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594 daß die Schulen (/VK6-Schulen mitgerechnct), die Pfarrer, Beamten des Orts rc. namhaft gemacht werden, um Käufer zu locken. Dieser Zustand brachte natürlich die Mangel zu Tage, die die alte Einrich tung für die Jetztzeit hat. Der Verleger, je nach Werth und Ab satzfähigst seines Verlags, kann sich schon Abhilfe verschaffen; cs ist dies aber nur Nutzen für den Einzelnen, und der Gcsammt- bucbhandel gewinnt Nichts dabei. Diesem Ucbclstand soll und muß aber abgcholfen werden; der Buchhandel muß wieder solider werden, Verleger und Sortimenter sich gegenseitig mehr Garantien bieten können, und dazu gehört Beschränkung der Lehrlinge, mehr und bessere Gelegenheit für ihre Ausbildung. Ist damit ein Anfang ge macht, so hört so Vieles, was den Buchhandel jetzt drückt, von selbst auf, und die Regierungen werden alsdann auch eher und bereit williger die Stimme Sachverständiger über die Möglichkeit der Cri sten; der Anzahl von Buchhandlungen anhörcn und Abhilfe gewähren gegen den allzugroßen Andrang neuer Etablissements. Es gehört fer ner dazu, daß ein allgemein geltendes Statut über den Ge schäftsgang cxistirc, welches, wenn man die Eigcnthümlichkeit des deutschen buchhändlerischcn Verkehrs in Betracht zieht, bei seiner jetzi gen Ausdehnung nicht länger mehr entbehrt werden kann. Nur durch solche Reformen kann Ordnung in das Cccditwcscn kommen, und ein Bestreben, diesen wichtigen Handelszweig seiner Be deutsamkeit nach in würdiger Weise zu betreiben, Platz greifen; wo durch dann auch die Solidität des Buchhandels im Allgemeinen ver mehrt, und sein Ansehen bei den übrigen Kaufleutcn, welches leider nicht mehr den alten Ruf genießt, wieder befestiget wird. 2. Zur Zvllsragc. Unter diesem Titel bringt die Deutsche Allgemeine Zeitung Nr. 247 vom 14. Mai d-J. nachstehenden für Buchhändler und Buch drucker interessanten Aufsatz. Aus Sachsen. Wie in Oesterreich der Eingangszoll auf Papier und der Aus gangszoll auf Lumpen, dieser doppelte Schutz der Papicrfabrikation, von den Schutzzöllncrn zu einer Hauptposition ihres faulen Svstems gemacht wurde, so haben sic jetzt auch mehre Papi crfa brikanten des Zollvereins verleitet, sich in einem Eongreß zu Frankfurt über die Mittel zu verständigen, den Eingangszoll auf Papier zu be haupten oder zu erhöhen und den Ausgangszoll auf Lumpen zu ver größern. Es ist klar, daß ein Eingangszoll auf Papier die Preise desselben entweder erhöht oder daß er überflüssig und zwecklos ist. Erhöht er aber den Preis des Papiers, so ist ohne Zweifel der Schutzzoll ein Angriff auf die Civilisation, wie er stärker kaum jemals stattge- fundcn hat und kein Wort ist stark genug, denselben zurückzuwciscn. Was das Postpapier betrifft, so ist die Vermehrung der Correspondenz selbst von den Regierungen bereits als ein so wichti ger Hebel des Verkehrs, als eine so mächtige Stütze der Moral er kannt worden, daß sie nicht mehr wagen, die bisherigen hohen Porti aufrecht zu erhalten und eine Verminderung derselben eingeführt ha ben. Sie rechnen mit Recht, daß die größere Menge der Briefe, welche das wohlfeile Porto veranlaßt, nicht weniger Einnahme ge währen werde, als die kleinere Menge bei hohem Porto. Das Sckutz- zollbegchren der Fabrikanten verfolgt einen entgegengesetzten Plan, sic wollen den Briefvcrkehr nur gegen eine Steuer zu ihren Gunsten erlauben, sie wollen nur Denjenigen die Correspondenz gestatten, welche den Eensus an sie zu bezahlen vermögen, und sie rechnen, daß der geringere Verbrauch bei hohen Papierpreiscn, ihnen mehr ein tragen werde als der größere bei hohen Papierpreiscn. Was das Schreibpapier und Druckpapier betrifft, so ist dessen Vcrthcuerung geradezu eine Opposition gegen den Volksun- tcrricht- Zwischen dem Papierfabrikantcn und dem Kinde, welches das Schreibpapier verbraucht, steht der Papicrhändlcr und der De- 47 taiilift, jeder