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X- 121, 26, Mai 1928. Redaktionell«! Teil. Börsenblatt s. d.Dtschn. Buchhandel. Dichterbünde zum Anschluß an die größere Vereinigung zu be wegen und die bestehende »Zeitschrift für Bücherfreunde» als gemeinsames Organ aller Bücherfreunde zeitgemäß auszubauen. Durch Erteilung von Druckaufträgen könnten wohlhabende bibliophile Vereinigungen unseren berühmten deutschen Pressen den notwendigen wirtschaftlichen Halt geben und ihren Erzeug nissen Absatz sichern. Auf diese Weise läßt sich die notwendige Eigenart und Qualitätssteigerung durchführen, und eine wünschenswerte Schaffung eigener Druckschriften für be grenzten bibliophilen Jnteressenkreis ermöglichen. Auch dann wird es dem einzelnen Verein nach wie vor unbe nommen sein, seinen Sonderbestrebungen nachzugehen und eigenen Anregungen folgend, ältere und neuere Seltenheiten in Sonderdrucken, ja sogar vergessene Klassiker in einer Monumen talausgabe ans Licht zu stellen. Denn an sich ist natürlich gegen die sorgfältige Wiedergabe bedeutender Geistesschätze der Ver gangenheit nichts einzuwenden, sobald sie unserem heutigen Empfinden etwas bedeutet und sie nicht zur Hauptaufgabe der bibliophilen Vereinigung wird. Immerhin wird man nach den vorstehenden Ausführungen der Ansicht zuneigen, daß die Bücher produktion kleiner Vereine, wenn sie auch nicht ganz entbehrlich ist, doch auf Ausnahmen beschränkt sein sollte, zumal auch deren Wirtschaftlichkeit immer fraglich bleiben wird. Dagegen wäre durch geeignete andere Mittel eine zielbewußte Förderung und Beeinflussung literarischer und künstlerischer Aufgaben anzu streben, und man könnte versuchen, auch die geistige Verbunden heit der Bücherfreunde durch werbekräftige Vorträge, Ausstel lungen und gepflegte Geselligkeit zu intensivieren. Zum Schluß bleibt noch sestzustellen, daß die starken Lebens impulse unserer Zeit auch im Buch erkennbar sind und sein Wesen innen und außen von Grund auf geändert haben. Das Buch ist eine Ware geworden, die leider nicht nur in Buch läden gehandelt wird. In Massen hergestellt, genügt sie meist nur Tagesbedürfnissen und wird mit ihnen entwertet und ver gessen. Unter solchen Verhältnissen muß sich auch für die Buch darbietung eine neue konzentrierte Form herausbilden, für die unsere kommenden Drucktechniken schon Möglichkeiten erkennen lassen. Gute Bücher sind wahrhaft Freunde in jeder Lebenslage und niemand ist ganz einsam, der sich mit ihnen umgibt. Es ist aber nicht zu leugnen, daß es unserer Zeit in hohem Maße an jener Besinnlichkeit und Naivität früherer Zeiten fehlt, die dem tieferen Verhältnis zum Buche dienlich ist. Eine Überspannung des Intellektuellen neben einer Verarmung an Gefühlswerten führt zu ödem Materialismus und zu einer Überschätzung aller mechanisch-technischen Zivilisationsmittel. Wir leiden unter all gemeiner Stillosigkeit und lassen uns durch phrasenhafte, modische Schlagworte regieren. Die heute erkennbare, allgemeine Ober flächlichkeit in geistigen Dingen, genährt durch die über handnehmenden Tagessensationen in Sport-, Tanz-, Radio- und Kinodarbietungen, lassen in weiten Kreisen nur das Interesse für das Sensationsbuch des Tages aufkommen und verhindern ein tiefergchendes Verständnis für den Dauerwert eines seine Zeit überragenden, guten Buches. Gerade angesichts dieser Tatsachen bleibt den bibliophilen Vereinigungen eine hohe Aufgabe, die uns jetzt mehr als früher neben der Befriedigung stiller, eigener Neigung zusällt, nämlich, wie Witkowski es schon 1920 in Zeiten wirtschaftlicher Not for muliert hat: »Den Sinn für das schöne und gute Buch in Deutschland zu verbreiten, unsere Verleger, Künstler und Drucker in ihren Be strebungen zu unterstützen und so auch von unserer Seite etwas beizutragcn, damit die gefährdete seelische Gesundheit und der gesunkene Sinn für innere und äußere Schönheit gestärkt werde. Erobern wir dem schönen, wertvollen deutschen Buch daheim und im Ausland neue Bereiche, dann schaffen wir nicht nur ideale Werte, sondern auch wirtschaftliche und erweisen die schein bar eigenbrödlerische, aristokratische Bibliophilie als einen nicht unwichtigen Faktor unseres nationalen Erwerbslebens«- Die Nomkonferenz. Von Rechtsanwalt vr. Willy Hofsmann, zur Zeit Rom. III <1 u. II s. Nr. 115 u. 117». Die Verhandlungen haben insofern jetzt einen