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2952 Nichtamtlicher Theil. 189, 17. August. Stephan gebracht hatte; wir freuen uns, jetzt auch unfern Nestor Fr. I. Frommanu und den leicht zu errathenden H. H. in Gotha sich in gleichem Sinne aussprechen zu sehen; diesen drei Männern wird Niemand Egoismus als Grund ihrer Opposition unterschieben können. Nnr noch mehr solche Stimmen angesehener Ver leger — es genügt ja einfache Zustimmung zu dem Frommann'schen Artikel in Nr. 185 des Börsenblattes — und der Nebel, welchen man um den General-Postdirector zu verbreiten sucht, wird sich hof fentlich lichten. Man erwarte aber nicht das Heil allein von Oben, sondern man gehe im Sinne des Hrn. Frommann und H. H. vor. Die Vorstände des Börsenvereins und des Sortimenter ve rein s mögen ihre Stimmen im Reichskanzleramtc und im dem nächst zusammentretenden Reichstage vernehmen lassen, nament lich aber erwarten wir dies auch von den Kreisvereinen. Wir werden ja daun sehen, ob es noch wie zu Friedrich des Großen Zeiten „Richter in Berlin" gibt! — 0. L. VIII. Die Notiz der Vossischen Zeitung vom 9. Juli, nach welcher die Annahme von Büchcrbestellungen bei allen Postämtern des Deutschen Reichs seitens des Kaiser!. Generalpostamts einer einge henden Erwägung unterzogen würde, hat in den buchhändlerischen Kreisen eine lebhafte Bewegung hervorgerufen. Die Frage, welche bereits vor einigen Monaten aufgetaucht war, schien von der Tages ordnung abgesetzt zu sein, bis uns die jedenfalls officiöse Notiz der Vossischen Zeitung eines andern belehrte. Nach den cingezogenen Erkundigungen ist das Project eines Post-Buch-Amts in der That noch vorhanden; die etwaige Einfüh rung desselben aber für einen so späten Termin (nicht vor 1876) in Aussicht genommen, daß die Angelegenheit wenigstens den acuten Charakter verliert, den sic beim ersten Anblick darbietet. Es soll zunächst abgewartet werden, welchen Einfluß die vermutlich am 1. Januar 1875 ins Leben tretende Herabsetzung des Porto für Kreuzbandsendungcn auf die Expedition von Bücherbestellungcn ausübt. Wir wünschen aber, daß es nicht von dem Erfolge dieser Maßregel abhängen wird, ob die Post in Zukunft Bücherbestellungen ausführen soll oder nicht; wir hoffen vielmehr, daß die ganze Idee des Post-Buch-Amts an maßgebender Stelle aufgegeben wird. Es widerspricht zunächst den jetzt geltenden Anschauungen, daß der Staat überhaupt Handel treibe und durch seine Einrichtungen der Privatindustrie hemmend cntgegentrete. Man hat infolge des sen die aus früheren Zeiten herstammenden, dem Staate gehörenden Fabriken zum Theil bereits aufgegeben und der Privatleitung über lassen. Nun soll das in Aussicht genommene Post-Buch-Amt aller dings keine Finanzmaßregel sein, es soll nicht dazu dienen, die Ein nahmen der Post zu vermehren; der erleichterte Bezug von Büchern soll vielmehr die geistige Entwickelung fördern und die Post soll auch nach dieser Seite hin als Factor des Fortschritts und der modernen Cultur zur Geltung kommen. Wir bezweifeln, daß diese Absicht er reicht wird; das aber wissen wir bestimmt, daß die Ausführung der Idee die Interessen des Buchhandels in hohem Grade schädigt, daß zunächst die Existenz der kleineren Provinzial-Buchhandlungen in Frage gestellt wird, daß aber auch für den Verlagshandel später Einbußen unvermeidlich werden, die in keinem Verhältniß zu den Vortheilen stehen, welche der erleichterte Bücherbezug ihm anfäng lich gewährt. Es wird Aufgabe des Börsenvereins und namentlich des Vor standes sein, mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß das Post-Buch- Amt überhaupt nicht ins Leben trete, denn ist dasselbe