Volltext Seite (XML)
^ 157, 10. Juü. Nichtamtlicher Theil. 2457 gar nichts annehme. So schwer ist's in Deutschland, ein Journal zu gründen und zu erhalten. Ein Glück ist es, daß der Absatz nach Oesterreich zwar nicht eigentlich erlaubt, aber auch nicht absolut verboten ist, denn dahin ist der stärkste Absatz! Das kommt wohl mit daher, weil es in Oesterreich viele reiche Privatpersonen gibt, die ein Journal selbst halten, bei uns aber im Norden die Journale fast nur in Journalcirkeln gelesen werden." Und ein andermal sagt er: „Unser Journalwesen ist in Deutschland ein glänzendes Elend. Fast alle Zeitschriften kämpsen mit dem Hungertodc, und nur wenige, die entweder durch altes Herkommen in alle Lesecirkel einmal cinge- sührt sind, oder deren Gemeinheit sie in solche führt, gedeihen wahrhaft." Diese Worte haben, bis auf seltene Ausnahmen, auch noch heute ihre Geltung; nur Zeitschriften, die der gewöhnlichsten Unterhaltung dienen, gedeihen oft glänzend, wogegen alle anderen, bei denen Wissenschaft und Kunst eine res sevsra ist, nur ihr Dasein fristen oder von der Großmuth ihrer Verleger abhängen, die natürlich meist, nm den Aussall zu decken, geschäftliche Nebenzwecke damit verbinden. Leider steht in der Förderung guter Zeitschriften unser Publicum noch weit hinter den Engländern und Franzosen zurück. Schmid, bereits bei Lebzeiten Brockhaus' ein eifriger Mit arbeiter des „Hermes", als welcher er namentlich das Fach der Staatswissenschaften innc hatte, übernahm nach dessen Tode die ge summte Redaction, die er auch bis zum Aushören der Zeitschrift im Jahre 1831, welche damals 35 Bände umfaßte, behielt. Eduard Blockhaus hat vollkommen Recht, wenn er am Schluffe seiner Darstellung die Bedeutung der Zeitschrift in folgende Worte zusammensaßt: „Der »Hermes« war namentlich unter Brockhaus' eigener Redaction ein angesehenes literarisches Journal von eigen- thümlichem Charakter, das auf die Literatur jener Zeit einen maß gebenden Einfluß ausübte, und wird eben deshalb wie wegen seiner vielfach ausgezeichneten Beiträge Werth für den Literarhistoriker behalten. Trotz der Ausdehnung nnd wachsende» Bedeutung, welche die deutsche Journalistik seit jener Zeit erlangt hat, ist der Hermes« doch von keiner der späteren deutschen Zcitschristen ersetzt worden." Zur Umgestaltung des Postzcitungsdcbitwesens. Berliner Blättern zufolge scheint es sich zu bestätigen, daß die letzte Reise des General-Postmeisters Stephan nach Paris nnd Lvn don mitder Absicht desselben in Verbindung stand, das Postzeitungs- dcbitwescn in Deutschland nach französischem nnd englischem Muster umzugestalten. War der Chef des deutschen Postwesens vor einigen Jahren nahe daran, aus den Postanstalten förmliche Buchhandlungen zu machen, welche Bücherbestellungen anzunchmen und auszuführen gehabt hätten, und so die Befugnisse des ihm unterstellten Reichs- Verkehrsinstitutes zu vermehren, so befindet er sich jetzt mit seinen neuesten Resormidccn ans dem entgegengesetzten Wege, da bei et waiger Ausführung derselben die Post erheblich entlastet, die Privat industrie aber entsprechend herangezogen würde. In Deutschland sunctionirte bekanntlich die Post bisher als Zeituugsspcditcur, sie bestellte beiden betreffende» Expeditionen ihren Bedarf an Exemplaren und übermittelte ihren Abonnenten die Nummern regelmäßig nach Erscheinen. Als Entschädigung hierfür bezog sie, meist in Form eines sür die auswärtigen Abonnenten einer Zeitung einge- sührten Postausschlages, eine Provision von 25 U 25 Pf. pro Mark. Für die „Vossische Zeitung" z. B. zahlt die Post per Exemplar K M. vierteljährlich und erhält von ihren Abonnenten 7 M. 5O Ps., sür die „Gartenlaube" zahlt sic 1 M. 28 Ps. und erhält 1 M. 80 Ps. re. Auswärtige Zeitungen bezieht sie durch ihre Agenten in Paris, London re., wie jeder Buchhändler und Spediteur, und schlägt für die Beförderung