gewissen Ab schluß erlangt, als die einzelnen Artikel im Wesentlichen durchbe raten worden sind, sodah nicht nur die Haltung der Verbandz- staaten zu den einzelnen Fragen jetzt klar ersichtlich ist, sondern auch, ob Lösungsmögltchkeiten vorhanden sind bzw. wle diese zu suchen sind. Es läßt sich dabei jetzt schon feststellen — ohne daß hier die Gründe hierfür erörtert werden sollen —, daß der Kongreß ein recht mageres Ergebnis aufweisen wird. Das, was von den ver schiedensten Seiten als wichtigste Aufgabe dieser Konferenz bezeich net worden ist, die Beseitigung der Vorbehalte, ist nicht erreicht worden. Ob sich in der Schutzsristsrage eine Einigung wird er zielen lassen, steht zur Zeit noch dahin, während bis jetzt seststeht, daß es zu einer Einigung über die Kunkurheberrechtssrage nicht gekommen ist: also in den drei wichtigsten Fragen Mißerfolg der Konferenz. Im einzelnen sind die bisherigen Ergebnisse folgende: 1. Zu Artikel 1 ist der großbrttannifche Vorschlag, wonach diese Konvention sich nicht als »Union« bezeichnen soll, sodaß ihr also der juristische Charakter genommen werde» soll, allgemein ab gelehnt worden, sodaß zu erwarten steht, daß Großbritannien seinen auch heute noch nicht ganz durchsichtigen Vorschlag fallen lassen wirb. 2. Im Artikel 2, der den Schutzkatalog der geschützten Werke enthält, ist noch keine völlige Einigung über das Kunstgewerbe er zielt worden. Während die meisten Staaten sich prinzipiell für deren Schutz ausgesprochen haben, den Begriff der angewandten Kunst als nach internem Recht scstlcgen wollen, beschloß Frankreich daraus, daß für das Kunstgewerbe Konventionsschutz eintritt und macht davon die Ausgabe seines diesbezüglichen Vorbehaltes ab hängig. Frankreich hat seinen Vorschlag, die Werke der Radiophonie in den Schutzkatalog auszunehmen, fallen gelassen und dafür mit allgemeiner Billigung vorgeschlagen »osuvres ersös on vuo ck« Ir rackiockrkkusion«, womit in erster Linie Hörspiele gemeint sind, andernfalls aber auch rundsunkmäßige Wiedergaben von alltäg lichen Vorgängen jman denke z. B. an die Befreiungsfeter in Köln». Die Ausnahme des oeuvrss morales hat den energischen Wider stand Großbritanniens gesunden, hierüber schweben noch die Ver handlungen. 3. In der Frage des Photographieschutzes scheint eine Änderung nur insofern einzutreten, als dieser Schutz jetzt nach den Bestimmun gen der Union eintreten soll, während bisher die Unionsländer nur gehalten waren, diesen Schutz durch das interne Gesetz sestzulegen, sodaß Photographien nur dann geschützt waren, wenn das interne Gesetz einen solchen Schutz vorsah. Dagegen wurden alle Abände rungsvorschläge abgelehnt, insofern Japan mit Unterstützung von Norwegen ausdrücklich erklärt hat, jede Abänderung des lüjährigen Photographieschutzes ablehnen zu müssen, während die von Frank reich als Voraussetzung einer strafrechtlichen Verfolgung vor Nach bildungen geschützter Photographien geforderten Förmlichkeiten ganz allgemein abgelehnt worden sind. 4. Die zu Artikel 4 gestellten Anträge von Polen und Norwegen sind zurückgezogen worden, sodaß dieser Artikel wohl unverändert bleiben wird. 5. Als Artikel 8d ist aus italienischen Vorschlag hin eine Be stimmung zum Schutze des Persönlichkettsrechts des Urhebers sclroit moral) ausgenommen worden, wonach der Urheber unabhängig vom Urheberrecht das Recht erhält »cks rovenülguor la paternitä <Io I'osurre«, eine, wie man sieht, recht unklare Bestimmung, die einen Praktischen Wert nur dadurch erhält, daß der internen Gesetzgebung die Regelung dieses Persönlichkeitsrechts Vorbehalten geblieben ist. Als besonderer »Voen« wird dann die Aufnahme besonderer Be stimmungen in das interne Urheberrecht bezeichnet, wonach ein solches ckroli moral auch nach dem Tode des Urhebers anerkannt wird swobei ossen gelassen wird, ob es sich hier um ein ewiges Recht handeln soll, wogegen die deutsche Delegation ersreulicherweise unzweideutig Stellung genommen hat». K. Die Schutzsristsrage des Artikels 7 ist noch nicht geklärt. Bis her steht durch ausdrückliche Erklärung fest, daß Japan an der Ili- jährigen Schutzfrist sesthält, und daß Rumänien zur Svjährigen Schutzfrist übergehen wird. Da, wie bereits im letzten Bericht dar getan, die deutsche Regierung durch den Mund des Botschafters er klärt hatte, daß sie gegen den Willen des Volkes nur dann an eine 576