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8642 «Irs-nbl-ll I. d. DII4». vuchhandki. Nichtamtlicher Teil. ^ 168, 22. Juli 1912. dige fort, weil es zu umfangreich ist. Das sind dann Gutz kows. allerdings billige, Werke! Ähnlich liegen die Verhältnisse bei den »Gesammelten« oder »Sämtlichen« Werken neuerer Autoren; die sind zum Teil auch nicht teuer, oft geradezu billig, sicht man die Menge gebundenen Druckpapicres an, die man nm sein Geld bekommt. Und doch auch hier dies Friß-Vogel-oder-stirb-Prinzip! Entweder, lieber Leser, du kaufst von mir in Ein- zelausgaben zu hohem Preis, was dir beliebt, oder — meine gesammelten Werke! Wenn davon auch nur der vierte oder dritte Teil Wert für dich hat! Du hast ja, bei unseren niedrigen Wohnungspreisen, genug übrigen Raum, um die großen kahlen Zimmerwände zum Vergnügen mit unnötigen Büchern zu füllen! Auch beim nächsten Umzug macht es dir eine besondere Wonne, möglichst viele Bände ein- und wieder auszupacken! So ist's doch, lieber Leser, nicht . Noch etwas anderes liegt aber in dem Satze: »Einzelne Bände der Gesamtausgabe werden nicht abgegeben«. Ich mutz unwillkürlich an die Kinderzeit denken, wo es mir greu lich war, zum Rindfleisch Gemüse von gelben Rüden essen zu müssen. Ich atz sie aber doch — denn sonst hätte ich vom Nach tisch-Kuchen nichts bekommen; den aber wollte ich gerne; um seinetwillen mutzte eben das Voressen auch bewältigt werden. Täusche ich mich, oder liegt in einem derartigen Zwange, et- was Ungewünschtes nehmen zu müssen, um das Gewollte zu haben, wirklich ein unwürdiger Zustand? Unwürdig für Käufer, Verkäufer und — Autor? Nicht zum wenigsten für diesen, der vielleicht in das wenig gelesene, ungewünschte Werk gerade sein Tiefstes niedergelegt hat. Kann er wollen, datz die Herdenmenschen dies haben müssen, was er sür sich und die wenigen Überragenden geschrieben hat? Man befürchtet, es gehe unter? Nein, das wird es des halb nicht, wenn es im Bücherschränke des Durchschnitts menschen fehlt, da seine Existenz durch vollständige Ausgaben gesichert ist. Zudem wäre es überhaupt in allen Auswahl ausgaben zweckmäßig, auf einer oder einigen Seiten das ge samte Werk des Dichters den Titeln nach anzugeben. Es würde dies dem Dichter und dem strebenden Leser in gleicher Weise nützen, dem Verleger kaum nennenswerte Kosten machen. Gibt man jedes einzelne Werk eines Ver fassers zu einem angemessenen Preise ab, dann erst ist ei ne Ausgabe billig. Dann breitet sie den Segen der Wohlfeilheit aus. Eine noch so wohlfeile Ge samt-Ausgabe ist nämlich für den aufwärtsstrebenden, nicht mit Glücksgüteren versehenen Menschen nicht billig, wenn sie auch nur 15 »kk kostet und Ballast enthält. Billig ist ihm aber das, was er will und braucht, wenn er es für eine, zwei, ja noch für drei Mark erstehen kann. Aus ähnlichen Erwägungen heraus und im Hinblick auf englischen Vorgang entstanden Sammlungen wie die Kollektion Spemann, Das Wissen der Gegenwart, Oldenbourgs (Heysesj Novellen-Bibliothek und Cottas Bibliothek der Weltliteratur zu einer Mark für den Band — dem Schillingbande entsprechend. Wenn alle diese Sammlungen den Verlegern im Laufe ihres Lebens vielleicht nicht die Freude gemacht haben, die sie sich von ihnen versprachen, so liegt dies nicht daran, datz die Kollektionen der Zusammenstellung nach schlecht gewesen wären oder datz sie noch zu teuer wären. Nein, das ist es nicht. Zum Teil waren die Verleger des Glaubens gewesen, das ver wendete Papier sei für den Zweck gut genug; das war ein Irrtum. Es gilbte, es war nicht ausprobiert, und die Bücher wurden von den Käufern — Laden-Buchhändlern und Publi kum — zurllckgewicsen. Dann auch litten diese ersten Unter nehmungen unter den Zeitverhältnissen. Die Masse, für die sie bestimmt waren, war noch nicht reif, noch nicht erzogen zum