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Künftig erscheinende Bücher. Börsen«»» s. d. Dtschn. Buchhandel. 13163 R. Piper k Co.. Verlag. München G. in. b. H. Demnächst wird ausgegeben als Propagandaheft unserer Dostojewski-Ausgabe: Dostojewski Ein Essay von Otto Julius Bierbaum. Wir geben diese sechzehn Großoktav-Seiten starke, in Umschlag geheftete Broschüre kostenlos an alle Sortimenter ab, welche eine nachdrückliche Dostojewski-Propaganda unternehmen wollen. Wir drucken 50000 Exemplare. Versenden Sie das Lest direkt per Post an ausgewählte Adressen, hängen Sie ein Exemplar mit der Auf- schrist „Kostenlos" ins Fenster, halten Sie vor allem unsere Ausgabe der Romane, Novellen und Lumoresken ständig auf Lager und legen Sie sie den Kunden vor. welche nicht bloß Unterhaltung für den Augenblick suchen. Vor allem empfehlen wir auch Ihnen selbst die Lektüre des Bierbaumschen Aufsatzes. Auch Sie werden dann den Wunsch verspüren, diese gewaltigsten modernen Romane kennen zu lernen, soweit sie Ihnen noch nicht bekannt sein sollten. Wir geben im folgenden Auszüge aus diesem Essay, den Bierbaum selbst als den besten bezeichnet, der ihm je gelungen sei. Die Größe Dostojewskis berührte mich zum ersten Male in sehr jungen, unreifen Jahren; ich hatte noch drei Klassen des Gymnasiums vor mir, bis zu der sonderbaren Reifeprüfung, die in Deutschland die Pforten der Universität öffnet. Ich las damals so viel, daß ich mich jetzt mit einigem Rechte vom Lesen dispensieren darf. Und ich las, wenn auch nicht mit vollem Ver ständnis, so doch mit gutem Instinkte: fast nur Bücher, die mir eine Welt auftaten, in der Ziele für mich leuchteteü, und nur Bücher von persönlich künstlerischem Ausdruck. Trotzdem ist vieles davon für mich versunken und kaum noch in Erinnerung Aber Dostojewski ist mir geblieben, und je mehr ich davon abkam, modernen Künstlern Größe zuzuerkennen (was ich nach Iugendart schnellfertig gerne tat, wenn mich ihre Kunst sym- pathisch berührte und mein Lebensgefühl steigerte), um so mehr fühlte ich: dieser ist wirklich groß, obwohl er mir nicht eigent- lich sympathisch ist und mich öfter bedrückt, als erhebt. Ich weiß jetzt: er ist mehr als ein Gipfel, er ist ein Gebirge. Und alle modernen Gipfel, einen einzigen ausgenommen, ragen kaum zur halben Löhe seines Mittelzugs: der Eine aber, der seine Spitze überragt, Nietzsche, wirkt neben seinem ungeheuren Massiv aus gewachsenem Fels fast beängstigend als Kunstwerk: wie etwas Konstruiertes neben etwas Elementarem. Ich halte daher die Herausgabe der sämtlichen (nicht nur dichterischen) Werke Dostojewskis in guten Verdeutschungen, die die Verlagsanstalt von R. Piper 8- Co. mustergültig zu be sorgen am Werke ist, für eines der verdienstvollsten Unter nehmen überhaupt, das wir dem deutschen Verlagsbuchhandel in der letzten Zeit verdanken. Wer europäisches Kulturgewissen hat, muß trachten, Dostojewski kennen zu lernen, und zwar den ganzen Dostojewski Das Wort Weltliteratur, zum ersten Male von Goethe ausgesprochen, und zwar im Sinne eines deutschen Kultur-Poftulats, darf keiner als beherzigt im Munde führen, der neben den Großen klassischer Prägung aus den reinen Kunstzeiten der Völker nicht auch diesen wahrhaft großen Modernen kennt, der, gleich jenen, wirklich eine Welt bedeutet! Wer Kunst intensiv zu fühlen vermag, erschauert in Be wunderung vor seinem Werk und erkennt, daß Dostojewski an zeugendem Reichtum schöpferischer Kraft nur mit einem verglichen werden darf, Shakespeare. Er ist der Shake speare des Romans, ist Rußlands Shakespeare. . . .