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Nichtamtlicher Teil. -1L 291, 16. Dezember 1916. und der Verhandlungsmaxime; die sämtlichen Tatsachen, die der Berusungsrichter seiner Darstellung der historischen Entwicklung des Börsenvereins zugrunde lege, seien von keiner Seite vorgetragen. Der Angriff geht fehl. Daß der Berufungsrichter Tatsachen, welche die Parteien nicht vor gebracht hatten, berücksichtigte, ergibt sich aus dem Berufungs urteile nicht. Übrigens war aus die Werke von Schürmann und Bücher, aus die der Berusungsrichter bei der Darstellung der Entwicklung des Börsenvereins hingewiesen hat, schon in dem Urteile vom 14. April 1908, das als vorgetragen bezeich net ist, Bezug genommen worden. 3. In der Revisionsiustanz können ferner die Ausführungen keinen Erfolg haben, mit denen die Beklagte darzulegen sucht, die Begründung des Berufungsurteils sei unzulänglich und widerspruchsvoll. Für die Revisionsinstanz kommt nur in Frage, ob ein revisibles Gesetz verletzt ist. Das ist zu verneinen. Die Revision wendet sich — von dem Hinweis auf § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorerst abgesehen — auch weniger gegen die Anwendung einer bestimmten Rechtsnorm als gegen das Ergebnis, zu dem das Oberlandesgericht bei der Auslegung der Vereinssatzungen gelangt ist. Die Auslegung der Satzungen aber gehört, wie schon angeführt, in den Bereich der tatsächlichen Feststellungen. Nicht zutreffend ist die An nahme der Revision, daß das Berufungsgericht die Satzungen des Börsenvereins als einen autonomen Akt aufgesaßt habe; ebenso wie die Revision hat auch das Oberlandesgericht den Satzungen vertragliche Bedeutung beigelegt. Nach der An nahme des Oberlandesgerichts sind durch den Vertrag über die Gründung der Genossenschaft und durch die Beitritts erklärungen der Mitglieder die in dem Berufungsurteile näher bezeichneten Rechte und Pflichten zwischen den Parteien und gegenüber den übrigen Mitgliedern der Genossenschaft entstanden. Rechtlich möglich sind derartige Verhältnisse. Ob die Erwägungen des Oberlandesgerichts tatsächlich zutref fend sind, entzieht sich der Beurteilung des Revisionsgerichts. Nicht zu beanstanden ist, daß der Berufungsrichter kein Gewicht darauf legte, ob die Verfasser der Satzungen an die Begrün dung eines Kontrahierungszwanges gedacht hatten. Mit Recht ist das als entscheidend angesehen worden, was nach dem Geiste der Satzungen in ihrer Gesamtheit und dem Zwecke des Vereins als gewollt anzunehmen sei. Der Berufungs richter hat ferner nicht übersehen, die Frage zu prüfen, ob der Verleger dem Sortimenter nicht entgegenhalten könne, daß er — der Sortimenter — seinerseits die ihm obliegende Pflicht, sich des Schlsuderns zu enthalten, zu erfüllen habe. Der Berufungsrichter hat festgestellt, daß der Börsenverein die Bekämpfung der Schleuderei zur Vereinssache gemacht und der Verfügungsbefugnis der einzelnen Mitglieder entzogen habe, und daß nach den Satzungen bei Verdacht des Schleu- derns die Entscheidung des Börsenvereins maßgebend sei. Es ist nicht ersichtlich, daß das Berufungsgericht durch seine Ausführungen ein Gesetz verletzte. Es besteht endlich auch kein Widerspruch, wenn das Oberlandesgericht annimmt, der Verleger dürfe für seine Verlagswerke die Bezugsbedingungen festsetzen, ferner die festgesetzten Bedingungen abändern, er dürfe aber die Lieferung nicht wegen des Verdachtes der Schleuderei verweigern. Der Berusungsrichter hat die An nahme, daß nach den Satzungen die Unterscheidung geboten sei, genügend begründet. 