einmal vor handen, dann werden Proteste schwerlich etwas nützen. Wie wir vernehmen, wendet der Börsenvorstand dieser An gelegenheit seine ernsteste Aufmerksamkeit zu und hält es für seine Pflicht, die Interessen des Gesammtbuchhandels auch nach dieser Seite hin zu wahren. Misccllen. Bibliographisches Zopfthum. — Seit wann und wes halb die Bibliographen die „Freimaurerei" unter die Rubrik: „Curiosa, Facctien, Vermischtes" gestellt, ist uns unbekannt; wir wissen nur, daß dies eines der Herkommen ist, welche sich in den antiquarischen Katalogen und sonstigen bibliographischen Verzeich nissen wie eine ewige Krankheit forterben. Es ist dies nicht bloß ein bibliographischer Zopf, den man denn doch endlich abschneiden sollte, sondern auch eine Ungerechtigkeit. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß sich unter den freimaurerischen Erzeugnissen, wie unter jeder Art von Literatur, mancher Schund befindet, es ist aber ebenso wenig zu leugnen, daß sich in dieser Literatur ein Fort schritt zum Besseren Nachweisen läßt, daß sich Werke von wissen schaftlicher Haltung in ihr vorfinden und daß unter den Verfassern freimaurerischer Schriften die Namen berühmter Gelehrten und der Heroen unserer Nationalliteratur, wie Fichte, Lcssing, Goethe, Herder u. v. A. mit Vorkommen. Man sollte unseres Erachtens denn doch soviel Achtung vor solchen Namen und Männern haben, um deren Zusammenstellung mit allem möglichen literarischen Kram zu vermeiden. — In Hinrichs' Bücherverzeichniß ist die „Freimaurerei" unter einer besonderen Rubrik aufgeführt, ein Beispiel, welches wir hiermit zu allseitiger Nachahmung bestens empfehlen. — Man kann aus der früheren Geheimthuerci des Bundes die Ausrede hcrleitcn, man kenne das Wesen der Freimaurerei nicht und wisse demgemäß nicht, welcher Platz der freimaurerischen Literatur gebühre. Heutigen Tages ist ein solcher Einwurf nicht mehr begründet; denn die Werke über Wesen, Zweck und Geschichte des Bundes sind offen auf den Büchermarkt hinausgetreten und auch in den nichtmaurerischen wissenschaftlichen Zeitschriften eingehender Besprechung unterzogen. Freimaurerei ist die Pflege des Allgemein-Menschlichen, des Huma nen, und der Freimaurerbund, die weiteste aller irdischen Gemein schaften, steht „gleichsam über dem Staate und über der Kirche" d. h. als dritter Factor neben beiden. Daraus ergibt sich der Platz der freimaurerischen Literatur neben Theologie und Staatswissenschaft von selbst. Jlluminatismus, Rosenkreuzerei u. dergl. spielen zwar in der Geschichte der Freimaurerei eine Rolle, gehören aber im Grunde nicht zur Literatur der Freimaurerei, wennschon sie kaum mehr davon getrennt werden können. Es kostet den Herren College« unter den Antiquaren nur ein Wort, und der Zopf ist gefallen, der unserem Stande nicht zur Ehre gereicht. Man trenne die „Frei maurerei" von „Curiosa, Facetten und Vermischtes" und weise ihr den ihr gebührenden Platz an neben Theologie und Staatswissen schaft. Man muß gerecht sein auch im Kleinen! <x. Die Expedition des „Volksstaat" in Leipzig kündigt den Ver lag der Firma W. Bracke jun. in Braunschweig dem Publicum zu bedeutend niedrigern Ladenpreisen (bis zu 60 N) an. — Wie stellt sich denn dazu der Sortimentsbuchhändler, dem Bracke im besten Falle, d. h. bei Baarbezug, 50 A gewährt? R. Personalnachrichten. Herrn M. W. Schlenker (in Firma Ed. Hampe) in Bremen, der bei der jüngst stattgehabten internationalen landwirthschaftlichen Ausstellung als Geschäftsführer fnngirte, ist in Anerkennung seiner um die Ausstellung bewiesenen gemeinnützigen Thätigkeit vom Kaiser Wilhelni der Rothe Adlerorden 4. Classe verliehen worden.