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den Gruppen I und 2, die zirka 2600 Zeitungen ent halten, durchschnittlich 500 beträgt, vorausgesetzt, daß es ihm gelingt, die Steuer zur Hälfte auf die Inserenten abzuwälzen, und das dürfte gerade bei den allerkleinsten Zeitungen nicht möglich sein. Sie würden daher in den allermeisten Fällen den vollen Stenerbetrag selbst zu bezahlen haben. Die Gruppen 3, 4 und 5 ent halten zusammen 1775 Blätter. Da würde der Betrag für den einzelnen Herausgeber bei einer fünfzigpozentigen Abwälzung 2460 betragen. Nun wird die Gruppe 3 gerade von der politischen Provinzpresse gebildet. Diese soll nach der Vorlage an Steuern 4 221 092 bringen. Die beiden Gruppen 4 und S — und diese werden von den Generalanzeigern und von den großen und größten Blättern gebildet — sollen zusammen 3 539 167 zahlen. Der Löwenanteil bei der Aufbringung der Steuer fällt also auf die kleinste und die Provinzpresse mit zusammen 6 611519 also ungefähr 3 Millionen Marl mehr, als die besonders ins Auge gefaßte Jnseratenpresse tragen soll. Die xidco äs rSsisIsocs in dem Gesetzentwurf ist die sogenannte Fachpresse, die in Deutschland etwa aus 5000 Blättern besteht. Sie soll nach der Vorlage 22 645 575 ^ einbringen, also durchschnittlich pro Blatt etwa 4545 an Stenern. In den meisten Fällen kann diese Presse die Steuer gar nicht abwälzen, sie muß sie selbst tragen. Das werden mir alle bestätigen, die einige Erfahrung in diesen Dingen haben. Die Regierung hat bei der Berechnung der Inserate der »Fachpresse« jeden falls die Jnseratenspalten der »Fliegenden Blätter«, des -SimplizisstmuS« usw. in Auge gefaßt, die aller dings einen Steuereinnehmer wohl reizen können; aber das eigentliche Wesen unserer deutschen Fachpresse kennt sie nicht. Ich gestehe gern zu, daß die Fachpresse bei uns eine starke Ausbildung erfahren hat, und das war auch sehr notwendig. Denn gerade sie ermöglicht es den kleinen Gewerbetreibenden und Fabrikanten, direkt an die Konsumenten heranzukommen, und diese wieder erfahren ans der Zeitung, welche Bedarfsartikel, Maschinen usw. zur zeit die besten sind. Sie werden auch unterrichtet über die neuesten Erfahrungen und Erfindungen. So erfüllt die Fachpresse einen wichtigen Zweck zum Besten der Gewerbe, der Industrie und des Handels. Dafür soll sie nun be straft werden durch eine Erdrosselungssteuer I Und gerade die davon betroffenen Stände, die die Fachpresse heraus geben oder als Inserenten benutzen, sind bereit und drängen sich dazu, die Bedürfnisse des Reiches auf direktem Wege zu decken! Diesen Weg will man indessen nicht beschreiten. Meine Herren, die Kommission hat die Anzeigensteuer glatt abgelehnt, ohne auf ernstlichen Widerstand zu stoßen. Die Gründe sind im wesentlichen auf folgende unbestrittene Tatsachen zurückzusühren: Erstens: die Berechnung der Steuer war nicht richtig. Wenn die Vorlage Gesetz geworden wäre, so hätte sie einen geringeren Ertrag als die angenommene Summe von 33 Millionen ergeben, und der Ertrag hätte nicht von den Inserenten, sondern mindestens zur Hälfte von den Zeitungs herausgebern getragen werden müssen. Die Steuer wäre also zu einem der schlimmsten Auswüchse der Doppel besteuerung geworden. Zweitens: bei der Lage der beteiligten Gewerbe, die zu '/s aus Klein- und Mittelbetrieben bestehen, würde zweifellos eine große Anzahl von Zeitnngsherausgebern zur Einstellung ihres Geschäftsbetriebs gezwungen worden sein, oder sie hätten eine Hungerexistenz erhalten. Gerade die neueste Statistik über den Stand der Betriebe, die Zeitungen herstelle», weist daS ans das evidenteste nach Dir haben im Börsenblatt für de» Denlschcn Buchhandel. 