dem Sortimenter von dem Verzicht auf die Erhebung eines Teue rungszuschlags abhängig zu machen, dies hat aber mit rechtlichen Erwägungen nichts zu tun. Teuerungszuschläge zu schützen, die lediglich der Sortimenter ohne Zutun des Verlegers erhebt, ist der Börsenverein allerdings nicht imstande. Der Schutz müßte in einer Vereinbarung der Sortimenter eines Ortes gesucht werden, die sich gegenseitig ver pflichten, den Teuerungszuschlag zu erheben, ebenso wie schon heute bei K 5 Absatz 3 der Schutz in die Hände des Kreis- und Ortsvereins gelegt ist. Ist nun der Ladenpreis gefährdet, wenn der Verleger oder Sortimenter einen solchen Teuerungszuschlag festsetzt? Er ist viel mehr gefährdet durch die einseitige Preisheraufsetzung einiger Verleger, da augenblicklich niemand sagen kan», wieviel ein Buch kostet. Er ist gefährdet durch die Remittcndenverkäüfe einzelner Verlagshandlungen, ebenso durch den Mietbuchhandel. Er ist aber nicht gefährdet durch einen befristeten Teuerungs zuschlag, der automatisch nach Ablauf dieser Frist fortfällt. Die Vorschläge, die in der Kantateversammlung gemacht wur den, und der Antrag Ehlermann, der angenommen worden ist, verschieben die Besserung auf unabsehbare Zeit. Wenn die große Zahl der Verleger erst mit der noch größeren Zahl der Ver fasser verhandeln soll, ob die Ladenpreise erhöht werden, bzw. welche Bücher des betreffenden Verfassers, kann und wird, wie es auch schon in der Kantate-Versammlung ausgesprochen worden ist, nicht nur dieser Krieg zu Ende gehen, sondern auch noch der nächste. Wo die Not groß ist, heißt es schnell handeln. Auch ich habe oben schon die Meinung vertreten, daß keinem Sortimenter verwehrt werden kann, einigermaßen zu versuchen, seinen Nutzen mit seinen Spesen in Einklang zu bringen, wenn ihm auch durch die Satzungen des Börsenvereins eine Erhöhung des Ladenpreises versagt ist. Aber Not kennt kein Gebot, und wenn dem Sortimenter nicht anderweitig geholfen wird, so muß er sich selbst helfen. Eine Erhöhung sämtlicher oder sehr vieler Ladenpreis« wird beim Publikum einem viel größeren Widerstand begegnen, als die Erhebung eines Teuerungszuschlags, der sich auf allen Ge bieten des Handels und Wandels bereits durchgesetzt hat und willig gezahlt wird. Auch praktisch ließe sich di« Sache sehr einfach durch einen Aushang im Gcschästslokal ins Werk setzen, der etwa zu lauten hätte: »Während der Dauer des Krieges wird auf alle Waren ein Teuerungszuschlag von Ist"/» erhoben.« 920 Der Sortimenter ist dann in der Lage, vom Publikum den Preis für das Buch einschließlich des Teuerungszuschlags zu ver langen und kann sich bei Einspruch aus diesen Anschlag be rufen. Auch den Verleger würde eine solche Lösung vor langwieri gen Verhandlungen mit seinen Verfassern bewahren, deren Ende und Ergebnis nicht abzusehen ist. Auch er könnte sich mit gutem Recht auf die Zwangslage berufen, in die der Krieg den ganzen Handel, nicht zum wenigsten den Buchhandel versetzt hat. Ich bin überzeugt, daß die Gerichte, die heute mehr als je bestrebt sind, den Geist über den Buchstaben zu setzen, meiner Auffassung des 8 21 VG. und meiner Ansicht über die Natur eines Teuerungs- zuschlags sich nicht ablehnend gegenüberstellen werden. Neichsbuchwoche 1916. (28. Mai bis 3. Juni.) Das Ergebnis für den Buchhandel. (Schluß zu Rr. 1S9.t Peine: Im Börsenblatt Nr. IVO vom 2. Mai setzte ich meinen Kriegsplan zur Reichsbuchwoche auseinander und hoffte, es würden sich ein paar Berufsgenossen finden, die meiner Bitte zu gleicher Arbeit in ihrem Bezirke entsprächen. Es meldete sich niemand, und das war mir eine Enttäuschung. Nicht die einzige der Neichsbuchwoche, aber die wenigen Enttäuschungen, die sie mir brachte, fallen gegenüber dem Erfolge nicht ins Ge wicht — und ein Erfolg war mir die Reichsbnchwoche in dop pelter Beziehung: geschäftlich und sachlich. Mein Vorsatz, nicht auf andere zu bauen, blieb bas beste. Es wurde kein Ortsausschuß gebildet, es wurde nicht viel geredet, sondern als ich sah, daß mein Geschäft mit der üblichen Werbetätigkeit nur einen geringen Mehrumsatz haben würde, ent schloß ich mich schnell, den Ausschuß selbst zu machen. Bürger meister und Landrat saßen tief in der Arbeit über Lebensmittel versorgung und vertrauten meinem Vorschläge. Der Zweig verein vom Roten Kreuze war gleicher Meinung, und die Presse wurde in Bewegung gesetzt. Ich schrieb drei kleine Hinweise und vereinbarte die Zeit der Aufnahme. Als Anzeige nahm ich die: »Drei Fragen und zwei Antworten« abwechselnd mit einer Anzeige, worin ich mein Lager zur Neichsbuchwoche empfahl. In den Schaufenstern hingen die Plakate vom Börsenverein und das schöne farbige Barsortimentsbild, das auch an ein paar lebhaften Ecken der Stadt angebracht war. Die Schulen wurden besucht, die »reichen Leute« auch, und der Laden war voll von guten Büchern, deren Auswahl die Hauptarbeit war. Gefreut habe ich mich über das Entgegenkommen der meisten Verleger. Ich hatte hier und da sehr viel bestellt, um einen grö ßeren Gewinn zu erzielen; die Umtauschberechtigung bei einem Mißerfolge der Reichsbuchwoche wurde fast immer gewährt. Die Ausnahmen schmerzten wenig. Das Geschäft setzte gleich nach Kantate ein. Es wurde mancherlei, meist jedoch nur aus den billigen Sammlungen gekauft, ein rechter Erfolg war das nicht. Inzwischen hatten aber die großen Leute ihren Geldbeutel ge öffnet; mir wurden ein paarmal IVO zur Anschaffung von Büchern überwiesen, und bald stand die erste von mir zusammen gestellte Kompagniebücherei im Laden. Eine feste, mit Blech beschlagene, verschließbare Kiste enthielt ungefähr 1VV Bücher aller Art — ich richtete mich nach eigener Erfahrung und nach den Listen der fahrbaren Divisionsbücherei. Ein genaues Verzeichnis des Inhalts war mit Schreibmaschine sechsmal durchgeschlagen, ein Durchschlag säuberlich auf Pappe gezogen und zum Aufhängen eingerichtet; die übrigen wurden in die Kiste gelegt, damit der Kompagnieführer, der Feldwebel und andere in Frage kommende Leute je ein Stück zu ihren »Akten« nehmen konnten. Die aufgezogene Liste sollte zum Aushängen in der Schreibstube dienen. Um das Rutschen der Bücher zu vermeiden, waren Holzquerleisten in die Kiste eingesetzt. Bei Versuchen mit Werfen und Schütteln der Kiste hielt sie stand und die Bücher blieben in Ordnung. Mit Hilfe des Frauenvereins wurde in den ersten Tagen der Reichsbuchwoche eine Haussammlung durchgeführt und in