Bücherkaufin Menge; auf diesen aber und nicht auf sparsamen, seltenen Erwerb gründet sich das billige Buch überhaupt. Nicht vom Büchersammler, nicht vom Bibliotheks- liebhaber will es zunächst gekauft sein, sondern als Konsum artikel, als Verbrauchsgegensland. Für die erstgenannte Menschengattung spielt der Preis ja nur eine Rolle in dem Sinne, daß er das Seltene, Teure ausdrückt. Für die Büchereien wird durch den Durchschnitts verlag gesorgt, für den eigentlichen Buchverbraucher, die große Menge, die unterhalten und belehrt sein will, jetzt schnell das lesen, durch ein Ereignis angeregt, dann sich über jenes unter richten, und gleich darauf wieder etwas anderes, für die hat der Verleger des billigen Buches zu sorgen, sieben diesem Schwarm von neuzeitlichen Menschen, die dem Schmetterling gleich von Blume zu Blume flattern — nur weniger gefällig und nicht immer mit soviel Zweckgefühl wie das Tier —, ist aber noch eine andere Gattung herangewachsen. Es ist die der mäßig bemittelten ernsthaften Leute, denen es das wohlfeile Buch gestattet, sich von den mancherlei Leih- und öffentlichen Büchereien unabhängig zu machen, denen es gestattet, sich eine eigene Hausdücherei zuzulegen. Beide Arten von Bücherfreunden sind nun, den Zeit läuften gemäß, ziemlich anspruchsvoll; was sie kaufen, mutz zum mindesten nicht nur das enthalten, was sie wollen, es mutz auch in der Form gewisse Bedingungen erfüllen. Der Mann der ersten Gattung, der neugierige Grotzstadtmensch, ist an spruchsvoll, natürlich auch gegen das billige Buch. Er ist ver wöhnt, er will was für sein Geld sehen; mindestens für den Augenblick muß das Buch etwas »gleichsehen«. Er verlangt zudem einen deutlichen, großen Druck und wünscht eine an sprechende Gestalt. Ähnlich sind die Forderungen der zweiten Art der Massenbücherkäufer, deren Wünsche zudem noch auf eine gewisse Solidität in Form und Ausstattung, auf eine sichere Haltbarkeit gehen. Mit Strohpapier ist diesen nicht gedient; sic wollen ihre billigen Schätze wohlerhalten nach Jahr und Tag aus dem Regal nehmen können. Es ist, wie man steht, durchaus nicht einfach, allen Wünschen der Abnehmer des Massenbuches gerecht zu werden, schon was die rein materielle Seite der Sache anlangt. Diese Art von Verlagsgeschäft setzt da her ganz bestimmte Eigenschaften des Unternehmens voraus. Die Entscheidung darüber, welchen Inhaltes die billigen Bücher zu sein haben, erfordert naturgemäß noch ganz be sondere berlegerische Erfahrung; in vielen Fällen wird es sich darum handeln, zu teure Bücher verkäuflich zu machen. An diesem Platze darüber zu sprechen, ist nicht angezeigt, nachdem es vor einiger Zeit ausführlich in dem Aussatze »Billige Ausgaben« geschehen ist. Wie ist es nun möglich, gute und doch billige Bücher her zustellen und auch mit Nutzen für den Sortimenter unter die Leute zu bringen? Unerläßliche Voraussetzung ist, daß der Verleger auf dem Gebiete der Herstellung die umfassendsten Kenntnisse hat; nicht nur im Verkehr mit der Druckerei, sondern auch in bezug auf Kenntnis der Papiersorten und die Art der billigsten Be schaffung guter geeigneter Sorten. Sodann ist große Erfah rung mit Buchbindereien nötig und die Fähigkeit, weitschauend aber knapp zu kalkulieren und darauf das Geschick, das Er zeugnis all dieser Überlegungen, das billige Buch, zweckmäßig aus dem Meer der Manuskripte herausgefischt zu haben, so daß die Händler und deren Käufer mit beiden Händen nach ihm greifen. Die notwendige Billigkeit läßt sich also erzielen dadurch, daß man in der Herstellung spart, aber nicht etwa an Qualität des Papiers, am Satz, indem man ihn so kompretz als möglich wählt. So erhält man ja auch billige Bücher, nicht aber die, die sich gut verkaufen, nicht die, die gehen »wie warme Semmeln«. Das Geschäft für Verleger und Sortimenter bringen aber