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^ 269, 21. November 1910. Mchtamtlicher Teil. «srlenblatl, b. Ltlchn. vuchhand«U 14289 das amtliche Lehrbuch des Buchhandels allein kann auch in unserem Beruf das erstrebenswerte Ziel trotz seiner ganz hervorragenden Qualitäten nicht erreichen. Die Organisation muß sich dieser Frage annehmen. Bei den Apotheken ist man hellte so weit, daß der Verband der konditionierenden Apotheker von Spezialwandcrlehrern in den Städten praktische Kurse abhalten läßt. Die Landwirtschaftskammern haben im Interesse ihrer Mitglieder Buchführungsgenossenschaften angegliedert und lassen den Landwirten die Buchführung einrichten, auf Wunsch überwachen und bieten ihnen die Möglichkeit zum Jahres schluß die Bücher an die Landwirtschaftsbuchführungsstelle zum Ab schluß zu senden. — Will ich damit keineswegs der Buchführung auf genossenschaftlicher Grundlage das Wort reden, so bin ich der Meinung, daß dem Sortiment ähnlich geholfen werden muß. Di: Viktor Samter weist in seinem Buch vom amerikanischen Geschäftsleben daraufhin, daß sich dort ein besonderer Beruf gebildet hat, »der Geschäftsin genieur«, dessen Aufgabe es ist, geschäftliche Betriebe zu organisieren ^ und zu systematisieren. Spezialisten dieser Art sind für das Sortiment und — wenn der Schein nicht trügt — auch für einen Teil des Verlages eine Notwendigkeit. Die ordnungsmäßige Buchführung hat in fast allen Fällen eine zweckentsprechendere Organisation, eine die Kräfte besser nutzende Arbeitsteilung und vieles andere, dessen Anführung ich mir heute versagen muß, zur Folge. Ich mag Ihnen auch nicht die vielen wunderbaren Erfahrungen aufzählen, die ich in mehr als sechsjähriger engerer Beschäftigung mit der Buchführungsfrage zu verzeichnen hatte. Daß aber auch überall da, wo man sich bemüht Bücher zu führen, eine Bilanz unmöglich wird, weil den Kollegen eine regelrechte Inventur besonders bei größerem Lager undurchführbar scheint, das ist eine immer wiederkehrende Tatsache, und aus meiner Praxis darf ich Ihnen bekennen, daß ich während meiner eigenen Lehr- und Wanderjahre keine Inventur erlebte, und noch keiner meiner Gehilfen, deren eine große Zahl während achtjähriger Selbständigkeit durch mein Geschäft gingen, je eine solche in einer vorherigen Stellung auch bei großen Firmen kennen gelernt hatte. Daß die geordnete Buch führung das A und O alles Geschäftslebens ist, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen, und da eine, ein einwandfreies Resultat ergebende Bilanz ohne Inventur ein Unding ist, stelle ich, wie ich glaube nicht mit Unrecht, die Behauptung auf, daß dieser Mißstand allein schon die Begründung einer Sortimenterkammer rechtfertigt. Darauf, daß die Buchführungsarbeiten im Buchhandel besonders schwierig liegen, weise ich, um Sie nicht zu lange in Anspruch zu nehmen, nur nebenbei hin und führe - als Beweis dafür das unlängst erschienene Lehrbuch der Buchhandelskunde aus der Feder eines der Buchhändlerlehranstalt nahestehenden Herrn an, in dem bei der Behandlung der Jnventurarbeiten eine Anweisung erteilt wird, nach der die Inventur unmöglich stimmen kann. Die »All gemeine Buchhändler-Zeitung«, der ich, da ich das Werk kennen zu lernen noch nicht Zeit fand, die Verantwortung überlassen muß, sagte von dem Buch, »ein Fehlgriff, wie er schlimmer nicht gedacht werden kann«. — »Schon das Inhaltsverzeichnis zeigt, daß von einer Durchdringung des Stoffes keine Rede sein kann.« Wie not tut da Abhilfe! Hier fühlte sich jemand berufen, eine Buchhandels kunde zu schreiben, und zeitigte damit diesen Erfolg! Malen Sie sich gefälligst auch wie es unter solchen Verhältnissen bei denen aussehen mag, die schwierigerer Buchführungstechnik — was bei einer großen Zahl von Kollegen der Fall ist — unsicher und unerfahren gegenüber stehen. Die Lösung solcher Aufgaben seitens der Sortimenterkammer wie sie die Buchführung bietet, liegt durchaus auch im Interesse des Verlages, der an geordneten Verhältnissen des Sortimentes ein gleich hohes Interesse wie dieses selbst hat, denn nur eine einheitliche Gc- schäftsorganisation verbürgt einen ordnungsmäßigen Verkehr. Die Zeit der Verwirklichung einer Sortimenterkammer scheint aber noch nicht allzunahe, und solange man die Gründung eines Sorti- meutervereins lediglich nach dem Gesichtspunkt des »Kampfvereins« verurteilt, so lange müssen wir eben nachdrücklicher