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15820 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 297, 22. Dezember 1909. schuß auf der Konferenz in Eisenach eine neue Namenreihe an genommen. Die Namen für die Hälfte der Tage ist für alle deutschen evangelischen Kalender verbindlich, für die andre Hälfte werden zwar Namen empfohlen, doch soll hierüber den einzelnen Landeskirchen freie Entschließung Vorbehalten bleiben. Aus Grund dieser Beschlüsse ist nun vom Kgl. Sächs. Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Evangelisch-lutherischen Landeskonsi storium für alle sächsischen evangelischen Kalender die Namenreihe vorgeschrieben worden, die nunmehr erstmalig Aufnahme ge funden hat. (Leipziger Neueste Nachrichten.) Hinterlassene Werke Holger Drachmanns. — Wie die »Frankfurter Zeitung« mitteilt, beschäftigt sich Professor Wilhelm Andersen in Kopenhagen mit Sichtung des handschriftlichen Nach lasses Holger Drachmanns. Es handelt sich um einen Band Prosa und einen Band Poesie. Im Prosaband wird ein großes Roman fragment das Vorherrschende werden. Dieses ist als eine Vorarbeit eines Romans mit dem Titel »Vagabondus« gedacht, und wahr scheinlich wird die ganze Sammlung diesen Titel führen. Unter andern interessanten Prosasachen muß vor allem der Entwurf einer Selbstbiographie genannt werden. Im Manuskript sind nur die Jugendjahre behandelt worden; hier merkt man aber den Meister. Die Gedichte, die im zweiten Band der zu erwartenden »Hinterlassenen Werke Drachmanns« untergebracht werden sollen, stammen alle aus den späteren Jahren; sie sind teils persönliche Gedichte, teils Poesien und Verse, die in Blättern und Zeit schriften zerstreut erschienen sind. Dagegen sollen bei der Heraus gabe der hinterlassenen Werke die Gedichte Drachmanns aus früheren Jahren nicht mit berücksichtigt werden, weil dies wahr scheinlich nicht im Sinne des Dichters wäre. Bastei«, Verein jüngerer Buchhändler, Dresden. — Der für den 2. Dezember angesetzte Vortrag des Herrn Kreher über Beethoven op. 27 Nr. 2 Ois-moll-(Mondschein-)Sonate mußte unvorhergesehener Umstände halber aus den S. Dezember verlegt werden. Leider nicht zu seinem Vorteile, denn der Besuch war infolge der schon begonnenen Weihnachtsarbeiten nicht besonders zahlreich. Und gerade dieser Vortrag hätte eine größere Zuhörer schaft verdient. Seine Ausarbeitung zeugte von großem Fleiße, feine bilderreiche Sprache machten dem Redner alle Ehre, und die fachliche, eingehende Behandlung des Themas rechtfertigten wieder Herrn Krehers wohlverdienten Ruf als Kenner der Musikgeschichte. Herr Kreher sprach erst über die Ursachen der Entstehung der Ois moll-Sonate und widerlegte die an und für sich ganz schöne Legende, daß Beethoven einst nach einer Wanderung im Monden- scheine durch die Heide diese Sonate einer Blinden in einem einsamen Landhause vorgespielt habe, um ihr, die des Augenlichtes beraubt war, die Seelenstimmung, die man beim Anblicke des Mondscheines hat, in Tönen kundzugeben. Die Entstehung dieser einzigen Sonate sei vielmehr auf eine unglückliche Liebschaft Beethovens mit der Gräfin Julia Guiccardi zurückzusühren. Er und sie haben sich heiß geliebt; aber der allzu große Standesunterschied war Grund, daß das Verhältnis aus sichtslos blieb. Von diesem Gesichtspunkte aus ließe sich auch leicht die musikalische Erklärung der drei Sätze der Sonate finden. Der erste Satz mit den ruhigen Triolen in der Mittel und der schwermütig-klagenden Oberstimme charakterisiere das trübe, bedrückte Gemüt Beethovens. Der zweite Satz, das anmutig-heitere, mit echt Beethovenschem Humor gewürzte Scherzo zeige, wie der Komponist trotz des ungünstigen Schick sals zu lächeln und die düsteren Gedanken zu verscheuchen suche. Aber es gelingt ihm nicht, aus diese Art der Schwermut Herr zu werden. Im wild entfesselten Tosen des letzten Satzes, für den Beethoven überhaupt ein Tempo nicht vorschreibt — »so schnell als irgend möglich« —, triumphiert endlich die gewaltige Natur des »ungeheuren Spielmanns- über alle