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Lesung für eine solche zu haben sein werde. Demgegenüber möchte ich doch als unsere Ansicht aussprcchen, daß gerade eine solche Plakatsteuer einmal keinen erheblichen Ertrag bringt, dann aber auch einen außerordentlich schädlichen Ein griff in die Industrie, besonders des Steindrmkgewerbes, be deuten und auch eine schwere Benachteiligung der in der Industrie beschäftigten Arbeiter zur Folge haben würde. Die Plakatsteuer wie die Jnseratensteuer ist mit Recht in den Orkus hinabgeworsen worden, und darin wird sie auch bleiben müssen. (Bravo! links.) Präsident: Ich schließe die Diskussion. Wir kommen zur Abstimmung über Z I. Ich bitte, daß die Herren, welche 8 1 annehmen wollen, sich von ihren Plätzen erheben. (Geschieht.) Abgelehnt. Meine Herren, ich werde die folgenden Paragraphen aufrufen, und wenn keine Abstimmung verlangt wird, die selben für abgelehnt erklären. — § 2, — 3, — 4, — S, — 6, — 7, — 8, — 9, — 10, — 11, — 12, — 13, — 14, — 15, — 1k, -17,- 18, — 19, — 20, — 21, — 22, — 23, - 24, —25,— 26, — 27, — 28, — 29, — 30, — 31, — 32. — Ab gelehnt. Einleitung und Überschrift. — Abgelehnt. Wir kommen zu den Petitionen. Ich bitte diejenigen Herren, die die Petitionen für er ledigt erklären wollen, sich von ihren Plätzen zu erheben. (Geschieht.) Das ist die Mehrheit. Heines Beziehungen zum Buchhandel. Von Tony Kellen (Bredeney/Ruhr). Wenn wir das kürzlich in neuer Auflage erschienene Werk von Gustav Karpeles »Heinrich Heines Memoiren, nach seinen Werken, Briefen und Gesprächen« durchblättern, so sehen wir, das; die geschäftlichen Beziehungen Heines zum Buchhandel einen viel breiteren Raum in seinem Leben einnehmen, als man gewöhnlich vermutet, und wenn wir in seinen Briefen und anderen Werken weiter nachforschen, finden wir noch eine Menge bemerkenswerter Einzelheiten über das Berhältnis zu seinen Verlegern. Nachdem Goethe und Schiller bereits erhebliche Honorare aus ihren Werken gezogen hatten, ist Heine auf diesem Wege weiter fortgeschritten, und hat aus seinen literarischen Arbeiten soviel materiellen Nutzen zu ziehen gesucht, wie es ihm bei der Eigenart seines Talentes überhaupt möglich war. Daß er nicht ganz von seiner Feder zu leben vermochte, erklärt sich aus ver schiedenen Umständen. Vorerst war er kein Schriftsteller, der sich den Tagesbedürfnissen anzupassen vermochte, und was er nur des Geldes wegen herausgab, schrieb er mit innerem Widerwillen. Sodann verließ er sich sein ganzes Leben lang auf die Unterstützung, die er von seinem reichen Onkel bezog, und dabei lebte er immer auf so großem Fuße, daß er auch bei viel höheren Honoraren nicht damit hätte auskommen können. Er hat das mit allen Schriftstellern gemein, daß auch ihm die Leiden des Anfängers nicht erspart blieben (seine ersten Ge dichte wurden ihm von zwei Verlegern zurückgeschickt). Er war übrigens so unerfahren, daß er gerade sein bestes Werk, sein »Buch der Lieder«, gegen eine geringe einmalige Abfindung ver kaufte, weil er eben selbst kein Zutrauen dazu hatte. Mit manchen Schriftstellern hatte er auch das gemein, daß er stets mißtrauisch gegen seinen Verleger war. Er hat sich immer wieder mit seinem Verleger Campe gezankt, obschon er persönlich mit ihm befreundet war. Er selbst hat sein Verhältnis zu Campe mit einer Ehe verglichen, und da er selbst sagte, daß er sich mit Mathilde, seiner späteren Frau, regelmäßig zankte, so brauchen wir uns nicht zu wundern, daß auch seine geschäftlichen Beziehungen zu Campe oft getrübt wurden, zumal der Verleger infolge der Zensur sich stets in einer unangenehmen Lage befand. Schon während seiner kaufmännischen Lehrzeit machte Heine eifrig Verse und dachte sogar an deren Drucklegung. Als er sich dann dem Studium zuwandte, arbeitete er in den Sommer ferien 1820 am »Almansor«. In Bonn hatte Heine bereits eine Sammlung von Ge