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x° 93, Iv. Mai 1919, Redaktioneller Teil, durchgefiihrt worden. Durch die Neuregelung der Lohnverhält nisse nahm der Verein Leipziger Kommissionäre in seiner Haupt versammlung am 23, Dezember 1918 eine Entschließung dahin gehend an, daß seine Mitglieder genötigt sein werden, die sie ne» treffenden Belastungen ihren Geschäftsfreunden zu be rechnen, Das zwischen den Kommissionären bestehende Kartell abkommen vom Jahre 1917 wurde im Dezember 1918 mit Rück sicht auf die Noiwendigkcit eines engen Zusammenschlusses zu wirtschaftlichem Schutze erneuert. Recht störend machte sich auch im letzten Betricbsjahrc die Verzögerung im Leipziger Verkehr geltend, die zu beheben eine der hauptsächlichsten Aufgaben der nächsten Zukunft sein wird. Im ganzen muß die augenblick liche Aussicht für die Zukunft des Leipziger Zwischenhandels in Verbindung mit den Zuständen im Inner» unseres Vater landes mit banger Sorge erfüllen, und es tritt an uns mehr denn je die Mahnung heran, zur Lösung der uns vorliegenden Aufgabe alle verfügbaren Kräfte in festem Zusammenschluß wirken zu lassen. Das Barsortiment hat im Jahre 1918 zunächst nach innen durch die Gründung der Koehler L Volckmar Aktiengesell schaft eine Wandlung vollzogen, die sich seit Jahren vorbereitet hatte. Die Notwendigkeit, im Zwischenbuchhandel Betriebs- Ersparnisse zu erzielen, drängte immer mächtiger darauf hin, eine Vereinigung der getrennten Betriebe anzustreben. Nachdem die Zweiggeschäfte in Berlin und Stuttgart be reits im Jahre 1917 verschmolzen worden waren, folgten die Leipziger Geschäfte im Anfänge des Jahres 1918 nach, zunächst allerdings nur in der Weise, das; der Verkehr nach außen hin unter den alten Firmen aufrecht erhalten wurde. Erst mit Be ginn des Jahres 1919 trat die neue Firma durch Zusammen legung der Lager in Erscheinung, Während des ganzen Berichtsjahres hatte das Barsortiment mit den Schwierigkeiten zu kämpfen, die die ständigen Preiserhöhungen der Verleger mit sich brachten. Erst Mitte des Jahres gelang es, ein Shstem durchzuführen, mit Hilfe dessen die Preisberechnungen des Barsortimcnts den Preisbestimmungen der Verleger genau folgten. Es geschah dies auf Grund eines Ermittelungs-Verfahrens, durch das für jedes Buch, für das von dem Verleger ein pro zentualer Allsschlag vorgeschrieben ist, der Grundpreis ermittelt wurde, auf den der Verleger den prozentualen Aufschlag be rechnet, Es ist zu hoffen, daß hierdurch auch die für die vom Barsorliment angcstrcbte Herausgabe eines neuen Netto-Kata- logs erforderliche bibliographische Grundlage geschaffen wird. Der Umsatz des Barsortimcnts war, allerdings unter Be rücksichtigung der eingetretenen Preiserhöhungen, ein durch aus erfreulicher. Sehr störend wirkte natürlich das vielfache Fehlen gangbarerBucher, das auf den Papiernrangel, Verteuerung der Druckpreise und schlechte Verkehrsverhältnisse zurückznführen war. Infolge der erhöhten Lasten durch Umsatzsteuer, Verteue rung des Packmaterials u, dgl, blieb dem Barsortiment nichts übrig, als diese neuen Unkosten durch Einsetzung einer Embal- lageberechnung und eines Teuernngszuschlages wenigstens zum Teil auszuglcichen. Ganz enorme Verluste werden dem Barsortiment auch durch die mit dem Verluste des Krieges und mit der Revolution zusammenhängende Entwertung ganzer Lite- raturzweigc erwachsen. Es läßt sich jetzt noch gar nicht über sehen, wie weite Kreise diese Wandlung in der Absatzfähig keit der Bücher ziehen wird. Die Lage des L e h r m i t t e l g c s ch ä f t e s hat sich im Vergleich zu der vorjährigen kaum verändert. Mit größeren Neuanschaffungen war man auch weiterhin ziemlich zurückhal tend, und zwar teilweise Wohl deswegen, weil keine allzu großen Mittel dasür zur Verfügung standen. Außerdem waren nur we nige Neubauten von Üntcrrichtsanstaltcn zu verzeichnen. In folgedessen fielen auch die Anschaffungen zu Innenausstattungen liueg, und bei den bereits bestehenden Schulen waren, soweit les sich um Erneuerung der Bestände handelte, die Bezüge kaum »von Belang, Tie Lehrmittel sind fast durchweg teurer geworden, mnd er machte sich, da die Schwankungen teilweise sehr groß