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^ 95, 26. April 1916. Redaktioneller Teil. in Bayern unternimmt, den Bestimmungen des 8 6 des Neichsprcß- gesetzcs*) zuwiderzuhandeln. Den in Bayern erscheinenden Druckschriften werden Druckschriften gleichgestellt, die in Bayern lediglich hergestcllt werden. Die gleiche Strafe verwirkt, wer es unternimmt, Druckschriften, die den Bestimmungen des 8 6 des Neichspreßgesetzes nicht entsprechen, auszugeben oder zu verbreiten. Als Verbreitung gilt auch das Anschlägen, Ausstellen oder Aus legen der Druckschrift an Orten, wo sie der Kenntnisnahme durch das Publikum zugänglich ist. 3- Die gleiche Strafe verwirkt, wer zu Zuwiderhandlungen gegen vor stehende Anordnungen auffordert oder anreizt. 4. Vorstehende Anordnungen treten mit ihrer Veröffentlichung im Bayerischen Staatsanzeiger in Kraft. München, den 20. April 1916. K. B. Kriegsministerium. Frh. v. Kreß. Post. - Nachdem der Bundesrat durch Bekanntmachung vom 1 :. April bestimmt hat, daß die Protestfrist für Wechsel, die in Elsaß- Lothringen zahlbar sind, frühestens mit dem 31. Juli 1916 statt mit dem 1. Mai 1916 abläuft, ist die Postordnung vom 20. März 1900 entsprechend geändert worden. Danach werden die Postprotest aufträge mit Wechseln, die in diesem Gebiete zahlbar sind und deren Zahlungstag in die Zeit vom 30. Juli 1914 bis einschließlich 28. Juli 1916 fällt, am 31. Juli 1916 nochmals zur Zahlung vorgezeigt werden. (Vgl. hierzu S. 484.) Ein Abtrünniger. In den »Alldeutschen Blättern« findet sich nachstehende Auslassung: Herr Edward Stilgebauer, der Verfasser des >Götz Krafst«, hat nach dem Ruhme des Herostratos Verlangen ge tragen. In dem holländischen Blatte »De Amsterdammer« findet sich, der »Deutschen Zeitung« zufolge, aus seiner Jeder ein Schmähartikel gegen sein deutsches Vaterland, in dem er den Durchmarsch unserer Heere durch Belgien in die gleiche Reihe mit der Blut- und Schreckens herrschaft eines Alba stellt. So schreibt er u. a.: »Es gab eine Zeit, da man noch in deutscher Geschichte handelte. Diese Geschichte geht bis in die Maunesjahre Schillers und bis in das hohe Alter Goethes. Dann wurde sie von der preußischen Ge schichte abgelöst. Diese begann mit dem Auftreten des Großen Kur fürsten, verherrlichte die Person und die Taten Friedrichs II., stellte Bismarck in den Mittelpunkt der Wcltachse und hat in der Sieges allee in Berlin ihren sogenannten künstlerischen Ausdruck gefun den.« . . . ^Müssen wir die Geschichte wiederholen? Nun denn, in Gottes Namen! Don Carlos: ,Wir berührten Flandern und Brabant, zwei reiche und blühende Provinzen. Darin ein kräftiges und starkes Volk und auch ein gutes Volk ... und Vater dieses Volkes zu sein, das, dachte ich, muß göttlich sein? Ihr wolltet es stempeln zu einem Volk von Verrätern, zu einer Bande Franktireurs, Ihr tut es jetzt noch, aber es gelingt Euch nicht und es wird Euch nicht gelingen. Hier wird die Treue noch schrecklicher als Hartnäckigkeit . . . « »Das eiserne Gebot der Notwendigkeit? Ha, ha. ha! Fragt auch hier nach Herrn .Hofrat Schiller aus Jena, den Ihr doch kennt, dem Ihr Denkmal auf Denkmal errichtet. Bei dessen Erinnerungsfesten Preußens amtliche Vertreter sich zwar entschuldigen ließen, da sie zu wenig Zeit hatten. Wenig Zelt für Goethe und Schiller, aber desto mehr Zeit, wenn Panzerschiffe gegen England über die Taufe gehalten *) 8 6 des Neichspreßgesetzes lautet: Auf jeder im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinenden Druck schrift muß der Name und Wohnort des Druckers und, wenn sie für den Buchhandel oder sonst zur Verbreitung bestimmt ist, der Name und Wohnort des Verlegers, oder — beim Selbstvertriebe der Druck schrift — des Verfassers oder Herausgebers genannt sein. An Stelle des Namens des Druckers oder Verlegers genügt die Angabe der in das Handelsregister eingetragenen Firma. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind die nur zu den Zwecken des Gewerbes und Verkehrs, des häuslichen und geselligen Lebens dienenden Druckschriften, als: Formulare, Preiszettel, Visitenkarten und dgl., sowie Stimmzettel für öffentliche Wahlen, sofern sie nichts weiter als Zweck, Zeit und Ort der Wahl und die Bezeichnung der zu wählenden Personen enthalten. werden müssen. Schiller dennoch gibt Euch Antwort: .Da stieß ich auf verbrannte menschliche Gebeine (war es in Mechcln oder Löwen, an der Äser oder bei Lüttich?). Sie haben recht. Sie müssen. Daß Sie können, was Sie zu müssen eingesehen, hat mich mit schaudernder Bewunderung durchdrungen. Nur schade, daß Menschen nur, nicht Wesen höherer Art die Weltgeschichte schreiben, sanftere Jahrhunderte verdrängen Philipps Zeiten . . ? Leset das in der großen Szene des dritten Aufzuges von Don Carlos. Das schrieb Schiller: das war deutsch, das war schwäbisch, nicht preußisch.