nach und in Deutschland ebenfalls eine Provision von 25HL aus den Einkaufspreis. In England und Frankreich dagegen besaßt sich die Post lediglich mit der Beför derung der Zeitungen, welche wie andere Postsendungen behandelt werden, ohne mit der Expedition oder den Abonnenten in Berührung zu treten. In diesen Ländern bezieht der auswärts wohnende Abon nent entweder — wie der ortscinhcimischc — sein Exemplar direct von der Expedition oder durch Vermittelung eines Spediteurs, in jedem Falle per Kreuzband. Umständlicher sür die Zeitungsexpe ditionen ist diese Bezugsweise insofern, als jede Nummer einzeln verpackt nnd adressirt werden muß; kostspieliger als die deutsche Speditionsart ist sie iüdessen nicht immer, da die zahlreichen Spe diteure sich mit einer ganz kleinen Provision begnügen. So kostet z. B. der Pariser „Dvwps" bei dem Straßburger Zcitungsspediteur Hrn. Alexandre nur 14 M., bei den deutschen Postanstalten da gegen 15 M. 45 Ps. vierteljährlich, die „Rovua ckas ckoux Nonckos" bei Hrn. Alexandre 48 M. 40Pf., bei der Post aber 49 M. 15 Ps. jährlich, wobei noch zu den Pvstpreisen das übliche Bestellgeld hin zukommt, während die Alexandre'schcn Abonnenten ihre Kreuz- converts frei ins Haus geliefert erhalte». Bei auswärtigen Blättern kann, wie hieraus ersichtlich, der ZeitungSspeditcur schon jetzt mit der Post in Concurrenz treten, und er würde auch inländische Blätter ebenso wohlfeil vertreiben können, wenn ihn, eine Ermäßigung des Kreuzband-Portos zugesichert würde. Letzteres müßte unbedingt geschehen, falls man in Berlin wirklich und ernstlich daran denkt, die Post von der Zeitungsspedition zu entlasten, damit dem Pub licum die neue Einrichtung nicht thcurer als die alte erschiene. Denn daß sich das Publicum bei dem deutschen Postzeitnngsdebitwesen im Allgemeinen besser steht, als bei den betreffenden Einrichtungen in Frankreich und England, läßt sich ebensowenig in Abrede stellen, wie der Umstand, daß die deutsche Reichspost durch Uebernahme der französisch-englischen Einrichtungen bei geringerer Mühewaltung — also gänzlich umnotivirter Weise — erhebliche Mehreinnahmen er zielen würde, falls sic sich nicht herbeiläßt, den Drucksachen weitere Portovergünstigungen zu gewähren. Gegen Neuerungen wird das Publicum stets Mißtrauen hegen! gegen die Absicht der Oberpostbchörde, den Zeitungsdebit fortan der Privatindustrie abzutreten, gewiß ganz besonders, und wohl nicht mit Unrecht. Ein Vermittelungs-Vorschlag mag daher gestattet sein, welcher vielleicht nach allen Richtungen hin befriedigen dürfte: Die Postbe hörde befasse sich in Zukunft nur noch mit dem Vertriebe inländischer Zeitungen, welche mehr als einmal wöchentlich erscheinen, und über lasse die Spedition aller ausländischen Blätter, sowie aller inlän dischen Wochen-, Monats- und Vierteljahrs-Zeitschriften der Privat industrie. Hierdurch würde der dickleibige Post-Zeitungs-Katalog erheblich vereinfacht, die Post entsprechend entlastet und das Publi cum keineswegs benachtheiligt werden, zumal wenn mit Verwirk lichung dieser Idee eine Ermäßigung, bczw. rationellere Abstufung des Drucksachen-Portos verbunden wäre. Wenn man den, von her vorragenden Nationalökonomen allerdings bestrittenen Grundsatz, wonach der Staat Handelsgeschäfte nicht zu betreiben habe, aner kennt, so wird man den Bestrebungen des General-Postmeisters An erkennung und Billigung nicht versagen können — die Post erfüllt schon als bloße Vcrsendungsgelcgenheit ihre Verpflichtungen durch aus —, allein man wird auch wünschen müssen, daß die Realisirung jener Bestrebungen nicht plötzlich, sondern snccessiv und durch an nehmbare Uebergangsstadien sich vollziehe. Straßburg, Ende Juni 1878. Dehn. Personalnachrichtc». Herrn C. F. Kahnt hier ist vom Herzog von Sachsen-Alten- bnrg das Ritterkreuz 2. Classe des S. Ernestinischen Hausordens verliehen worden.