Widerwärtig keiten des Schicksals. Hier vermag der Hörer einen Einblick in die tiefinnersten Seelenkämpfe Beethovens zu tun und lernt seine Leidenschaft mit fühlen. Er erkennt, daß die Ois-moU-Sonate nach der IX. Sinfonie wohl das bedeutendste Werk Beethovens ist. — Nach diesen Ausführungen brachte Herr Kreher die Sonate auf dem Klavier zum Vortrage. Soll ich über das Spiel des Herrn Kreher Worte verlieren? Es genügt wohl zu sagen, daß er die Zuhörer nicht enttäuschte und einen guten Ruf als ausgezeichneter Pianist zu wahren wußte. In echt Beethovenschem Geiste und mit vollendeter Technik spielte er die ersten beiden Sätze, eine Leistung, mit der er sich mit jedem Berufspianisten messen kann. Nur beim letzten Satze haperte es etwas. Aber bei dessen ungeheurer Schwierigkeit, an der selbst das Können manches Künstlers scheitert, ist dies wohl zu entschuldigen. Man vermochte aber dennoch die Wucht des Musiktitanen zu empfinden und stand im Banne Beethoven- chen Geistes. Das Spiel des Herrn Kreher rief allgemeinen, lang andauernden Beifall hervor. Die Zuhörer waren von dem gewaltigen Werke erschüttert, — die Eindrücke dieses Abends dürften noch lange in ihrem Innern wach bleiben. I. * Ne«e Bücher, Kataloge nfü». für B«chhä«dlerr Musterbuch über Hamburger Druckschrift. Original-Erzeugnis aus der Schriftgießerei Genzsch K Heyse in Hamburg. 4°. 36 S. Oeutsobe luristen-Lsitung. Begründet von Oabanck—8tsng1gin— 8ta.uk). Rerausgsgsbsn von Or. B. Oabanck, Wirbl. 6sb. Rat, Broksssor, Or. 0. Ramm, IViilcl. (leb. Kat, Oberls-nckesgeriebts- präsicksut a. O., Brust Reimt?., Instierat. 8ebriktkeiter Or. zur. Otto Oieknnann. Verlag von Otto Oiekrmann in Berlin. XIV. lobrgung. Rr. 24, 15. Dezember 1909. 4". 8p. 1457 bis 1512. — Dasselbe. Titel unck Inbaltsverzeiobnis ?um XIV. labrgangg 1909. 4". 104 8palten. 8elsetsck boobs kor Okristmas anck Rsw Vear's present« b^ Otto 8obul?s L Oo. in Bckinburgb. bl.-4°. 12 8. m. 2 Ab bildungen. Wsibnaebten 1909. Rsuerweroungsn von gediegenen Werben aller Oebists kür Liblwpbilen, Oslsbrts, sowie kür jeäsn Büober- Irüuksr. — ^.ntigu.-Latalog Rr. 18 von Ottmar 8obönbutb Raebk. (8tobbe, Dult? K Oo.) in Nünebsn. 8". 35 8. 990 Rrn. Osutsobe Oitsratur von den krübestsn Leiten bis ?ur Oegsnwart. — Latalog 119 vom 8ückcksutsob en llntiguariat in Icküneben. 8°. 67 8. 1424 Rru. * Drückfehler-Berichtigung: Oesobsnbbüober unck Ribliotbsbwerbs aus ckem Verlags cksr Oeutsoben Verlagsanstalt in 8tuttgart. Lu be?isken ckurob (. . . 8ort.-Ra. . . .). LI. 8". 44 8. mit ^.utorenporträts unck Abbildungen. In Nr. 292 d. Bl. vom 16. Dezember 1909 S. 15643, Spalte 2, ist bedauerlicherweise der Name der Firma unrichtig angegeben, was hiermit berichtigt sei. Personalnachrichten. * Clara Ziegler f-. — Die berühmte Tragödin Clara Ziegler ist am 19. Dezember im Alter von fünfundsechzig Jahren in München gestorben. Clara Ziegler war am 27. April 1844 in München geboren und trat 1862 zuerst in Bamberg als Jungfrau von Orleans auf, wiederholte diese Rolle am K. Hoftheater in München und kam dann nach Ulm und alsbald wieder nach München an das dortige Neue Aktientheater. 1867/68 gehörte sie dem Leipziger Stadt theater an, ging dann aber (1. Oktober 1868) wieder nach München als Mitglied des K. Hostheaters, dem sie bis 1874 angehörte. Seit 1874 übte sie ihre Kunst nur in Gastrollen aus, die sie über fast alle Bühnen Deutschlands, auch nach Holland, Ungarn und Rußland führten. 1876 vermählte sie sich mit dem Münchener Hofschauspieler Christen. Ihre Glanzrollen waren u. a.: Medea, Iphigenie, Maria Stuart, Jsabella (»Braut von Messina«), Brunhild (Hebbels »Nibelungen«), Elisabeth (in Laubes »Essex«), Gräfin Orsina, Sappho, Judith, Penthesilea und Thusnelda (in Halms »Fechter von Ravenna«), Donna Diana. Klara Ziegler hat sich als Frau Clara Christen auch als Ver fasserin einiger Bühnendichtungen (Lustspiele und Einakter) be tätigt. Genannt seien hier: »Flirten«, — »Furcht vor der Schwieger mutter«, — »Falscher Verdacht«, — »Der Türmer von Sankt Peter«, — »Mucki«.