Volltext Seite (XML)
Die veränderte politische Lage hatte starken Einfluß auf die Art der geforderten Bücher. Baicrländische Literatur im bisherigen Sinne und fast alles, was mit dem Kriege zusam- menhing, blieb liegen! nur Werke, die sich mit der Entstehungs geschichte des Krieges und der Schuldfrage befaßten, wurden stark verlangt. Ebenso Schriften über den Sozialismus, und zwar mehr solche, die für ihn eintraten, als die ihn bekämpften. Im Sommer 1918 machte das damals befreundete oder be setzte Ausland (Bulgarien, Türkei, Ukraine, baltische Pro vinzen) größere Bestellungen. Leider konnten sie, des Um schwungs wegen, zum großen Teil nicht ausgefühct weiden, oder die schon abgegangenen Sendungen kamen nach Monaten als unbestellbar zurück. Die Kundschaft in den baltischen Pro vinzen und in Finnland hat wohl größtenteils ihre Schulden von vor dem Kriege bezahlt, aus dem Innern Rußlands war das nicht möglich. Der Verkehr mit denVcrIegcru war insofern un erfreulich, als alle Bestellungen infolge der schlechten Verbin dungen sehr lauge Zeit erforderten und ein großer Teil der bestellten Werke vergriffen war. Viele Verleger lieferten ihre Werke, auch Neuigkeiten, nur noch gegen bar. Dadurch bleibt natürlich dem Sortimenter, der gezwungen ist, die Neuerschei nungen der Kundschaft vorzulcgen, vieles Unverkäufliche liegen. An den Achtstundentag und frühen Laden- Ujdluß hat sich die Kundschafi gut gewöhnt. In den letzte» har da? von der Universität eingelegte Zwischen- e r dem Sorlimem manchen neuen Kunde» gebracht, das Lorlimeni wurde durch die Maßnalnne», die betrafen, in den ersten neun Monaten viel beschäf der Preneadieilnna de? -ieiivertr. ich-neraltvnnnan wurde erreicht, daß die Listen der verbotenen Bücher einzelnen Sortimentern zugestellt wurden. Die allgemeine Teuerung hatte zur Ostermesse 1918 zur An- nähme einer N o t st a » d s o r d n u n g für den Buchhandel ge führt. Die Teuerungszuschläge kamen in Leipzig mit dem l. August 1918 zur Einführung. Von diesem Tage an wird auf alle Verkäufe, auch aus Zeitschriften, Iv»> Ausschlag be rechnet. Nachdem jetzt in Preußen und im Reiche auf die Ge währung von 71/2°/» an die großen und 5"/» an die kleineren Bibliotheken unter der Bedingung verzichtet wurde, daß der llN.ige Aufschlag unterbliebe, steht dem wohl nichts mehr im Wege, daß wir in Leipzig auch den Bibliothekenrabatl gänzlich falle» lassen. Das Schulbücherverzeichnis konnte pünktlich er scheinen. Auch für dieses Jahr ist es in Aussicht genommen. Das Antiquariat kann ans das vergangene Jahr im allgemeinen mit Zufriedenheit zurückscheu. Die Kauflust war im In- und Auslände groß, Geld stand meist reichlich zur Ver fügung, sodatz an den Preisen nicht zu arg gefeilscht wurde. Es muß dankbar anerkannt werden, daß fast alle Bibliotheken und Privaten auf den Hinweis auf die so unheimlich gestiegene» Kosten aller Art hin auf den nur zu oft und zu leicht gewähr te» Rabatt verzichtet haben; nur wenige Käufer bestehen ans ihrem »Recht«, vergessend, das; sie dadurch oft genug die ge wünschten Werke als »bereits verkauft« nicht erhalten. Umge kehrt war das Angebot nur gering, und cs mußten mehr oder weniger gern meist hohe Preise angelegt werden, um die Lager wieder füllen zu können. Im Mai 1918 wurde das Leipziger Antiquariat durch eine Polizciverordnung auf das peinlichste überrascht, durch die unser Stand unter die T r ö d l e r 0 r d n u n g gestellt wurde. Energische mündliche und schriftliche Vorstellungen unseres Ver eins erzielten zwar eine Zuschrift der Polizeidirektion, daß bis auf weiteres diese Verordnung von unseren Mitgliedern nicht befolgt zu werden brauche; die verlangte formelle Auf hebung der Verfügung ist aber bis heute nicht erfolgt. — Schweres Kopfzerbrechen verursachte die Einführung der Luxus sie »er. Die Antiquare sträuben sich nicht gegen die Abgabe als solche. Die einzelnen Gesetzesbestimmungen sind aber teilweise ohne jede Berücksichtigung der geschäftlichen Ver hältnisse erlassen worden (Lagerbuch, Versteigerungen usw.), 37K teils sind sie so unklar und dehnbar, daß kein Antiquar, aber auch keine Behörde mit Sicherheit anzugeben vermag, was eigentlich zu versteuern