« Und dieser traurige Gesell wagt sich, auf Schiller zu berufen? Hierzu wird uns von buchhändlerischer Seite geschrieben: Ich hoffe, daß die vorstehenden Zeilen den Buchhandel veranlassen werden, die einzig mögliche Folgerung aus der Stellungnahme St.s zu ziehen. Nach einer kürzlich erschienenen Verlagsanzeige will uns Herr St. mit einem neuen Roman beglücken. Der Buchhandel wird darauf die rechte Antwort zu geben wisse». Denn wer in gegenwärtiger Zeit in ausländischen Blättern einen solchen Artikel über das Land, das ihn geboren und dessen Sprache er spricht, schreiben kann, verdient nicht, ferner noch als Deutscher angesehen zu werden. Zur Schriftfrage sendet uns Herr Peter Hobbiug in Er widerung aus die Ausführungen des Herrn Alfred Neumaun in Nr. 87 die nachstehenden Ausführungen: Nur um kein Mißverständnis in betreff meiner Ansichten und ihrer Abweichung von denen Herrn Neu manns aufkommen zu lassen, gestatte ich mir dieses letzte Wort: Wenn mir Herr N. vorwirst, daß ich mich auf leichte Art mit seinen und den Vernunftgründen (?) abgefunden habe; wenn er be hauptet, daß ich, weil ich von »barer Nützlichkeit« rede, diese Nützlich keit für die Lateinschrift im Gegensätze zur Deutschschrift gelten lasse; wenn er meint, daß meine »großen Worte« nicht zur Sache gehören; und wenn er sogar behauptet, daß ich seinen Satz von der »aus schlaggebenden Zweckmäßigkeit« durch mein Beispiel von der Mode habe »begründen« (statt widerlegen!) wollen - so muß ich bezweifeln, daß wir uns jemals in der beregten Frage einigen werden. Die Ursache dafür liegt zutage. Für Herrn Neumann steht es fest, daß »der Geisteswert der deutschen Sprache« nichts mit der »toten Form ihrer Buchstaben« zu tun habe; für ihn würde schon die Geschäfts- erleichterung ein ausreichender Grund sein, sich der Lateinschrift zuzu wenden; für ihn bedeutet die Abkehr vom Nationalen und das Auf gehen ins Allgemeine und Internationale keinen Verlust, sondern »einen sehr erheblichen Nutzen«, und schließlich will er das Bestreben, »das Leben leichter und die Menschen tüchtiger zu machen», auch mit dem Namen »Vaterlandsliebe« belegt wissen. Damit ist die Scheidewand, die mich nicht nur in der Schriftfrage, sondern in der ganzen Auffassung von Deutschheit, deutscher Gesittung und allem damit Verwandten von Herrn N. trennt, unverrückbar fest gestellt. In meinen Augen ist unsere Druck- und Schreibschrift ein vollwertiges Seitenstück zu unserer Sprache und wie diese ein unver äußerliches Volksgut: für mich gilt es, unser Deutschtum gegen die außcrdeutsche Unkultur durchzusetzen — auch das geschäftliche, wie es schon zu Zeiten der Hanse der Fall war - ; und schließlich bedeutet für mich das Neumannsche Bestreben »das Leben leichter und die Men schen tüchtiger zu machen« ganz was anderes nnd viel weniger als Vaterlandsliebe, die wir sehen es doch wohl heute zur Genüge! - ihre Bekenner zu ganz anderen Opfern begeistert, als es die schwung vollsten Ergüsse vom Menschenwert, von der Wcltkultur und ähnlichen schönen Dunstgebildeu je vermocht haben. Zwangsweise Verwaltung französischer, britischer und russischer Unternehmungen. — Nach einer Bekanntmachung des Kgl. sächs. Mini steriums des Innern vom 17. April, abgedruckt im Reichsanzeiger Nr. 94 vom 19. April, wurden auf Grund der Verordnungen über die zwangsweise Verwaltung französischer, britischer und russischer Unternehmungen vom 26. November und 22. Dezember 1914, vom 4. März 1915 und vom 10. Februar 1916 u. a. in Zwangsverwaltung genommen: die im Königreich Sachsen befindlichen Vermögenswerte, insbesondere die in Leipzig verwahrten Warenlager und Guthaben folgender Fir men usw.: A. Durand L Eie., Paris; Kanzlei der Kaiserlichen Akademie der schönen Künste, St. Petersburg; Bibliothek der Ethnographie, Abtei lung des Kaiserlich Russischen Museums Kaiser Alexander III., St. Petersburg; Kaiserliche Archäologische Kommission, St. Petersburg; Direktion Generale du Service des Antiquites, Eairo; P. Lethielleux, Paris; Novello L Co., Ltd., London (Verwalter: Bankdircktor a. D., Bücherrevisor Felix Schönherr, Leipzig, Bayerische Straße 103); Ealmann - Lövy, Paris; Plon - Nourrit L Cie., Paris; 483