waren, in vielen Fällen nötig, Kostenanschläge auszuarbciten, um die Kundschaft im voraus auf die den vorhandenen Kata logen und den früheren Preisen gegenüber beträchtlichen Ab weichungen hinzuweisen. Der Rohstoffmangel bedingte eine von Tag zu Tag schwierigere Herstellung, sodatz in zahlreichen Fällen an Stelle der sonst gangbareü Ausgaben ein ziemlich teurer Ersatz treten mußte. Der Versand nach dem Auslande, der sich einer Belebung erfreute, als der Verkehr mit den be setzten russischen Gebieten und mit dem Orient in größerem Umfange ausgenommen werden konnte, erfuhr einen völligen Umschwung durch die Politischen Veränderungen, Der Bezug seitens der neutralen Länder war kein allzu großer, obwohl für sie ein ziemlicher Anreiz bestand, die vorteilhaften Kurs- Verhältnisse auszunützen. Erschwerend wirkten andererseits bei der Ausfuhr die für dieselben bestehenden Bestimmungen bzw, die teilweise recht weitgehenden Ausfuhrverbote, Von den Fach zeitschriften sind im verflossenen Jahre nur vereinzelte Num mern erschienen, die in der üblichen Weise über die wenigen auf den Markt gebrachten Lehrmittel berichteten. Umfang reichere Kataloge gelangten nur in ganz beschränktem Maße zur Ausgabe, weil die dauernden Preissteigerungen ein schnelles Veralten derselben zur Folge gehabt haben würden. Außer dem ist es unter den heutigen Verhältnissen sehr fraglich, wie lange für diesen oder jenen Gegenstand noch eine Licferungv- möglichkcit besteht. Die Zusammenstellung eines Katalogcs, der für eine längere Zeit gelten soll, war sonach so gut wie aus geschlossen. Der G r o s s o b u ch h a n d e l hat in den Kriegsjahren einen vollständigen Umschwung angenommen, — Waren es früher die Lieferungswcrke, welche die Hauptartikel des Ver triebes bildeten, so hat sich in Ermangelung solcher die Aufmerk samkeit auf den Vertrieb von abgeschlossenen Heften unterhal tenden Inhalts, wie Romanen, Kriminalgeschichten, Kriegsliteratur, Landkarten usw, wesentlich er höht, — Ter größte Teil der Zeitschriften und der Modeublättcr ist durch die Verhältnisse in den Auflagen zurückgegangen, Tie Modenblätter erscheinen durch die Papiernot meistens ohne Schnittmuster; neuerdings diese besonders unter Sonder-Be- rechnung, -"Der Buch« und Zeitschriftenhandel hat bei der Quartalsberechnung ein Bestellgeld obligatorisch eingeführt. Abreib- und Volkskalender erscheinen teilweise gar nicht, an dererseits sind viele von den zur Ausgabe bestimmten durch die hohen Preise liegen geblieben, sodatz der Grossist bei diesem Geschäft Geld zusetzte, Versicherungsblätter konnten ihre Auf lagen erhalten. Seit Ausbruch der Revolution ist merkwür digerweise die Nachfrage nach mystischer, okkultistischer und ähn licher Literatur ziemlich lebhaft; ebenso ist der Umsatz sozial politischer und sozialwissenschaftlicher Literatur von bekannten Autoren lebhaft. Das S ch u l b ü ch e r g e s ch ä s t bewegte sich in diesem Jahre in ruhigen Bahnen, Viele Ausgaben fehlten bei den Verlegern auf Lager oder konnten ans verschiedenen Gründen nicht herausgegeben werden. Im M u s i k a l i e n h a n d e l traten die gleichen Erschei nungen zutage wie in den betreffenden Zweigen des Buch handels, Sowohl im Verlag als im Sortiment war der Absatz ein gegen die früheren Kriegsjahre gesteigerter. Aber leider machte sich in beiden Gruppen das Fehlen vieler wichtiger Werke in gesteigertem Maße unliebsam fühlbar. Gerade die gang barsten und umfangreichsten Werke konnten nicht in dieser Weise hergestellt werden, wie sie gebraucht wurden. Das ist nicht nur in der Knappheit des Papiers begründet, der der Verlag mit großen Opfern zu steuern ständig bemüht ist. Dies liegt zum sehr großen Teil daran, daß die Druckereien nicht Nach kommen mit dem Aufarbeiten liegengebliebener Neudrucke, In vielen Firmen liegen Drucke seit fast Jahresfrist noch unerledigt, und es wird eine der schwierigsten Aufgaben der Fachvereine des Musikalienhandels sein, diesem ltbelstand zu steuern. Als Grund dieses Rückgangs in der Leistungsfähigkeit der Drucke reien wird für die Kriegszett Arbeitermangel, für den Winter Kohlenmangel und seit Ansbruch der Revolution der 8-Stun- dentag angegeben. 377