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Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel 2407 ^ 49, 28. Februar 1908. Es gibt Lesezirkel, die Zirkulare an die Inserenten er lassen des Inhalts, daß sie ihr Geld für Inserate nicht zu den Verlegern tragen sollen. Die Inhaber der Lesezirkel besorgten ihnen die Verbreitung der Inserate für dieselben Zeitschriften, aber für billigeres Geld. Es gibt Lesezirkel, die ohne Rücksicht auf die redaktionelle Haltung einer Zeitschrift bezahlte Beilagen einfügen, die ihrer Tendenz widersprechen. Es gibt Lesezirkel, welche in ein Familienblatt An preisungen obszönen Charakters einfügen rc. Derlei Ausschreitungen bekämpfen wir, und gegen sie richten sich unsere Beschlüsse. Wir wollen nicht dulden, daß unsere Zeitschriften in verstümmelter oder entstellter Form in den Verkehr gebracht iverden. Es ist das gute Recht des Verlegers, sich dagegen zu wehren. Wir gebrauchen den Inseratenteil, denn er ermög licht es uns, die Zeitschriften zu den von uns festgesetzten Preisen abzugeben. Der von uns den Abnehmern gewährte Rabatt ist das Entgelt dafür, daß unsre Zeit schriften so, wie wir sie liefern, dem Publikum zugestcllt werden. Von dieser Regel haben wir unfern Abnehmern gegenüber Ausnahmen zugelassen, soweit unsre eignen vitalen Interessen und die Interessen unsrer Abonnenten und Inserenten es zulassen, d. h. wir haben gesagt: Der Raum innerhalb der Zeitschriften gehört uns, außerhalb der Zeitschriften steht den Abnehmern das Beifügen von Reklamen usw. frei. Darüber hinaus Entgegenkommen zu zeigen, haben wir um so weniger Veranlassung, als die Erfahrung gelehrt hat, daß die aus weiteren Reklame beilagen ei zielten Mehreinnahmen dazu verwendet werden, so niedrige Lesegebühren festzusetzen, daß ein solider Lese zirkel-Betrieb nicht mehr konkurrieren kann. . Wir sind zu jeder etwa noch wünschenswerten Auskunft und Erörterung gern bereit und hoffen, Härten, die sich bei der Wahrung wohlerwogener und berechtigter Interessen naturgemäß geltend machen, auf Grund wohlmeinender Ver ständigung von Fall zu Fall ausschalten oder wenigstens mildern zu können. Auf Auseinandersetzungen mit dem Vorstand des Ver bandes der Kreis- und Ortsvereine, Hamburg, müssen wir so lange verzichten, als dieser uns den vorherigen Verzicht auf den eigentlichen Gegenstand dieser Verhandlung als Vorbedingung der von uns erstrebten Verständigung zumutet. Wir sind aber überzeugt, daß die berufenen Vertreter des Sortiments sehr bald selbst zu der Ansicht kommen werden, daß ein Zusammengehen des Verlags und Sortiments in dieser Angelegenheit die Interessen des letzteren besser wahrt als die jetzige Bekämpfung unserer Maßregeln. Wird da durch doch nur das Interesse derjeni en Großlesezirkel gefördert, die die schärfsten und rücksichtslosesten Konkurrenten des Sortiments sind. Im übrigen stellen wir mit Befriedigung fest, daß die bisherigen direkten Auseinandersetzungen fast überall zu einer sofortigen Verständigung geführt haben. Der Vorstand des Vereins von Verlegern deutscher illustrierter Zeitschriften. Horst Weber. Robert Schanz. Fritz Otto Klasing. R. Hofmann. vr. Franz Ullstein. Or. Otto Eysler. Ist der Abdruck von Rezensionen zu honorieren? (Vgl. Nr. 43 d. Bl.) Der Fall des Herrn Hermann Krüger, Berlin, scheint mir für den Verlagsbuchhandel von der größten Be deutung zu sein; er umfaßt nicht mehr und weniger als die Frage, ob der Verleger berechtigt ist, in Zeitungen und Zeit schriften erschienene Kritiken seiner Verlagswerke zum Zweck der Reklame durch den