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^ 159, 13. Juli 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 8265 nochmals abdrucken zu lassen, das neue Intermezzo (1.) damit zu verbinden und das Ganze als ein Büchlein von 10 bis 11 Bogen unter dem Titel .Das große Intermezzo' besonders erscheinen zu lassen. Dieses Büchlein würde ein höchst originelles Ganzes bilden und viele Gönner finden. Es war' ein Buch, das nicht so leicht seinesgleichen fände. Die oben angeführten drei Piecen (2. 3. 4.) wären alsdann noch immer hinreichend, ebenfalls ein Buch für sich zu bilden. — Du kannst allenfalls, lieber Moser, wenn Dümmler obigen Intermezzo-Plan aus begreiflichem Verleger egoismus ablehnen wollte, ihm anbieten, daß ich für den neuen Abdruck des alten Intermezzos kein Honorar verlange, so daß er fast nur die Hälfte Bogenzahl des Buches zu honorieren braucht. Ich glaube, Hitzig vermag leicht Dümmler zu bestimmen.« Aus diesen Plänen wurde nichts, da Heine bald darauf selbst sie abänderte und zudem Dümmler die Honorarforderung Heines zu exorbitant erschien. Bald nachdem Dümmler das Anerbieten abgelehnt hatte, wurde Heine durch Professor Fr. G. Zimmermaun mit dem unternehmungslustigen Buchhändler Julius Campe in Ham burg bekannt. Dieser war ein Mann von zähester Tatkraft, un gewöhnlicher Klugheit und einem kaustischen Humor, durch den er oft in den schwierigsten Situationen eine Lösung der zwischen ihm und seinen Autoren entstandenen Streitigkeiten herbeiführte. Dem Zuge der Zeit folgend, hatte er seinem Verlage eine frei- heitliche Richtung gegeben. Julius Campe, 1792 zu Deensen im Braunschweigischen ge boren, der Sohn eines Advokaten und Neffe des berühmten Pädagogen und Schriftstellers Joachim Heinrich Campe, kam in früher Jugend nach Hamburg und trat zunächst als Lehrling in die Buchhandlung von Hoffmann L Campe ein, die sein ältester Bruder August in Gemeinschaft mit dessen Schwiegervater Hoffmann besaß. Nachdem er hier und in der von seinem zweiten Bruder Friedrich zu Nürnberg begründeten Buch- und Kunsthandlung seine Lehr jahre verbracht hatte, war er eine Zeitlang Gehilfe in der Maurer- schen Buchhandlung in Berlin. Von hier aus machte er den Feldzug von 1813 als freiwilliger Jäger im Lützowschen Korps mit: er gehörte zu der kleinen Schar, die am 26. August desselben Jahres die Gruft Theodor Körners bei Wöbbelin bereitete. Nach Beendigung der Freiheitskriege verweilte er wieder kurze Zeit in Hamburg und unternahm dann eine Reise durch Italien, von der er noch als Greis mit lebhaftem Interesse zu erzählen wußte. Die Kriegsabenteuer im Lützowschen Freikorps und die vielfachen humoristischen Erlebnisse seiner italienischen Reise waren die einzigen romantischen Episoden, die sein stilles tätiges Geschäfts leben auf kurze Zeit unterbrachen. Von Italien kehrte er nach Hamburg zurück und wurde Teilhaber im Geschäft seines Bruders August, das nach dem Tode des letzteren im Jahre 1836 ganz in seine Hände überging. Schon seit 1823 hatte er das Sortiment auf eigene Rechnung übernommen, und er verband mit demselben einen Verlag zahlreicher Schriften. aber er hatte eine ungemein scharfe Beobachtungsgabe, einen selbständig denkenden Geist, der alles Neue in Literatur und Politik vorurteilsfrei entgegennahm, und eine genaue Kenntnis des buchhändlerischen Geschäftes. Er konnte sich in den meisten Fällen auf sein Urteil über die Absatzfähigkeit der ihm angebotenen Schriften verlassen. Berühmte Namen und fremde Empfehlungen imponierten ihm nicht. Er suchte im Gegenteil mit Vorliebe die Werke junger, noch unbekannter Schriftsteller zu verlegen, und er empfand die aufrichtigste Freude, wenn er ein neues, vielver sprechendes Talent in die Öffentlichkeit einführen konnte. »Wollen Sie wissen«, sagte er zu Strodtmann einige Jahre vor seinem Tode, »durch welches Mittel ich mir die Geistesfrische und den regen Anteil an allen politischen und literarischen Dingen bis auf den heutigen Tag bewahrt habe? Ich wollte nicht alt werden, ich wollte nicht hinter der Zeit Zurückbleiben; darum freute es mich oft heimlich, wenn die Schriftsteller, welche ich in die Literatur eingeführt, mich später verließen, weil andere Firmen ihnen ein höheres Honorar in Aussicht stellten. Nur die Pietät hätte mich vielleicht abgehalten, ihnen selbst