dichten der Weberschen Buchhandlung zum Verlag ange- boten. Allein der Besitzer der Buchhandlung ließ das Manuskript, wie er selbst später erzählte, längere Zeit in seinem Pulte liegen, um es dann ungelesen dem Verfasser zurückzugeben. Im Anfang des folgenden Winters, als Heine in Göttingen sich auf das juristische Examen vorbereitete, dichtete er weiter und bot F. A. Brockhaus in Leipzig ein Manuskript Gedichte »Traum und Lied« zum Verlage an. Dieses Schreiben lautet: »Göttingen, den 7. November 1820. »Beiliegend erhalten Sie ein Manuskript, betitelt .Traum und Lied', welches ich Ihnen zum Verlag anbiete. Ich weiß sehr gut, daß Gedichte in diesem Augenblick kein großes Publikum an sprechen und daher als Verlagsartikel nicht sonderlich geliebt sein mögen. Deshalb aber habe ich mich eben an Sie, Herr Brockhaus, gewandt, da es mir auch nicht unbekannt geblieben sein konnte, daß es Ihnen beim Verlag von Poesien auch ein bißchen um der Poesie selbst zu tun ist, und daß Sie das anspruchslos Gute in unserer schönen Literatur ebenso wirksam zu befördern suchen, wie Sie den gespreizten Dünkel niederzuzerren und zu aller Welts Freude zu demütigen wissen. »Ich kann daher auch, nach dem Beispiel mehrerer meiner Freunde, einem Manne wie Sie die Bestimmung des Honorars gänzlich überlassen, und bemerke nur, daß mir am letzteren weit weniger gelegen ist als an dem guten Papier und Druck, wo mit Sie gewöhnlich Ihre Verlagsartikel so liberal ausstatten. »Ich wünsche recht sehr, daß Sie selbst mein Manuskript durch lesen möchten, und bei Ihrem bekannten richtigen Sinn für Poesie bin ich überzeugt, daß Sie wenigstens der ersten Hälfte dieser Gedichte die strengste Originalität nicht absprechen werden Dieses letztere, welches heutzutage schon etwas wert ist, mußten mir auch die zähesten Kunstrichter zugestehen, vorzüglich mein Meister A. W. Schlegel, welcher (vorigen Winter und Sommer in Bonn) meine Gedichte mehrmals kritisch durchhechelte, manche Auswüchse der selben hübsch ausmerzte, manches Schöne besser aufstutzte, und das Ganze, Gott sei Dank, ziemlich lobte. »Da mich leidige Verhältnisse zwingen, jedes Gedicht, dem man irgend eine politische Deutung unterlegen könnte, zu unterdrücken, und meist Nur erotische Sachen in dieser Sammlung aufzunehmen, so mußte solche freilich ziemlich mager ausfallen. Doch außer sechs Gedichten, welche ich vor zirka vier Jahren in einer Hamburger Zeit schrift »Der Wächter« abdrucken ließ, sind alle Gedichte des Manu skripts noch ungedruckt, und sie mögen schon hinreichen als Belege zu meinen Ansichten über neuere Poesie, welche in dem beige legten Aufsatze zusammengedrängt ausgesprochen sind. »Recht sehr bitte ich Sie, mir doch sobald als möglich anzu zeigen, ob Sie von meinem Manuskript Gebrauch machen wollen; und ist das nicht der Fall, so ersuche ich Sie, mir solches unter- untenstehender Adresse per Fahrpost zukommen zu lassen. »Meine Adresse ist: An den Rechtskandidaten H. Heine, bei I)r. Wyneker in Göttingen.« Dieses Schreiben') unterscheidet sich nur wenig von den Briefen, wie sie jeder angehende Dichter an Verleger schreibt, die überhaupt einmal Gedichte herausgegeben haben. Brockhaus hatte keine Neigung, die Sammlung zu verlegen. Er schickte Heine nach einigen Wochen das Manuskript zurück, indem er bemerkte, daß er für den Augenblick zu sehr mit Ver lagsartikeln überladen sei. Am 4. Februar 1821 berichtet Heine in einem Briefe an seinen Freund Friedrich Steinmann u. a.: » Nun muß ich endlich doch in den sauren Apfel beißen und Dir sagen, wie es mit meinen Gedichten steht. Du tust mir unrecht, wenn Du glaubst, daß ich an der Verzögerung der Herausgabe schuld bin. Ich habe dieselben von Brockhaus zurück- ') H. E. Brockhaus: F. A. Brockhaus. Leipzig 1881, Brock haus. III. S. 405 f., wo auch über das Scheitern des Heineschen Verlagsangebotes näher berichtet wird.