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105, 7. Mai 1904, Nichtamtlicher Teil. 4017 und enthielt viele witzige Anspielungen, die die Feststimmung wesentlich erhöhten. Den säubern Druck des Liedes hatte die Firma Fr. Richter in Leipzig geliefert. An das soeben verklungene Lied knüpfte Herr Ober bürgermeister Justizrat vr. Tröndlin mit seiner Rede an, in der er folgendes sagte: »Meine hochgeehrten Herren! Nicht weil ich mich als den besten der Ehrengäste, die Sie freundlich begrüßt haben, erachte, sondern auf Wunsch anderer Ehrengäste ergreife ich als erster das Wort. Ich tue es sehr gern, weil Sie ja durch freundliche Zustimmung zu dem eben gesungenen Lied bestätigt haben, daß Sie trotz kleiner Neckereien doch unserm Leipzig gewogen sind, so daß ich als Vertreter Leipzigs gern zu Ihnen spreche und den Gruß erwidere. Als ich im vorigen Jahre die Ehre hatte, Ihr Gast zu sein wie seit langen, langen Jahren, da, muß ich sagen, bin ich mit einiger Beklommenheit hier gewesen. Ich hatte so oft gerühmt, daß in unserm Leipzig zwischen den verschiedenen Berufsständen eine so nutz bringende Einigkeit herrsche, daß gerade unsre Stadt seit langen Jahren sich auszeichne durch das gute Einver nehmen zwischen Universität, Buchhandel und den andern Berufsständen, und ich habe so oft diese gegenseitige Förderung gepriesen. Es wurde mir un endlich schwer, daran zu glauben, daß möglicherweise das bis dahin so schöne Verhältnis gestört werden könne und dadurch unser alter Ruhm schwinden möchte. Es ist ja, wie Ihr verehrter Herr Erster Vorsteher schon gesagt hat, viel Schweres im vergangnen Jahre dem deutschen Buchhandel widerfahren, und es schien zeitweise so, als sollten die Fäden, die Sie mit den Gelehrten ver binden, recht schwer wieder geknüpft werden können. Gott sei Dank ist aber neuerdings die Basis zur Einigung gefunden worden. Wir dürfen hoffen, daß das alte gute Verhältnis sich bald wieder in vollem Maße einstellt, und ich muß sagen, daß ich mich von ganzem Herzen darüber freue. Denn, meine Herren, es ist nicht gleichgültig, ob so hochgeachtete, verdienstvolle Berufsstände, die auf gegen seitige Förderung von Haus aus angewiesen sind, sich seindlich oder auch nur gleichgültig gegenübcrstehen in einer Zeit, in der es darauf ankommt, daß alle be sonnenen Menschen zusammenhalten in dem Besitz und in der Verteidigung der Güter, die uns allen gemeinsam sind und bleiben müssen. Sie müssen sich bewußt bleiben, daß Sie Hand in Hand gehen müssen mit der Wissen schaft und daß Ihre Existenz so gut wie die der wissen schaftlichen Berufsstände in gewissem Sinne abhängig ist von diesem guten Einvernehmen. Es ist deshalb hoch erfreulich, daß die Fäden wieder geknüpft worden sind, was hoffentlich zu dauernder Einigung führen wird. Ich als Leipziger und Vertreter von Leipzig begrüße diese hoffnungsvollen Aussichten mit innigster Freude. Meine Herren, ich möchte meinen Wunsch und meine Worte damit schließen, daß ich von ganzem Herzen dem deutschen Buchhandel fortdauernd größte, lebendigste, segensreichste Entwicklung wünsche in der Weise, daß Sie Hand in Hand gehen mit den Gelehrten, mit den Vertretern der Wissenschaft, und in diesem Sinne bitte ich Sie, mir zu gestatten, den deutschen Buchhandel hochleben zu lassen. Der deutsche Buchhandel lebe hoch! hoch! hoch!« Das zweite Tafellied: »I-aus librarü« vom Buchhändler Ludwig Hamann (Druck von I. B. Hirschfeld in Leipzig) pries den Kommissionär als den schlauesten von den ver schiedenen Arten, die der Buchhändlerstand umfaßt, denn er -verdient selbst an den Büchern, wenn sie auch nicht ab gesetzt«. Börsenblatt für de» deutschen Buchhandel. 