den Laufpaß zu geben, denn ich dachte: sie wandeln heute oder morgen schon den Berg hinab, — und ich wollte, so lang meine Füße mich trügen, mit denen fortschreiten, deren Bahn aufwärtsgeht. Die Jungen sind es allemal, denen die Zukunft gehört; indem ich mich ihnen Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. anschloß, war ich sicher, immer dem Fortschritte treu zu bleiben. Sie werden das egoistisch finden — nun ja, aber ich empfehle Ihnen das Mittel als probat«, schloß der Alte mit selbstzufriedenem Schmunzeln. Diese Äußerung charakterisiert den vielgewandten Buchhändler, der mit einer durch nichts zu schreckenden Festigkeit und mit feinster Strategie seine klug ersonnenen Geschäftspläne verfolgte, behaglich den reichen Gewinn einsteckend, den seine Unternehmungen ihm eintrugen, aber auch entschlossen das Ge fährlichste wagend, um den Freiheitsmanifesten der jungen Literatur überall Eingang zu verschaffen. Der größte Teil seines Verlages stand im Dienste der Fortschrittsideen seines Jahrhunderts. Mündlich wie schriftlich unterhielt er einen geistvollen Verkehr mit den Autoren seines Verlages. Deshalb war sein Bücherladen ein Stelldichein bedeutender Köpfe, und der Einfluß, den sein er fahrener Rat und sein ehrlich-derbes Urteil auf die Entwicklung manches jungen Schriftstellers übten, ist nicht gering anzuschlagen. Besonders glücklich war Campe in der Erfindung prägnanter Buchtitel, von denen ja oft ein großer Teil des Erfolges abhängt. Er war es z. B-, der Wienbargs auf der Universitär zu Kiel ge haltene Vorträge mit dem bezeichnenden Namen »Ästhetische Feld züge« taufte und den Verfasser auf den Gedanken brachte, sein Buch »dem jungen Deutschland« zu widmen. Heine hatte während seines Hamburger Aufenthalts mehr fach die Buchhandlung von Campe besucht, um sich die Novitäten anzusehen. Bei einem dieser Besuche legte Campe, der ihn nicht kannte, ihm seine eigenen Gedichte vor. Heine war neugierig, was der Buchhändler dazu sagen würde, und sprach ziemlich ab fällig darüber. Campe lobte sie dagegen, da ihm diese eigen artige Poesie gefiel, und da erst machte Heine sich ihm bekannt. Es lag nun nahe, daß Heine alsbald auf den Gedanken kam, Campe etwas zum Verlage anzubieten, da dieser Werke freiheit licher Richtung herausgab. Campe ließ sich das Manuskript des ersten Bandes der »Reisebilder« vorlesen und erwarb sofort das Verlagsrecht der ersten und aller künftigen Auflagen für die Pauschalsumme von 50 Louisdor. An Jmmermann schrieb Heine (14. Oktober 1826), er erhalte für die »Reisebilder« ein Honorar von 2 Louisdor für den Druckbogen, verschwieg aber, daß er nur eine einmalige Ab findungssumme erhielt. Campe war von da an der eigentliche Heine-Verleger. Merkwürdigerweise schätzte Heine selbst den Wert seiner »Reisebilder« sehr gering ein und setzte ziemlich bescheidene Hoff nungen auf den Erfolg des Buches. (Fortsetzung folgt). Kleine Mitteilungen. Bulgarien. Zollauskunftstelle. — Die bulgarische Svbranje hat die im Etatentwurf 1909 vorgesehen gewesene Errichtung eines »Tarif-, Kontroll- und Jnformationsbureaus« beim Finanz ministerium genehmigt. Das Bureau hat seine Tätigkeit bereits ausgenommen. Ein Reglement, welches die Befugnisse des Bureaus festlegt und den Verkehr mit Behörden und Interessenten regelt, soll demnächst veröffentlicht werden. (Nach einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Sofia.) (Aus den im Reichsamt des Innern zusammen gestellten »Nachrichten für Handel und Industrie«.) Leipziger Schnellpressenfabrik, Aktien-Gesellschaft, vor mals Dchmiers, Werner «K Stein in Leipzig. — In der Generalversammlung vom 10. Mai l. I. ist u. a. folgendes be schlossen worden: I. 1. Das Grundkapital wird zum Zwecke der Beseitigung der bestehenden Unterbilanz um 420 000.— in der Weise herab gesetzt, daß je 10 Aktien zu 7 zusammengelegt werden. 2. Demgemäß fordern wir unsere Herren Aktionäre hiermit auf, ihre Aktien mit Dividendenscheinen und Talons bis spätestens 30. September 1909 bei der Gesellschaft einzureichen. 3. Von je 10 eingereichten Aktien werden 3 zurückbehalten und vernichtet, 7 dagegen werden dem Einreicher mit dem Stempel aufdruck »Gültig geblieben gemäß Zusammenlegungsbeschluß vom 10. Mai 1909« zurückgegeben. 4. Diejenigen Aktien, die innerhalb der festgesetzten Frist nicht 1073