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^ 215, 15. September 1916. Redaktioneller Teil. Als ich mich aufrichte, wirft die Sonne flaches Licht über den Hof. Meine Augen brennen geblendet; erst als ich Tautropfen vom blühenden Schotenstrauch über die Lider wische, sehe ich ... . da, wo es vorhin noch nachtdunlel war, in diesem quadra tischen Winkel unter dem dichten Blättcrdach eines breiten Nutz baums liegen in ausgerichteter Reihe Tornister — drei . . . fünf . . . acht — der Gefallenen dieser Tage. Das ist immer unsere Verlustliste, die erste, durch die wir wahr erfahren, welcher Kamerad nie mehr bei uns sein wird, diese methodisch ausgerich teten Tornister mit dem tintenblauen Namenszug auf dem Rücken. Und auf dem letzten Tornister ruht eine Mandoline mit ihren gilben steifen Bändern wie bräutliche Trauer. Ein Band aber, himmelblau und weich, weht mit schwar zen Quästchen im lauen Winde hin und her und spielt den wehen Harfenschlag aus den gespannten Saiten. Eine Mandoline. Deine Mandoline . . . Kamerad, du bist tot? Bevor wir letzthin in Stellung gingen, kam dieser wulstige Feldbrief an. Ich sah, wie deine Augen glänzten, und fragte dich schüchtern. Da holtest du dieses himmelblaue Weiche Band aus dem Kuvert, bandest es zu den gilben steifen deiner Mando line und erzähltest mir lange von deiner jungen blonden Braut. Und dann griffst du in die Saiten und spieltest das Lied von den drei Lilien und sangst dazu mit deiner frischen Stimme, und in die letzte Strophe legtest du die Wehmut »Und sterbe ich noch heute, so bin ich morgen tot; Dann begraben mich die Leute ums Morgenrot. Mit Juvalleralcraleralcra, juvalleraleraleralera, Dann begraben mich die Leute ums Morgenrot.- Drauf aber schlugst du die kecken Larifarilieder lange in den Abend hinein. Und nun ist es mir, als habe deine Klampfe, so oft du sie uns auch spieltest, nie so schön geklungen wie an diesem letzten Abend, als das weiche Band deiner Liebsten so treublau daran herunterhing. Jetzt liegt sie hier, diese Mandoline; die steifen Bänder legen sich wie die Trauer über den verstaubten Tornister mit deinem Ramenszuge, das eine aber, das himmelblaue, streift sanft wie weher Harfenschlag über die Saiten »...ums...Morgen., .rot...« Ich mag sie nicht ausheben und nicht zudecken. Ich will den Klang nicht stören. Mag der Staub der Etappenstratze darüber wehen, bis die Töne im Schmerz ersticken. Mag deine Wehmut in die Stille rufen, bis der laute Tag sie ver schlingt, — du kleine, wundcrfeine Mandoline . . . Verreiclinis jüäigetier KrieZ^clirikten, -usammen A68teI1t VON KoU18 I^AININ. Kr8t68 unä 2>>V6lt68 Rekt. I<1. 8". 14 u. 16 8. Lerlin 1916, Verlag von Koni 8 Kamm. Lro8ed. jo —.60 orä. In dieser verdienstvollen bibliographischen Zusammenstellung wird der Versuch gemacht, den geistigen Anteil festzustellen, den das Juden tum in seinem Schriftwesen am Weltkriege genommen hat und nimmt. Dabei beschränkt sich der Herausgeber keineswegs auf deutsche Titel, sondern sucht das Bild durch Mitteilung anderssprachiger Erschei nungen nach Möglichkeit zu erweitern. Freilich erhebt er keinen An spruch auf Vollständigkeit seiner Arbeit. Wir glauben ihm aber gern, das; cs ihm gelungen ist, das Hauptsächliche in den beiden Heften (ein drittes soll nach dem Kriege folgen) zu vereinigen. So groß die Schwierigkeiten sein mögen, ein lückenloses Bild des Gebietes zu geben, so leicht würde es u. E. der Herausgeber gehabt haben, in An lehnung an die allgemein bekannten bibliographischen Regeln eine bessere Einteilung des Stoffes nach Materien zu erreichen. Denn eine solche in die Abschnitte: Bücher, Abhandlungen — Predigten — Gebete und Gebetbücher — Kriegszeitungen — Wohlfahrts-Marken — Bilder und Postkarten (im zweiten Heft tritt noch eine Abteilung »Kriegs- gefangencnliteratur« dazu) genügt schon deshalb nicht, weil der Leser gar nicht weiß, was er sich unter den »Büchern und Abhandlungen« vorstellen soll und erst nach Kenntnisnahme der übrigen Überschriften zu der Vermntnng kommt, das; dort