Volltext Seite (XML)
4018 Nichtamtlicher Teil. 105, 7. Mai 1904. uns fester zusammenschweißte, so fest, daß es schwierig sein dürfte, heute noch an unserm Bau einen Spalt zu entdecken, wo es möglich wäre, den Keil des .ckiviäo st impsra« anzusetzen. Verlag, Sortiment, Kom missionsbuchhandel, sie sind einer für alle und alle für einen eingetreten. Mit besondrer Genugtuung möchte ich dabei des Beschlusses des Vereins der Buchhändler Leipzigs oom 30. Dezember v. I. und des tapfern, ein mütigen Ausharrens der Leipziger Sortimenter gedenken. Diesen erfreulichen Kundgebungen unverbrüchlichen Zu sammenhaltens hat sich gestern ein bedeutsames Ereignis angereiht: die Verschmelzung der bisherigen vier Verleger vereine zu einem Deutschen Verlegerverein. Einiger, stärker als je steht der Börsenverein da. Daß er seine Kraft nicht mißbrauchen wird, dafür bürgt der Geist, der uns alle beseelt, der Geist der Kollegialität, der Geist der Gerechtigkeit. Wenn einige Kleinmütige oder Miß trauische fürchteten, der Verlag könnte einseitig nach seinen Interessen Gesetze vorschreiben, so frage ich sie: wer hätte nachdrücklicher für Aufrechterhaltung und Schutz des Sortiments einstehen können, als die Verleger im ver gangnen Jahre das durch ihre berufenen Vertreter getan haben? (Bravo!) Diese Solidarität soll auch in Zukunft unser Leit stern bleiben. Auch der kleinste Sortimenter, der in täglichem Ringen sich als treuer Mitarbeiter an der Aus breitung guter Literatur erweist, soll sich darauf verlassen können, daß er als eilt nützliches Glied unsrer das Geistes leben des Volkes befruchtenden Organisation vom Börsen verein geschützt wird. Meine Herren, lassen Sie uns anstoßen auf unsre nie wankende Anhänglichkeit an unfern Beruf, auf das treue Zusammenwirken aller Mitglieder des Börsenvereins, auf unsre Einigkeit unter uns selber und, so hoffen wir, auf unsre Einigkeit mit der Wissen schaft. Hoch! hoch! hoch!« Dies »Lob und Preis- auf die Einigkeit des deutschen Buchhandels entfachte eine begeisterte Stimmung unter den Festteilnehmern. Die mit großer Sachkenntnis ausgewählten Festweine, aus denen so mancher sich aus alter Freundschaft die gehaltvollen Marken des alten Kollegen und früheren regelmäßigen Meßbesuchers Eduard Witter in Neustadt a/H. ausgewählt haben mag, hatten -mollige Schlurflust« erweckt und die Herzen entzündet zu heiterer Fröhlichkeit. Auch die gut zubereiteten Speisen des Wirts des Buchhändler hauses hatten das Ihrige zur allgemeinen Befriedigung bei getragen. So war der großen Versammlung nach und nach die richtige Feststimmung aufgegangcn und die folgende, mit witzigen Anspielungen durchzogene, gemütvolle Rede des Herrn Geheimen Rat Oberbürgermeister a. D. vr. Georgi, des Ehrenmitglieds des Börsenvereins, fand wiederholt lebhaften Beifall, der dem Redner auch schon bei seinem Auftreten mit lautem Händeklatschen gezollt wurde. Herr Geheimer Rat vr. Georgi sprach: »Meine hochgeehrten Herren, ich danke Ihnen herzlich für den freundlichen Willkommengruß, den Sie mir dar bringen. Ich wollte Ihnen eben auch sagen, daß, wenn ich in Ihren Kreis trete, es mir ist, als ob ich in einen Kreis alter Freunde trete. (Bravo!) »Ich sehe hier wieder so viele liebe Gesichter und kann sagen, daß ich sehr gern hierher komme und ganz besondern Wert darauf lege, diese mir lieb gewordene Erscheinung, das Kantatemahl, mir immer wieder vor die Augen treten zu lassen. In den Kreis solcher Freunde kommt man mit dem Wunsch, daß es diesen Freunden recht gut gehen möge, und da muß ich sagen, es hat aus den heutigen Reden, die wir bis jetzt gehört haben, eine gewisse Dämpfung