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Nr. 215. Leipzig, Freitag den 15. September IS1K. ! Mitglieder sue die ^eile^I01>I^sar 8 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil Kriegspreise und Bibliographie. Es ist in letzter Zeit wiederholt borgekommen, daß der Bi bliographischen Abteilung des Börsenvereins Neuigkeiten zur Aufnahme in die Bibliographien eingesandt wurden, für die nur ein in ungewisser Zukunft eintretender Preis angegeben ist, während der heute geltende, um einen oft recht erheblichen Kriegs zuschlag erhöhte Preis auf der Begleitfaktur nicht genannt ist. Diese Maßnahme der betreffenden Verlagssirmen hat zahlreiche Auseinandersetzungen und begreifliche Erregungen sowohl bei den Kunden wie bei den Sortimentern zur Folge. Der an fest stehende Ladenpreise gewöhnte Kunde wird es nur schwer ver stehen können, weshalb er bei einem soeben erschienenen Buche neben dem ihm vom Sortimenter angegebenen Preise noch einen Zuschlag zahlen soll, auf den ihn der Sortimenter gar nicht einmal aufmerksam gemacht hat oder nicht machen konnte, weil in den Katalogen nicht die Rede davon ist. Zwar haben einzelne Firmen durch Börsenblatt-Inserat bekanntgegeben, daß von einem gewissen Zeitpunkt an sich die Preise ihrer Verlags« artikcl um einen Kriegszuschlag erhöhen, daß aber auch die nach diesem Zeitpunkt erscheinenden Werke eine gleiche Behandlung er fahren sollen, wird sich der Sortimenter nicht in allen Fällen merken können, wenn bei der Verzeichnung nicht besonders darauf hingewiesen wird. Es wäre wünschenswert, wenn die Verlagssirmen ihre Neu erscheinungen nach den Zeitberhältnissen berechnen und einen jetzt geltenden Preis dafür festsetzen wollten; ist dies aus diesem oder jenem Grunde nicht npöglich, so hätte mindestens in jedem Falle die Angabe des Kriegszuschlags zu erfolgen, der neben dem vielleicht einmal später gültigen Preise erhoben werden muß. Eine Form, in der der Zuschlag mit verzeichnet wird, ließe sich leicht finden. In den vom Börsenverein ausgegebcncn Verzeichnissen können keine Preise angegeben werden, die noch gar nicht gelten, es müssen vielmehr diejenigen Preise eingesetzt werden, die bis auf weiteres Gültigkeit haben. Auf feldgrauer Straße. Aufzeichnungen von Otto Riebicke, Pionier-Unteroffizier. Neue Folge (Westfront) Nr. vm. (VII siehe Nr. 209.) Somme. Dieser Name ist ungeheurer Begriff. Dann marschierten wir durch die Nacht, die ausgedörrt war von der Gluthitze des Tages. Der hohe Staub trieb zwischen uns und der Lust. Die ganze Kompagnie schob sich in diesem atemraubenden Kokon vorwärts. Wir sahen nicht mehr, als den Tornister des Vordermanns, und schon der schien uns nebelweit. Wir rissen Wasfenrock und Hemd auf, krallten die Finger in das Lederzeug und zogen damit die Tornister auf gekrümmten Rücken hin und her; das Koppel mit Patronen, Brotsack und Gasmaske rieb die Hüften in Brand. Vornweg pendelte das Gewehr am starren Genick, es zog uns wie ein Werkzeug der Strangulation den dösigen Kopf nach unten. Das Gesicht wurde kalt und trocken, die Rinnsale in der Staubschicht verhärteten, alle Poren erstickten. Soweit aber der Körper Kleidung trug, trieb der heiße Schweiß bis zu den Füßen herunter, die sich in seiner Nässe wundliefen. So marschierten wir durch die Nacht, die Wohl sternenhell war und in der ringsherum viele hundert Schrapnells gegen die feindlichen Flieger klirrend platzten. Großes Wollen trieb uns vorwärts. Nach Ewigkeit dämmerte der Morgen. In unserer dicken Umhüllung blieb es dunkel, aber wir erkannten es an der Zeit, die tickend über den Knöchelpuls läuft. Und dann kam das Kommando: »Kompagnie halt! — Ruhen!<c Ta stellten wir die Gewehre zusammen, rissen die Tor nister ab und legten uns in die Weiche Staubschicht der Chaussee zum Schlaf. Langsam senkte sich der hüllende Kokon, und mit der wach senden Helle stellten sich die dick bestäubten Häuser von M.-L. um uns. — Da war es, daß wir sie zuerst sahen. Halbwachend, halb schlafend, weckte uns ihr harter Tritt. Wir schoben unser Gepäck an den Straßenrand und ließen sie borbeiziehen, die Kämpfer von der Somme, die wir ablösten. Sie kamen wie die Gladiatoren; mit mächtigen schweren Stahlhelmen schritten sie daher. Das Grau von Staub und Morgen verwischte Uniform und Eigenart, es sah einer dem andern gleich; groß, ganz Held. Alle streckten die harten Ge sichter aus den Kinnriemen nach vorn, als gingen sie noch im Sturm; Kopf und Stahlhelm zerflossen zum martialischen Profil. So stellten die Alten ihren Kriegsgott im Erz dar, so, wie es jeder dieser Sommekämpfer in Ausdruck und Wesen trägt. Viele kamen vorbei; zusammengeschossene Kompagnien, kurze Regimenter, Ulanentrupps und der ganze lange, endlose Troß, über den die Sonne schon hell schien. Eine eisige Luft von Granen und Kampf wehte an uns vor über. Wir lagen lange, ehe wir Quartier hatten; die Konzen tration der Truppenmassen nahm alles vorweg; Regimenter lagen in Haferfeldern und Wiesen schon seit Tagen. Langsam wälzten auch wir uns auf den Ackerrain und lagen traumhaft dämmernd in den spitzen Stoppeln. Das Leben auf der Eiappenstraße schlief mit der Helle ein; Flieger schwebten über uns; vorn wirbelten die Geschütze ihr dumpfes Trommeln. Am Mittag des andern Tages gingen wir weiter vor. Die dichte Staubhülle schwebte wieder um uns, die Sonnenglut brannte. Schwere Granaten schlugen ein. Sie kamen dicht unter dem Himmel herangehuhlt und fielen steil krachend in das Dorf vor uns, das unser Quartier werden sollte. Zwei große Scheunen gaben uns dieses Obdach. Für Stunden. 1201