alles vereinigt ist, was nicht in den übrigen Abteilungen »Predigten« nsw. verzeichnet wird. Nach der Zahl der Titel ergibt sich das folgende Bild: 1. Heft 2. Heft Bücher, Abhandlungen nsw. 76 60 Erscheinungen Predigten 62 25 „ Gebete und Gebetbücher 28 36 „ Kriegszeitungen, Zeitschriften 7 6 „ Kricgsgefangenenlitcratnr 6 „ Aus alledem ergibt sich, das; die geistige Anteilnahme des Juden tums am Weltkriege — besonders auch in den Kreisen der Gläubigen — nicht geringer ist als beispielsweise innerhalb der protestantischen oder katholischen Konfessionen in Deutschland. Dies festgcstellt zu haben ist das Verdienst des Herausgebers, dessen Schrift sicher heute und später in der buchhändlerischen Praxis als brauchbares biblio graphisches Hilfsmittel willkommen sein wird. K. Kleine Mitteilungen. Lieferung von Frei- und Werbeexemplaren (vgl. zuletzt Nr. 206). — Da anscheinend über die Auslegung des Verbots der Lieferung von Frei- und Werbeexemplaren noch Unklarheiten bestehen, so möchten wir darauf aufmerksam machen, daß sich das Verbot, wie dies auch aus § 8 der Bekanntmachung über Druckpapier vom 20. Juni 1016 klar hcrvorgeht, nur ans »Zeitungen und Zeitschriften oder sonstige periodische Druckschriften« bezieht, »die ganz oder teilweise auf wa sch i n e n g l a t t e m , h o l z h a l t i g e m Druckpapier hergestellt sind«. Das Verbot zielt demnach hauptsächlich auf die Tagespresse, nicht aber auf die auf satiniertem Papier hcrgc- stellten Zeitschriften ab, zu denen beispielsweise unsere großen illu strierten Familienblätter zählen. Daß auch hier Sparsamkeit am Platze ist, damit von einer Ausdehnung des Verbots auf diese Zeitschriften abgesehen werden kann, versteht sich mit Rücksicht ans die Zeitverhältnisse von selbst. Ausstellung deutscher Buchkunst in Stockholm. — Der Deutsche Buchgewerbe-Verein in Leipzig veranstaltet in Stvckhol m eine Aus stellung deutscher Buchkunst, die in der Königlichen Akademie von An fang Oktober bis Ende November stattfinden wird. Die britische Akte, die das internationale Urheberrecht angreist. — Am 10. August 1916 ist der »Eommis8ioir-« die Königliche Zustim mung gegeben worden zum Erweiterungsantrag (^.meuckmeut) zum Hceresgesetz, zum Gesetz, betreffend den Handel mit dem Feinde (Ur heberrecht) (Nr. 2) und zu anderen Maßnahmen. Die »Kvrck8 6ommi88ion6r8« waren der Lordkanzler, Lord Sandhurst und Lord Sudelcy. Die zweite Lesung des Gesetzes, betreffend die Anlage von Tele graphen, wurde erledigt. Die Sitzung schloß 20 Minuten vor 6 Uhr. (lüs 1im68, 11. August 1916.) Das folgende ist eine Abschrift der Bill: s6 A 7 Ooo. 5s> Der Handel mitdem Feinde (Urheberrecht) (N r. 2) *). Ein Entwurf betitelt: Gesetz betreffend Vorkehrung in Hinsicht auf das Urheberrecht an Werken, die während des gegenwärtigen Krieges in einem feindlichen Land zum erstenmal veröffent licht oder hervorgebracht worden sind. Obwohl Zweifel entstanden sind in Hinsicht auf das Bestehen eines Urheberrechts an Werken, die während des gegenwärtigen Krieges in einem feindlichen Lande zum erstenmal veröffentlicht oder hervorgebracht worden sind, so würde bas Urheberrecht daran, wenn ein Kriegszustand nicht bestände, doch irgend einer Person als seinem ursprünglichen Eigner zu verleihen sein, kraft Anwendung irgend welcher gesetzmäßigen Vorschrift der »Eopyrigirt ^et 1911« ans ein jetzt feindliches Land. Es ist daher ratsam, in Hinsicht auf das Ur heberrecht an solchen Werken Vorkehrung zu treffen, wie hiernach folgt. Es wird durch des Königs Allerhöchste Majestät auf Bericht und mit Zustimmung der Geistlichen und Weltlichen Lords und der Ge meinen, in diesem gegenwärtigen Parlament versammelt, und kraft dessen Vollmacht verfügt, was folgt: Übereignung des Urheberrechts an Werken, die in feindlichem Gebiet zum ersten Male veröf fentlicht oder h e r v o r g e b r a ch t sind, an öffent liche Verwalter. *) Der Gesetzesantrag Nr. 1 unter diesem Titel wurde zurück gezogen, wie wir mitgeteilt haben. (Anmerkung der Redaktion des »?udli8kiei8' Eireular«.) 1203