7a Aahrqang. Buchdruckereigcwerbe an Kleinbetrieben 2564, an Mittel betrieben 1472 und an Großbetrieben nur 210! (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Daraus können Sie also ermessen, wie schwer dieses Gesetz gerade den kleinen und den Mittelstand getroffen haben würde. Endlich drittens: die von dem Gesetzentwurf vorge sehenen Erhebung?- und Kontrollmaßregeln hätten an Schärfe gewinnen müssen, je niedriger der Ertrag der Steuer gegen über dem Voranschlags geblieben wäre. Der Spitzelei wäre Tor und Tür geöffnet worden. Die Kommission ist daher zu dem Ergebnis gekommen, den Gesetzentwurf abzulehnen. Sie hatte keine Veranlassung, — um mit dem Herrn Kollegen Träger zu reden —, das oou dem Bärenelternpaar vorgelegte Monstrum zurechtzu lecken. Ich bitte Sie daher, sich dem Beschlüsse Ihrer Kom mission anzuschließen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kreth Kreth, Abgeordneter: Ich habe namens meiner Fraktion zu erklären, daß wir es bedauern, daß dieser Gesetzentwurf von der Kommission so sang- und klanglos zum Orkus ge schickt ist, ohne den Versuch zu machen, ihn — wie der Herr Vorredner sagte — noch »zurechtzulecken-. Wir geben zu, daß der Entwurf in vielen Dingen belästigende, unannehm bare Bestimmungen hatte. Aber es wäre wohl möglich ge wesen, ihm eine Gestaltung zu geben, die ihn annehmbar gemacht hätte. Aberdings wäre die Presse belastet worden; aber ein großer Teil der Presse hätte diese Leistungen gern auf sich genommen, wie das auch von verschiedenen Zeitungen, insbesondere unserer Richtung, ausgesprochen ist. Man wird aber in weiten Kreisen des Volkes nicht verstehen, daß auch die Plakatsteuer von der Kommission nicht angenommen worden ist. Es ist ja außerordentlich leicht, sich auf den Sessel der Kritik zu setzen und jede Regierungsvorlage in den Tod zu kritisieren (Zuruf links: Nachlaßsteuer!), hauptsächlich wenn mau auf der anderen Seite nicht die Verpflichtung empfindet, selbst für Ersatz zu sorgen, sondern sich darauf beschränkt, die von anderer Seite vorgeschlagenen Ersatzsteuern abzulehnen. Auch da wird es dermaleinst von diesen Parteien des Hauses heißen: Kritik gut, positive Leistung mangelhaft! (Bravo! rechts.) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dietz. Dietz, Abgeordneter: Ich will dem Herrn Kollegen Kreth nur erwidern, daß für die Ablehnung der Plakatsteuer die gleichen Gründe gelten. Nebenbei hat auch die Regierung in der Kommission ausdrücklich erklärt, eine Plakatsteuer ohne Inseraten- oder Anzeigensteuer würde sie nicht annehmen können. Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete vr. Meiner. vr. Wiemer, Abgeordneter: Dem wollte ich noch hinzu fügen, auch mit Rücksicht aus die Verhandlungen in der Kommission, aus die ich nicht weiter eingehen will, daß nicht allein der Grund maßgebend war, den der Herr Kollege Dietz eben angegeben hat, sondern daß auch gerade gegen die Plakatsteuer eine Fülle sachlicher Bedenken geltend zu machen find (Sehr richtig! links), die nicht mit einer Handbewegung erledigt werden können, wie es der Herr Abgeordnete Kreth getan hat. Er ist leicht über die Bedenken hinweggegangen, die gegen die Jnseraten- steuer sprechen, noch mehr aber begeistert er sich für eine Plakatsteuer; er ließ durchblicken, daß er noch in der dritten 1072