4. Auch der sachliche Inhalt der Verurteilung ist nicht zu beanstanden. Der Berufungsrichter hat angenommen, daß der Klägerin ein gegen alle Bercinsmitglieder wirksames Recht zustehe, in ihrem geschäftlichen Betriebe die Verlags werke zu den üblichen Bedingungen zu beziehen, und daß die Beklagte durch Mitteilung an die Klägerin und durch das an Barsortimenter und an andere Firmen gerichtete Verbot, der Klägerin Verlagswerke zu liefern, rechtswidrig einen Zustand hergestellt habe, der die Klägerin in diesem ihrem Rechte beeinträchtige. Der Berusungsrichter hat weiter angenommen, aus der fortdauernden rechtswidrigen Beeinträchtigung ergebe sich ein Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung. Aus Verletzung einer revisiblen Rechtsnorm beruhen diese Erwägungen des Berufungsgerichts nicht. Auf ß 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der Berufungsrichter die Ent scheidung nicht gestützt, wenn er auch auf § 1004 hinwies, weil dort — ebenso wie in § 12 und § 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs — der Rechtssatz, den der Berufungsrichter an wendete, Ausdruck gefunden hat. Nach der Auffassung des Berufungsrichters handelt es sich um die Abwehr von Ein griffen in genossenschaftliche Rechte. — Ebenso läßt sich die Entscheidung, das Rundschreiben sei in dem für Buchhändler kreise bestimmten Börsenblatt zu veröffentlichen, nicht bean standen, da die Verhängung der Sperre nach der Feststellung des Berufungsgerichts bei einer nicht bestimmten Anzahl von Buchhändlern erfolgt ist. Daß das aus § 28 der buchhändlerischen Berkehrsordnuug sich ergebende Recht, Barverkehr zu verlangen, unberührt bleibt, ist aus der Begründung des Berufungsurteils zu ersehen.' 5. Schließlich rügt die Revision Nichtbeachtung der Aus führungen eines Schriftsatzes vom 23. Januar 1908, wonach die Beklagte auch wegen schwerer Beleidigung die weitere Geschäftsverbindung abgelehnt habe. Auch diesem Angriff kann kein Erfolg gewährt werden. Der gerügte Verstoß liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht den Einwand nicht über sehen, sondern für unerheblich erachtet hat. Daß letzteres der Fall ist, daß also der Berufungsrichter den Einwand für un erheblich erachtet hat, ist der Begründung des Berufungs urteils, insbesondere dem Satze, den das Berufungsgericht an die Spitze der Begründung gestellt hat, zu entnehmen. L. Revision der Klägerin. Der Berufungsrichter hat die Anwendung der M 823, 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgelehnt, hat auch den Tat bestand einer unerlaubten Handlung nicht sestgestellt, hat vielmehr Verletzung einer Vertragspflicht angenommen. Die Verurteilung zu Schadensersatz hat er von dem Nachweis eines Verschuldens abhängig gemacht. In diesen Richtungen hat die Revision keine Angriffe erhoben. Der Berufungsrichter hat auf § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hingewiesen. Ob der Hinweis nach den Gesetzen, die für das sestgsstellte Rechts verhältnis maßgebend sind, zutreffend ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist, auch wenn die Vorschrift des § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugrunde gelegt wird, die Ver neinung eines Verschuldens nicht zu beanstanden. Der Be rufungsrichter hat angenommen, die Beklagte habe in Unkennt nis ihrer Lieserungspslicht gehandelt, der Irrtum sei entschuld bar, für die Auffassung der Beklagten hätten sich hervorragende Rechtsverständige ausgesprochen, wie denn auch zwei Urteile zugunsten der Beklagten ergangen seien. Das ist eine tatsächliche Würdigung, die zu rechtlichen Bedenken keinen Anlaß gibt. Ohne Grund berust sich die Revision auf das Urteil des Reichs gerichts vom 18. März 1909. Dort ist in keiner Weise Stellung zu der Frage genommen, ob der Beklagten eine Lieferungs pflicht obliege. Die Revisionen der beiden Parteien sind hiernach zurück zuweisen. Es erscheint angemessen, die Kosten gegeneinander aufzuheben. <gez.) Freiherr v. Seckendorfs. Wanjeck. Hofsmann. Maenner. Ebbecke. Keller. Herb. Das Urteil ist in der öffentlichen Sitzung vom 10. November 1910 verkündet und in das am 24. November 1910 ausgehängte Verzeichnis eingetragen. lgez.) Köhler, Gerichtsschreiber. Wert des Streitgegenstandes in der Revisionsinstanz: 8000