von ihnen sucht seinen Nutzen im Verhältniß zu den Auslagen, jeder Groschen Vcrthcuerung auf das Rieß macht für die ärmsten Classen, welche das Papier nur bogenweise kaufen, min destens einen Pfennig auf jeden Bogen, ein Pfennig ist aber da ein Gegenstand von Bedeutung und oft ein nicht zu bewältigendes Hinderniß, wo die Tagelöhnc sich nach Pfennigen rechnen. Während alle unsere Hoffnungen für die Zukunft des Vaterlandes von der Wahrnehmung leben, daß die ärmsten Classen sogar ihre Kinder zur Schule schicken, wagen die Papierfabrikantcn Anträge, welche jenen Classen neue Hindernisse bereiten- ' Dies ist nicht weniger der Fall in Hinsicht auf das Druckpa pier. Auch da ist die Größe der Preissteigerung ungleich bedeuten der für den Eonsumcnten als für den Papierfabrikanten. Ein Ver leger kann, wenn er noch so wohlfeil verkaufen will, kein Buck un ter dem dreifachen Ladenpreis seiner eigenen Kosten auf den Markt bringen, selbst dann wird ihm nach Abzug der Provisionen an den Sortimentsbuchhändler, der Verluste durch Ereditgebcn und der Zinsen noch kaum ein Nutzen übrig bleiben, wenn er nicht die ganze Auflage verkauft; cm Groschen Mehrausgabe für das Papier zu einem Schulbuche bewirkt daher mindestens eine Vcrthcuerung von drei Groschen für das Schulkind. Wenn die Papierfabrikanten so thöricht sind nickt zu bemerken, wie eben die Wohlfeilheit, zu wel cher wir in Deutschland mit der Production von Büchern und Zei tungen gelangt sind, die Menge des Papiecverbrauchs so ungeheuer gesteigert und im Laufe von zehn Jahren den Absatz der Papierfa briken vielleicht verdoppelt hat, so kann doch der Buchhandel gegen diese Thatsache nicht die Augen verschließen und wir erwarten, daß von ihm, dessen Industrie tausendmal mehr Händen Nahrung gibt als die aller Papierfabriken, ein gewichtiges Wort gegen die gefähr lichen Wünsche der Papierfabrikanten eingelegt wird. Leipzig allein verbraucht jährlich über 50,000 Ballen Papier, wovon etwa zwei Drit- ; tel in den Buchdruckcreien. Eine Maßregel, die z. B. den Preis des Papiercs um 5 Thlr. steigert, steigert auch die Auslagen Leipzigs um 250,000 Thlr. Wir hoffen daher, daß in Leipzig wie anderwärts, die Buch händler ihren ganzen Einfluß aufbietcn, die Brandschatzung, welche in der Form von Schutzzoll gegen sie, gegen die ganze deutsche Lite ratur und gegen die Verbreitung von Kenntnissen versucht wird, ab- zuwcndcn. Die Papierfabrikantcn wollen jedoch nicht allein für ihre Erzeugnisse höhere Preise einnehmcn, sondern sie wollen auch für deren Herstellung weniger ausgeben. Sündigen sic in dem ersten Falle gegen das ganze Volk und gegen die ganze Menschheit, so haben sie sich im letzcrn Falle eine spcciclle Elasse als Opfer auserschn. Es ist dies eine der ärmsten, eine der beklagcnswerthesten der ganzen Ge sellschaft, diejenige, welche an dem letzten Mittel der ehrlichen Exi stenz, in der Regel nur einen Schritt vom Betteln entfernt, mei stens schon mit einem Fuße darin steht, wir meinen die Lumpensamm ler. Diesen soll ein Ausfuhrzoll verwehren, für ihre mühevolle un reinliche Arbeit den Lohn zu nehmen, der ihnen vom Auslande ge boten wird, sie sollen zu Ehren der nationalen Papierindustrie sich mit Dem begnügen, was ihnen der inländische Papierfabrikant geben will. Es ist dies einer jener glänzenden Beweise der Art, wie die Schutzzöllner das öffentliche Wobl und die Besserung des Looses der ärmern Classen verstehen. Sic wollen für sich, weil sie am lautesten schreien, einen Preis über den Werth ihrer Waarc, für arme Mit menschen, deren Stimme nicht so weit reicht, nicht einmal den Lohn der Arbeit, welcher ihnen gebührt. Wir mögen entrüstet sein über diejenigen Papierfabrikanten, welche ibren Namen solchen egoistischen Machinationen leihen, wir würden aber Entsetzen fühle» vor der Regierung, welche denselben Erfolg zu verschaffen sich als Werkzeug gebrauchen ließe.