Druck zu verbreiten, ohne dafür Honorar zu bezahlen. Das ist für viele eine halbe Lebens frage; denn wie soll der Verleger dem Publikum oder dem Sortiment den Wert dieses oder jenes Verlagswerks anders Nachweisen, als indem er zur Kenntnis bringt, was die Re zensenten Günstiges darüber sagen? Was der Verleger selbst sagt, hat doch selten den Charakter des Überzeugenden; der Verleger wird — ob mit Recht oder Unrecht — in der Beurteilung seiner Verlagswerke meist als in selbstsüchtigen Ab sichten befangen, als parteiisch angesehen. Wenn auch der Sortimenter seine Pappenheimer kennt, nämlich die Kollegen, die immer nur »Schlager« usw. verlegen, und er im all gemeinen weiß, welcher Verleger seinen Büchern gegenüber eine mehr objektive Wertbemessung übt, — das große Publikum glaubt nur an das, was die Kritik sagt. Bliebe also der offenbar vom Allgemeinen Schriftsteller verein angestrebte Ausweg, daß der Verleger vom Rezensenten das Recht zum Nachdruck der Rezension käuflich erwirbt. Das ist aber praktisch nicht durchführbar. Die meisten Kritiken erscheinen ohne Nennung des Kritikers, und man müßte bei den Zeitungen erst in Erfahrung bringen, wer der Rezensent ist. Ich fürchte, man bekäme da nicht allzu häufig eine Antwort. Aber damit nicht genug: man wäre genötigt, nachzuforschen, in welchem Verhältnis der Rezensent zu der Zeitung steht, die seine Kritik veröffentlicht hat. In vielen Fällen wird der Rezensent eine Kritik im Auftrag der Zeitung geschrieben haben (z. B. als Angehöriger der Redaktion), und dann wäre die Zeitung Inhaberin des Urheberrechts, und die Erlaubnis des Nachdrucks müßte von dieser erlangt werden. Also nichts als Unzulänglichkeiten für den Verleger und Scherereien für die Redaktionen, die von dieser neuen Wirtschaft bald genug hätten. Aus Zeitungsredaktionen hat man Gescheiteres zu tun. Aber auch das Ansehen der Kritik könnte notleiden. Der Kritiker oder eine Zeitung hätte einen materiellen Vorteil von einer lobenden Kritik-, indem die Möglichkeit bestände, deren Abdrucksrecht günstig zu verkaufen. Wenn auch solche egoistische Motive nur in den seltensten Fällen der Anlaß zu einer öffentlichen Anerkennung eines Buches sein würden, so ist doch allein diese bloße Möglichkeit der Kritik schädlich. Der »Zeitungsverlag« hat erst kürzlich in einem Artikel darauf hingewiesen, daß bei der Kritik jeder Schein einer unlauteren Beeinflussung ver mieden werden müßte. Bei dieser anerkennenswerten Feinfühligkeit ist zu hoffen, daß unsere Zeitungen und Zeitschriften dem gefährlichen Standpunkt des Allgemeinen Schriftstellervereins energisch gegenübertreten. Auch der Ver legerverein wird nicht umhin können, hier einen bestimmten Standpunkt einzunehmen. Es ist ja garnicht auszudenken, welche Unsumme von Arger und Verdruß dem Verlegerstand aufgeladen würde, wenn durch das Vorgehen des Allge meinen Schriftstellervereins eine so sonderbare Honorarsucht großgezüchtet würde. Soweit übrigens die Mitglieder des Allgemeinen Schriftstellervereins selber Bücher schreiben, hat Herr vr. Hirschfeld deren Interessen schlecht vertreten, denn der Autor von Büchern hat doch das denkbar größte Inter esse an der Verbreitung lobender Kritiken. * * Ich glaube bekannt dafür zu sein, daß ich in bezug auf Verletzung des Urheberrechts und deren Verfolgung keine schwächliche Gleichgültigkeit zeige. Ich bin für den weitest gehenden Schutz des geistigen Eigentums, aber nur, sofern dadurch wirkliche Interessen geschützt werden sollen, und nicht im Sinne einer spitzfindig-formalistischen Rechtsauf- 312»