71. Jahrgang. Mit kräftiger Stimme durchdrang der zweite Schrift führer des Börsenvcreins, Herr Alexander Fruucke-Bern, das Stimmengemurmel der Versammlung, das sich mit Fortschreiten der Feststimmung immer lauter einzustellen pflegt, als er zn folgender Dankesredc das Wort ergriff: »Hochverehrte Festversammlung! Im Namen des Börsenvereinsvorstands, und ich hoffe sagen zu dürfen, im Namen aller hier versammelten Kollegen möchte ich den herzlichsten Dank aussprechen für die freundlichen Worte, die soeben von dem Herrn Oberbürgermeister dem Buchhandel gewidmet worden sind. Diese Worte tun um so wohler, als sie aus dem Munde des Oberhauptes dieser Stadt kommen, der als ein wahrer Vater der Stadt, das vergessen wir ihm nicht, im vorigen Jahre bemüht ge wesen ist, eine Einigung herzustellen, als Differenzen zwischen Wissenschaft und Buchhandel eingetreten waren. Waren diese Bemühungen auch damals nicht von Erfolg begleitet, so darf man sie doch als ersten Schritt be zeichnen, dem jetzt der zweite Schritt in Berlin gefolgt ist und aus dem, so hoffen wir alle, ein dauernder Friede für Wissenschaft und Buchhandel hervorgehen soll. »Meine Herren, es ist von meinen beiden Herren Vorrednern gesagt worden: es war ein schweres Jahr, das hinter uns liegt; schwerer als vielleicht manche von Ihnen, meine Herren Kollegen, es ahnten, und ich halte es deshalb für meine Pflicht, hier einmal öffentlich es auszusprechen, daß nach meiner festen Überzeugung der deutsche Buchhandel heute nicht auf dem Platze stehen würde, wo er steht, wenn wir nicht unfern Albert Brockhaus gehabt hätten. (Bravo!) »Wir müssen dem Schicksal dankbar sein, daß Albert Brockhaus in diesem Jahre gerade an unsrer Spitze stand. Da wir hoffentlich bald zu einer Einigung gelangen werden, will ich nicht alte Wunden aufreißen und nicht auf Einzelheiten eingehen, aber das muß ich betonen, daß Albert Brockhaus in diesem Jahre mit einer Treue und einer Aufopferung, einer Geistesschärfe Tag und Nacht für uns gewacht und gesorgt hat, in einer Weise, wie wohl wenige es imstande gewesen wären, und ich möchte Ihnen, lieber Herr Brockhaus, das hier aus sprechen, daß wir alle Ihnen dafür zeitlebens zu innigstem Dank werden verpflichtet sein. (Anhaltendes Bravo!) Als nun der Ruf nach Berlin erschallte, als es sogar unfern Adols Kröncr nicht mehr zuhause litt, und er sich aufmachte, um Hand in Hand mit Albert Brockhaus ein zustehen und Zeugnis abzulegen für den deutschen Buch handel, an dem wir alle mit jeder Faser unsers Wesens hängen, für den wir arbeiten, für den wir auch kämpfen wenn es notwendig ist, da ging ein mächtig aufwallendes Gefühl durch unsre Reihen, und wir wurden uns neuer dings bewußt, daß nichts uns abbringen kann von der hohen Auffassung unsers Berufs und unsrer Aufgabe, treue Diener zu sein der Wissenschaft und der Volks bildung. Meine Herren, ein Jahr, in dem solche Empfindungen geweckt und gekräftigt worden sind, kann ein schweres Jahr sein, aber sicher ist es für unsre Entwicklung nicht ohne Bedeutung gewesen; für manchen unter uns ist es ein Jahr der innern Einkehr ge worden. Man kommt gar leicht dazu, gegen die eignen Fehler blind zu werden; mancher dürre Ast ist dem rauhen Herbststurm der Kritik zum Opfer gefallen, die gesunden Bäume sind nur gekräftigt aus dieser Prüfung hervorgegangen. Vor allem sind wir um eine wertvolle Erfahrung reicher geworden: das ist die dabei zutage getretene Einigkeit im Buchhandel, die in dem letzten Jahr ihre Feuerprobe bestanden hat. Jeder Stoß von außen erwies sich als ein Hammerschlag, der 534