ist. Es steht zu hoffen, daß den ver einten Bemühungen der Leipziger, Berliner und Münchener Antiquare, klare Auslegungen der einzelnen Bestimmungen hcr- beizuführen, bald Erfolg beschiedcu sein wird. Einstweilen wird ein vom Verein deutscher Antiquariats- und Exportbuch händler herausgcgebcnes Merkbüchlcin den beteiligten Firmen gute Dienste leisten. — Die Kosten für Herstellung von Katalogen sind so gestiegen, daß die Ausgabe solcher bald nur noch für Werke höheren Preises möglich sein wird. Die Abwanderung der Druckaufträge von Leipzig und anderen Groß städten in die Provinz wird dadurch nur gefördert. Auf Anregung aus den Kreisen unserer Mitglieder hat sich ei» Verein deutscher Antiquare und Exportbuch- hä ndler gebildet, der die Sonderintcressen des Antiquariats und des zu einem sehr großen Teile in den Händen der Anti quare liegenden Exportbuchhandels nach allen Seiten hin wah ren will, und dem sich die Mitglieder aus allen Teilen Deutsch lands angeschlossen haben. Die Umsätze im K 0 in m i s s i 0 n s g e s ch ä f t bewegten sich im letzten Jahre erfreulicherweise zunächst weiterhin in auf steigender Kurve. Die Gründe, welche schon 1917 zu einer Er- ziclung günstiger Resultate geführt hatten, wie die Erhöhung der Verlegerpreise, starke Kauflust des Sortiments und der Feld buchhandlungen, rege Auslieferungstätigkeit für größere Auf lagen, besonders auf dem Gebiete der Unterhaliungsliteratur, beeinflußten den Gang der Geschäfte günstig. Kurz vor dem militärischen Zusammenbruch und besonders beim Ausbruch der Revolution trat eine starke Lähmung der Geschäfte ein. Die durch die Demobilmachung einsetzende Belastung der Eisenbahn verhinderte einen regelmäßigen Güter- und Postversand zu einer Zeit, welche sonst zu der beschästigungsreichsten in den Kommissi onsgeschäften gehört. Das rasche, zum Teil ungeregelte Zurück fluten der Heeresmassen brachte es mit sich, daß die F-eldbuch« Handlungen teilweise gar nicht oder nur unvollkommen abge baut werden kosten; im Kommissionsbuchhandel entstanden, soweit derselbe an derartigen Unternehmungen interessiert war, zum Teil schwere Schädigungen. Die durch die Waffenstillstands- Bestimmungen erfolgte Absperrung des Deutschen Reiches von wichtigen Grenzgebieten und die in den Ländern der vormalig österreichisch-ungarischen Monarchie ausgcbrochencn Wirren, die sowohl einen ordnungsgemäßen Eingang von Aufträgen aus jenem Gebiet beeinträchtigten, als auch zum Teil die übliche Behandlung und Expedition derartiger Bestellungen ausschlosse», zogen die Kommissionsgeschäfte stark in Mitleidenschaft. Die fortwährenden politischen Unruhen und die völlige Unsicherheit der Zukunft blieben nicht ohne Einfluß auf die Kreditgcwüh rung, bei der eine gewisse Zurückhaltung naturgemäß zutage trat. Das Zusammenwirken all dieser vorerwähnten Umstände machte es unter dem schweren Drucke, der auf der Bevölkerung überhaupt lastete, auch unmöglich, ein kräftigeres Leben in das Weihnachtsgeschäft eiudringen zu lassen. Dieses kam deshalb im letzten Jahre über ein Mittelgefchäft nicht hinaus und ist gegen das der beiden Vorjahre erheblich zurückgeblieben. In den Bestimmungen der Büchcrausfuhr ergaben sich noch einmal kurz vor Ende des Krieges Schwierigkeiten inbczug auf den Versand von Zeitschriften mit Anzeigeteilen. Der Verein Leip ziger Kommissionäre ist seinerzeit gegen diese Erschwerung des Verkehrs bei der zuständigen Behörde vorstellig geworden. Die erfolgte Aufhebung der Zensur hat es jedoch dabei überflüssig gemacht, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Über die seit August vorigen Jahres auch für die reinen Kommissionsgeschäfte in Frage kommende i! msatzsteuer wurden mehrfach Richtlinien gegeben. Um das Ssintge zu einer Verbesserung der deutschen Valutafragc beizutragen, wurde seitens des Vereins schon Au fang des letzten Jahres angeregt, die Sonnabend-Abrechnung durch bargeldlosen Ausgleich zu erledigen. Die an fänglich nur von einer Reihe von Firmen angenommene Neue rung ist auf Grund eines inzwischen mit der Allgemeinen Deut schen Ereditanstalt getroffenen Abkommens seit einiger Zeit allgemein für die Gesamtheit der abrechnenden Kommissionäre