als bisher unsere Wünsche in den Kreisvereinen durchzusetzen suchen. Schlimm genug ist es freilich, daß die Besorgnis vor dem »Kampfverein« nicht gerade darauf schließen läßt, daß der Verlag dem Sortiment gegenüber überall die Rücksicht nahm, die es erwarten durfte, denn das hat Herr Kollege Nitschmann gelegentlich der Leipziger Sortimenter versammlung sehr richtig betont, daß die deutschen Sortimenter sehr bescheidene Leute sind, die ganz sicher nicht die Sonne vom Himmel zu holen gedenken, und wenn man dafür sorgt, daß ihnen nichts ge nommen wird, daß sie vor Vereinsbuchhandel, Auchbuchhändlern und Verlegerschleuderei geschützt werden, sowie es der Detaillist jeder anderen Branche vom Fabrikant zu erwarten ein Recht hat, dann hat man eben berechtigte Forderungen erfüllt und braucht einen »Kampf« nicht zu fürchten. Bis es aber dahin kommt — im Interesse des Vaterlandes, im Interesse deutscher Wissenschaft, ein Ziel aufs innigste zu wünschen — helfen Sie alle mit, die viel zu vielen Gleich gültigen und Lauen aufzurütteln, dann kann auch schon auf dem Wege über den Kreisverein manches besser werden. Der Ernst der Zeit er fordert tätige Arbeit aller Beteiligten! Lassen Sie mich mit dem Wunsche schließen, daß die Sortimenter sich zahlreicher als bisher nicht nur bei uns, sondern in allen Kreisvereinen betätigen möchten und sie die nächsten Wahlen benutzen mögen, nur Kollegen nach Leipzig zu senden, die die Wünsche der Sortimentermitglieder nachdrücklichst Da diese Ausführungen mit den Anschauungen aller Ver sammlungsteilnehmer übereinzustimmen schienen, gebe ich sie in diesem Bericht einem größeren Kollegenkreis zur Kenntnis, in dein Bewußtsein, daß eine öffentliche Behandlung dieser überaus wichtigen Frage unserem Stande nur förderlich sein kann. Punkt 2. Inzwischen hatte man unseren beiden weiblichen Kollegen auf ihrem ersten Versammlungsbesuch sogleich Ge legenheit zu eifriger Betätigung gegeben und ihnen die Revision der Kasse übertragen, die richtig befunden wurde, worauf die Versammlung unserm altbewährten langjährigen Kassierer in Anschluß an die herzlichen Dankesworte des Vorsitzenden Ent lastung erteilte. 3. Der Beitrag für das nächste Jahr wurde wieder auf 10 festgesetzt. 4. Die Satzungen werden in der vom Tage vorher durch deu Vorstand festgesetzten Abänderung zur Annahme vorge schlagen. Es erfolgte die Verlesung der einzelnen Paragraphen und die Annahme durch die Versammlung in der vorgeschlage nen Form. 5. Die Danziger Kollegen, welche sich im Vorjahre der Arbeit der Adreßbuchreinigung zu unterziehen versprachen, haben der Arbeit bei uns, mangels aller Fühlung mit abgelegenen kleinen Städten, nicht Herr werden können und fühlten sich als Richter teilweise in außerordentlich schwieriger Lage. Kollege Kriedte übernimmt es, die Arbeit zu Beginn des neuen Jahre- zu Ende zu führen. 6. Ein Beitrag an die Kommission für die Bekämpfung der Schundliteratur in Königsberg kann mit Rücksicht auf die Kassen- verhältnisse, die uns sogar mancherlei Beschränkung hinsichtlich notwendiger Vereinsarbeiten auferlegen, nicht bewilligt werden. 7. Als Delegierter zu der am 23. und 24. in Jena und am 26. September in Leipzig stattfindenden außerordentlichen Versammlungen wird der Schriftführer vorgeschlagen und gewählt. 8. Die Unterstützung des Antrages des Kreisvereins der Rheinisch-Westfälischen Buchhändler betreffend Abschaffung des Kundenrabattes und das Angebot übermäßig ausgedehnter Zahlungsfristen wird ohne Widerspruch beschlossen, da die Zeit gekommen scheint, in der man der Beseitigung der Kunden rabattfrage, ohne damit den Bibliothekenrabatt zu berühren, näher treten müsse. Die Unterdrückung des Angebots über mäßig ausgedehnter Zahlungsfristen ginge, wie mehrfach betont wurde, damit Hand in Hand. 9. Der Vorstand wird durch Zuruf einstimmig wieder gewählt. 1V. wird als Ort der nächsten Hauptversammlung die freund liche Einladung des Kollegen Krips, Memel, wegen der allzu ungünstigen Lage abgelehnt und Königsberg bestimmt, wo rauf der Vorsitzende unter Dank an die Vorstandskollegen und an die ganze Versammlung die Sitzung um 2^ Uhr schließt. Nach kurzem Spaziergang vereinte ein lecker bereitetes Mahl bei blumengeschmückter Tafel die Teilnehmer in einer Zahl von 32 Personen, bei dem der Vorsitzende Kollege Oppermann den Kaisertoast ausbrachte und der stellvertretende Vorsitzende 1846*