der Freude doch immer herausge klungen, und da sucht dann der Freund, wie es begreiflich ist, ein Wort der Zuversicht und der Hoffnung für die Zu kunft auszusprechen. Es ist das ja aus beredtem Munde bereits zu Ihnen gesagt worden, und ich beanspruche nicht mit deni, was ich Ihnen sage, etwas Neues zu sagen; aber vielleicht nehmen Sie es als ein Freundeswort doch noch hin. Meine Herren, bei den Differenzen, die hier zur Sprache gekommen sind und bei dem lebhaft geäußerten Wunsch, daß zwischen Wissenschaft und Buchhandel das alte trauliche Verhältnis wieder zustande kommen möge, kam mir eine Erinnerung, und zwar durch Ihre Tafel karte. Auf dieser Tafelkarte sehen Sie eine schöne weib liche Gestalt, und daneben Ihr Symbol: die Eule. Die Eule ist bekanntlich aber auch der Vogel der Minerva, der Göttin der Weisheit. Sie haben mit den Vertretern der Wissenschaft diesen Vogel gemeinsam. (Große Heiterkeit.) Nun, meine Herren, fiel mir dabei ein Wort von Hegel ein, der sagt, daß der Vogel der Minerva erst ausfliegt in der Abend dämmerung. Das hat eine doppelte Bedeutung. Eigent lich die, daß die Minerva in ihrer Waffenrüstung und ihrem kriegerischen Wesen vielleicht doch manches Mal fehl geht, und daß erst dann, wenn man am Abend das überblicken kann, was am Tage geschehen ist, daß dann erst der Vogel der Weisheit ausfliegt. (Heiterkeit.) So wird vielleicht auch in diesen Streitigkeiten, nachdem manches vorübergegangen ist, und man zurückblicken kann auf das, was geschehen ist, nun die rechte Weisheit erst ausfliegen. »Aber, meine Herren, ich glaube, die andere Be deutung ist die, daß dann der Abendfriede kommt, der Friede, von dem Goethe gesagt hat: »Über allen Wipfeln ist Ruh«. Und so meine ich denn, auch für Sie wird wieder der Tag oder die Stunde kommen, wo es heißt: Über allen Wipfeln ist Ruh. Aber wenn ich so auf den Abend verweise, so wünsche ich doch anderseits, daß über Ihren Verein das schönste und hellste Tages- und Sonnen licht, was wir hier zwar etwas abgedämpft sehen, sich fortwährend segnend und fruchtbringend ergießen möge. Ich wünsche dieses Sonnenlicht in mannigfacher Beziehung: ich wünsche dieses Sonnenlicht in den Be ziehungen Ihres Vereins zu unserer Stadt Leipzig; ich wünsche dieses Sonnenlicht — halten Sie es nicht für unbescheiden — aber auch in meinen Beziehungen zu Ihrem Verein, und ich wünsche vor allen Dingen dieses Sonnenlicht zum Segen und zum Gedeihen des Börsen oereins der Deutschen Buchhändler. Und mit diesem Wunsche bringe ich mein Glas auf den Börsenverein der Deutschen Buchhändler; er lebe hoch! hoch! hoch!« Zur diesjährigen Ostermesse feierte der schon erwähnteKan- tatedichter Herr Otto Heidmüller aus Wismar ein kleines Jubiläum, denn es war bereits das zehnte Heft, das er in diesem Jahre von seinem »Feuchtfröhlichen Liederkranz- den »meßvergnügten Buchhändlern« widmete. Wie immer waren fast alle buchhändlerischen Ereignisse des verflossenen Jahres, denen nur irgendwie eine lustige Seite abgewonnen werden konnte, mit Schalkhaftigkeit und Humor zu glatten, singbaren Versen verarbeitet. Meisterschaft bekundet der posta laursatns auch in der Wahl der bei jedem Vers wechselnden Melodien, die sich immer wunderbar dem Inhalt anpassen. Es sei gestattet, einen sehr gelungenen Vers, der vielen Beifall fand, hier als Probe zu bieten (Melodie: »Ein Hering liebt eine Auster-); «Es klopfte die »Jugend« an's Fenster, wo's Börsenblatt logiert, »:/: Sie hätte mit ihrer Liebe in ihm sich gern präsentiert. :/: «Doch gänzlich ungehalten spracht Börsenblatt zu ihr, Verschloß ihr seine Spalten, und die »Jugend- blieb vor der Tür. : :