RLaktümeüer TA Am 22. Mai 1923 verstarb im hohen Mer von 79 Zähren Herr Kommerzialrat Wilhelm Müller Inhaber der Firma R. Rechner sWilh. Müller), llniversttciisbuchhandlung in Wien. Mit ihm scheidet ein um den österreichischen und deutschen Buchhandel hochverdienter Kollege von uns, dessen Name dauernd in der Geschichte des Buchhandels fortleben wird. Mehr als fünf Jahrzehnte war es dem Verewigten vergönnt, seine hervorragenden beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten dem erfolgreichen Ausbau seiner Firma zu widmen, daneben aber auch in mehr als vierzigjähriger ehren amtlicher Betätigung zum Wohls der buchhändlerischen Allgemeinheit zu wirken. Zn diesem langen Zeitraum leistete er dem Buchhandel beider Länder unschätzbare Dienste- seinem zielbewußten Vorgehen ist der engere Anschluß des österreichischen Buchhandels an den Börsenverein mit in erster Linie zu danken. Der Beginn der ehrenamtlichen Tätigkeit Wilhelm Müllers fällt bereits in die Jahre 1873/79, er nahm noch an den Arbeiten der damaligen Rabatt-Konferenzen teil und wirkte in der Kommission für die Revision des Statuts des Börsenvereins an dessen Neugestaltung mit. Getragen vom Vertrauen seiner Berufsgenossen war der Verewigte in der Folgezeit Mitglied verschiedener Börsenvereins-Aus- schüsse, vor allem gehörte er in den Zähren 1397—1903 dem Börsenvereins-Vorstand als Zweiter Schatzmeister an. Sein besonderes Interesse galt der Deutschen Bücherei in Leipzig, zu deren Ver- waltungsrats-Mitgliedern er von ihrer Gründung an bis zum Jahre 192S zählte. Als äußeres Zeichen des Dankes für die in dieser langen Zeit dem Buchhandel geleisteten wert vollen Dienste verlieh der Vorstand dem Verewigten Kantate 1927 das goldene Ehrenzeichen des Buchhandels. Der deutsche Buchhandel wird dem nach einem mit Arbeit und Erfolgen gesegneten Leben Heim gegangenen Kollegen allezeit ein dankbares und ehrendes Gedenken bewahren. Leipzig, den 2S. Mai 1923. Dev Vorstand des Bdrrsenvevelrrs dev Deutschen NnchhSndlev zn Lechzt» Max Röder Paul Nitschmann Richard Linnemann vr. Friedrich Oldenbourg Albert Diederich vr. Gustav Kilpper. „Zeitgemiihe Bibliophilie". Vortrag, gehalten auf der I. Jahresversammlung der Ver einigung der Bücherfreunde zu Dresden von Prof. Heinrich Wieynck, Vorstand der Staat!. Kunstgewerbe-Bibliothek. In einer großen Tageszeitung wurde einmal behauptet: »Das Buch ist entweder eine öffentliche Angelegenheit oder das Privatvergnügen des Autors. In dem ersten Falle dient es zur Aufklärung, Erbauung, Aufreizung, Belustigung oder Belehrung der Menschheit, das heißt, es erfüllt im Weltgeschehen irgend einen erkennbaren Zweck. Läßt sich ein Buch auf keine dieser Arten verwerten, so ist es, vom Standpunkt eines jeden verstän digen Rationalisten aus betrachtet, überflüssig, unverständlich oder verrückt. Auf jeden Fall aber wertlos«. Diese Definition hat keine Gültigkeit für den absoluten Bibliophilen. Er liebt unter den vielfachen Erscheinungsmög lichkeiten des Buches gerade das Besondere, und je nach Veran lagung und Neigung oft sogar das Absonderliche. Sein Ideal ist das Einmalige. Nur das Sammelinteresse bestimmt für ihn Wert oder Unwert des Buches, und zur Besriedigung dieses per sönlichen Interesses verirrt sich hemmungsloser Trieb zuweilen bis an die Grenzen von Gut und Böse. Bibliophilie im besten Sinne ist Freundschaft zum Buch und bezeichnet die Beziehungen eines Menschen zu Büchern unter Ausschluß eines materiellen Interesses. Umfang und Eigenart der Beziehungen werden bestimmt vom Vermögen und Bildungs grad des Bücherfreundes. Jeder gebildete Mensch sollte Bücher freund sein und über die reine Zwecksorm des Gebrauchsbuches